Als Mittel gegen hohe Strompreise denken viele Haushalte derzeit daran, eine eigene Photovoltaikanlage zu installieren. Doch wenn die Solarmodule dann auf dem Dach montiert sind, sollten sie weiterhin nicht das Energiesparen vergessen. Darauf weist Julika Weiß vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hin: „Die Vorteile von PV-Anlagen für den Geldbeutel und für die Umwelt sind unbestritten. Doch diese positiven Effekte nehmen deutlich ab, wenn man anschließend weniger aufs Energiesparen achtet als zuvor.“ In Verbrauchsanalysen zeigt das von ihr geleitete Projekt EE-Rebound, dass Haushalte, die in den vergangenen Jahren eine PV-Anlage installiert haben, im Schnitt mehr Strom verbrauchen als vergleichbare Haushalte ohne Solaranlage. Der Mehrverbrauch, gemeinhin auch als Rebound-Effekt bezeichnet, gründet sowohl auf ökonomischen als auch auf psychologischen Gründen: „Viele der interviewten Haushalte mit PV-Anlage achten weniger auf ihren Verbrauch, weil sie ein gutes Gewissen haben und weil sie kaum noch finanzielle Anreize zum Stromsparen sehen“, erklärt Weiß. Mit einem bloßen Wechsel zu erneuerbaren Energien ist es der Wissenschaftlerin zufolge deshalb nicht getan, um die Klimaziele rechtzeitig zu erreichen. Genauso wichtig sei es, dass die Menschen die Energie effizienter und suffizienter – also maßvoller – verbrauchen.
Für den Klimaschutz braucht es erneuerbare Energien und Energiesparen
Das Projektteam hat spezielle Broschüren für Energieberater:innen und Verbraucher:innen erstellt. Als Grund nennt Matthias Pfaff vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, dass in Beratungsgesprächen etwa zu PV-Anlagen noch häufig falsche Botschaften vermittelt würden: „Oft wird geraten, möglichst viel vom eigenen Solarstrom selbst zu nutzen. Auch Aussagen wie die Sonnenenergie sei unerschöpflich motivieren nicht zum Stromsparen.“ Energieberatungsbüros und Klimaschutzagenturen sollten deshalb über finanzielle und auch ökologische Effekte des Mehrverbrauchs aufklären. Bisher sei noch wenigen bewusst, dass jede Kilowattstunde Solarstrom, die sie einspeisen, für die Energiewende gebraucht werde. Kritisch betrachten das Wissenschaftsteam, dass der Staat den Eigenverbrauch stärker fördert als die anteilige Einspeisung von Solarstrom. Wer heute eine PV-Eigenverbrauchsanlage installiert, bekommt für jede eingespeiste Kilowattstunde 6,43 Cent und damit viel weniger als man beim Stromanbieter pro Kilowattstunde zahlt. Folge: „Manche Haushalte verbrauchen extra viel Strom, weil sie Einspeisen als pure Verschwendung empfinden“, berichtet Weiß.
Über das Projekt EE-Rebound
Das Projekt EE-Rebound untersuchte mit Interviews, Befragungen und Berechnungen, ob und wie ein Umstieg auf erneuerbare Energien den Energieverbrauch von Privathaushalten beeinflusst und welche Auswirkungen er hat. Die Forschung wurde vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung koordiniert und gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und dem Institute for Future Energy Consumer Needs and Behavior durchgeführt. Gefördert hat das Projekt das Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Förderinitiative „Rebound-Effekte aus sozial-ökologischer Perspektive“ des Förderschwerpunkts Sozial-ökologische Forschung. Quelle: IÖW / jb
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