Im Rahmen der Woche der Wärmepumpe wurde ein „Bottom up“-Ansatz mit vielen dezentralen Veranstaltungen verfolgt. Die gemeinsame Klammer bildete eine für alle Beteiligten zur Verfügung gestellte, neutral gestaltete Präsentation. Diese konnten die lokalen Akteure jeweils an ihre Bedürfnisse anpassen. Anja Floetenmeyer-Woltmann war an der Erstellung maßgeblich beteiligt und erläutert in diesem Beitrag die zugrunde liegende Argumentation. Ein Link zur Präsentation befindet sich am Ende des Beitrags.
Die Woche der Wärmepumpe im November 2024 hat gezeigt, wie gezielte Kommunikation eine Brücke schlagen kann. Es geht dabei weniger darum, die Vorteile einer Technik zu erklären. Wichtiger ist, die Barrieren in den Köpfen abzubauen.
Bei der Woche der Wärmepumpe ist dies gelungen. Viele Inhalte waren im Ergebnis nicht nur für erfahrene Energieberater und Handwerksprofis neu, sondern überraschten auch das Publikum. Gezielt und positiv.
Von „Early Adopters“ zu „Verlässlichkeitssuchenden“
Die Wärmewende brauchte einen Shift in der Ansprache. Frühe Zielgruppen, die „Early Adopters“, haben technisches Verständnis, Interesse an neuen Technologien und das nötige Kleingeld. Im Gegensatz dazu sprechen wir nun mit neuen Zielgruppen: die breite Masse der konservativeren Milieus. Diese wollen Risiken ausschließen, legen großen Wert auf Normalität, Verlässlichkeit, Sicherheit, Status und sozialen Erfolg.
Als Fachmensch muss man jetzt stark sein: die Ein- und Zweifamilienhausbesitzenden interessieren sich weniger für Technik, als dafür, was die Nachbarn machen und ob die Lösung in nachvollziehbaren Schritten mit seriösen Ansprechpartnern umgesetzt werden kann. Kommunikation, die für die Innovativen richtig war, kann konservative Milieus abschrecken.
Kommt eine Technik als innovativ daher, ist der Gedanke „ich will kein Versuchskaninchen sein" schneller in den Köpfen, als man ‚Kältemittel‘ sagen kann. Es ist daher klug, die Wärmepumpe nicht als „Next Big Thing“ zu positionieren, sondern als solide, millionenfach erprobte Technik, die in zahllosen Häusern fleißig schnurrt.
Das Publikum öffnen: Erfahrungen aus Hannover
Zunächst ist das größte Hindernis auszuräumen, der sogenannte „Attentismus“ – das Warten auf den „perfekten“ Moment oder die nächste, vermeintlich bessere Lösung. Schon in meiner Zeit bei der Klimaschutzagentur wurde klar, dass Bedenken ernstgenommen und adressiert werden müssen.
Diese Erfahrungen bildeten meinen Background für die Woche der Wärmepumpe: Wege aufzeigen, wie der Einstieg gelingen kann – vom Verständnis für die Technik bis zu konkreten Praxisschritten. Das Konzept funktioniert, weil es Informationen vereinfacht und die Wärmeversorgung für alle machbar erklärt. Statt technischen Fachjargon zu nutzen, darf die Sprache einfach und praxisnah sein – die Rückmeldungen zeigen, dass genau das den Unterschied macht.
Choreografie der Präsentation: Ein Publikum vorbereiten
Die Präsentation der Woche der Wärmepumpe holt das Publikum zunächst ab und überwindet die wichtigsten mentalen Barrieren, bevor technische Details folgen. Zuerst wird die Risikoaversion der Zielgruppe adressiert, indem die langfristigen Preisrisiken fossiler Brennstoffe aufgezeigt sind. Die Daten stammen vom Fraunhofer ISE 2024 und überraschen regelmäßig Publikum und Fachhandel. Den Emissionshandel ab 2027 fürs Heizen und den Verkehr haben leider die wenigsten auf dem Zettel. Er birgt Preissteigerungen, die keine Bundesregierung wieder abschaffen kann, weil sie aus der EU kommen.
Bei der Erläuterung der Regeln des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geht es um die wirtschaftliche Einordnung der Optionen. Technologieoffene Möglichkeiten sind nicht alle gleich empfehlenswert. Aber sie stehen für Wahlfreiheit, einen wichtigen Wert der konservativen Zielgruppe.
Es folgt ein Slot zur sozialen Sicherheit, mit Vorbildern aus nordischen Ländern, in denen Wärmepumpen längst einen hohen Marktanteil haben. Dass 2023 der Anteil der Wärmepumpen am Gesamtmarkt bereits bei 28 % lag, schafft weiteres Vertrauen in die soziale Sicherheit einem Massenmarkt beizutreten, keiner Nischenlösung.
Dann muss noch die Kommunale Wärmeplanung abgearbeitet werden. Wer in einem Einfamilienhaus wohnt, bekommt vermutlich kein Wärmenetz - aber solange das Publikum heimlich darauf hofft, lohnt es nicht, über Wärmepumpen zu sprechen. Erst nach diesem Prolog sind die Grundvoraussetzungen geschaffen: Kennenlernen, Risikobewusstsein, Wahlfreiheit und soziale Vorbilder sind adressiert.
Entscheidungssicherheit schaffen
Wir wissen es aus der Kommunikationsforschung: Konservative Milieus schätzen die freie Entscheidung, sie wollen sich nichts vorschreiben lassen. Nun fiele mir bereits mit den steigenden Energiepreisen der kommenden zehn Jahre die Entscheidung leicht. Zum „no brainer" wird das Ganze, wenn man die Förderkulisse der Ampelregierung mitkalkuliert. Wer jetzt einen Antrag stellt und den Bewilligungsbescheid in der Hand hält, dem nimmt die Folgeregierung diese 10 500 bis 21 000 Euro nicht wieder weg.
Sollte die Folgeregierung eine bessere Förderung auflegen (diese Hypothese, sorgt beim Publikum zuverlässig für Gelächter), kann man die nehmen und die andere zurückgeben. Falsch handelt nur, wer aktuell nichts tut.
Kunden überzeugen ohne Fachjargon
Die Information ist dann gelungen, wenn sich das Gegenüber nicht „beschlaumeiert“ oder eingeschüchtert fühlt. Das passiert leider schnell, wenn zu viele Fachbegriffe fallen und alles, was schief gehen kann, akribisch aufgezählt wird. Die gefährlichste Person im Raum steht dabei auf der Bühne.
Wer sein Publikum verunsichert, löst Attentismus aus: "Bevor ich etwas falsch mache, mache ich lieber nichts!". Erfolgreiche Kommunikation lässt Raum für eine persönliche Entscheidung, stärkt das Vertrauen und motiviert zum Handeln.
Für hochgezogene Augenbrauen sorgte in meinen Vorträgen ein Haus von 1933 mit einem Wärmebedarf von 180 kWh/m², das mit einer 5 kW Wärmepumpe und einer JAZ von 4,6 beheizt wird. Der Bewohner, ein Energieberater, investierte in neue Fenster, eine Fußbodenheizung und größere Heizkörper. Dies verdeutlicht, dass Effizienz aus dem System kommt und nicht nur aus der Anlage.
Zudem überrascht die Offenlegung der Marktanteile: 93 % sind Luft/Wasser-Wärmepumpen, während nur 6 % Sole/Wasser-Wärmepumpen und 1 % Nischenlösungen ausmachen. Damit entfällt fürs Publikum die Qual der Wahl.
Fazit: Die Wärmepumpe braucht klare Kommunikation
In Hannover haben wir durch offene Formate wie Energietreffs gezeigt, dass Energieberater*innen das Vertrauen ihrer Zielgruppen genießen. Auch bei der Woche der Wärmepumpe waren Energieberater*innen aktiv eingebunden und auf fast jeder Bühne präsent. Es machte uns allen großen Spaß, diese Vorträge zu halten und dabei von der Bühne aus zu beobachten, wie sich die Skepsis im Publikum förmlich auflöste und Platz machte für Staunen, Offenheit und echtes Interesse.
Die Woche der Wärmepumpe hat die Kommunikation zur Wärmewende bundesweit bereichert. In Niedersachsen hat eine Woche der Wärmepumpe schon 2022 und 2023 stattgefunden. War das Bundesland bei Wärmepumpen-Installationen noch vor wenigen Jahren abgeschlagen, spielt Niedersachsen neuerdings bei Förderanträgen mit dem Saarland an der Spitze. Sinnvoll lässt sich das nur durch die starke Kommunikation der Energieagenturen in der Fläche erklären. Auch die Woche der Wärmepumpe wird sich zweifellos in Form von Förderanträgen im Markt zeigen.
Die Woche der Wärmepumpe
Vom 4. bis 10. November 2024 fanden in ganz Deutschland Vorträge und Beratungen zur Wärmepumpe statt – über 75 Landkreise beteiligten sich an der Aktionswoche, die Webseite www.wochederwärmepumpe.de listete 550 Veranstaltungen bundesweit. Ziel war es, ein breites Publikum aus Ein- und Zweifamilienhausbesitzenden zu erreichen (für MfH- und Reihenhaus-Besitzende gab es ein Online-Angebot).
Die Veranstaltungen informierten umfassend über Technik, Betrieb und Fördermöglichkeiten und adressierten so gezielt die häufigsten Fragen und Unsicherheiten betont sachlich unter dem Motto „einfach informieren“. In Präsenz fanden zudem Vernetzungstreffen für Handwerk, Energieberatung und Industrieanbieter statt. Organisator war die Deutsche Energieagentur dena im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Download der Präsentation und weiterer Materialien:
Die gestaltete Powerpoint-Präsentation zur Woche der Wärmepumpe ist für Energieberatung, Handwerk und Handel frei und ohne Logo nutzbar.
Alle Weiteren Vorträge, Tools und Materialien liegen in einer Mediathek auf der Projektwebseite.
Den Zusammenhang zwischen der Milieuforschung, der Umweltkommunikation und Informationsangeboten rund um die Wärmepumpe stellt die Broschüre „Warum die Kommunikation zur Wärmepumpe sich im Laufe der Zeit ändern muss“ des Borderstep-Instituts her.