Die Klimakrise tötet. Wissenschaftler:innen der Universität Bern zufolge hat es im vergangenen Sommer drei Mal mehr Hitzetote in der Schweiz gegeben als im Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2017. Die aktuelle Untersuchung belegt nicht nur die auf Hitze zurückzuführende Übersterblichkeit. Als eine der ersten Studien weltweit beziffert sie den Anteil der Klimaerwärmung an den Hitzetoten – mit rund 60 Prozent. „Ohne den menschengemachten Klimawandel wären also in der Schweiz im Sommer 2022 mehr als 370 Menschen nicht an den Folgen der Hitze gestorben“, sagt Studienautorin Ana Vicedo-Cabrera, die sowohl am Institut für Sozial- und Präven-
tivmedizin als auch am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung arbeitet. Als Ausnahmejahr lässt sich 2022 nicht abtun. „Bei den derzeitigen Erwärmungsraten wird ein Hitzesommer wie 2022 bereits in den kommenden Jahrzehnten zu einem durchschnittlichen Sommer“, heißt es in der Studie.
Sommerlich war es auch, als der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und sein Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf dem Erdinger Volksfestplatz am 10. Juni 2023 vor über 10.000 Demons-
trant:innen auftraten und vom Podium aus gegen die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und die angebliche Heizungsideologie der Ampelkoalition wetterten. Mit Energiepolitik hatte das nichts zu tun, eventuell etwas mit der Freiheit, weiterhin Gas und Öl verheizen zu dürfen, auch wenn das die Klimakrise verschärft. Vor allem aber hatte es etwas mit den aktuellen Umfrageergebnissen der AfD zu tun. Kulturkampf statt Klimaschutz, Populismus statt Problemlösungen.
Nun ist der Gesetzesentwurf, der beim Schreiben dieser Zeilen noch nicht verabschiedet ist, tatsächlich nicht das Gelbe vom Ei geworden. Vor allem das politische Rumgeeiere im Vorfeld hat doch für einige – gelinde gesagt – Irritation gesorgt. War im Frühjahr beispielsweise noch ein Förderstopp für Holzheizungen im Neubau vorgesehen, sind nun sämtliche Einschränkungen gestrichen. Ob nun gut oder nicht, die Regierung hat kein gutes Bild abgegeben oder, um im Bilde zu bleiben, einen gehörigen Eiertanz aufgeführt.
„Sinnvoll, aber wenig ambitioniert“, urteilt zutreffend der Energieberatendenverband GIH über das aktuelle Ergebnis. Für mich persönlich der wichtigste Kritikpunkt: Der Entwurf setzt zu stark auf die Förderung der Anlagentechnik, auch wenn sie die Energie umweltfreundlich erzeugt. Sehr in den Hintergrund geraten ist stattdessen das Sparen von Energie durch eine gut gedämmte Gebäudehülle und andere passive Maßnahmen.
Das deutsche Klimaschutzgesetz sieht vor, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Bis 2040 sollen die Emissionen um 88 Prozent sinken und im Jahr 2045 Netto-Treibhausgasneutralität erreicht werden. Das kann nur mit einer Beschränkung fossiler Heizungen gelingen. Der Projektionsbericht des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2021 zeigt aber, dass mit den derzeit geplanten Instrumenten sowohl die Klimaziele im Jahr 2030 als auch die jährlichen Einsparziele verfehlt werden.
Außer im Verkehrs- sind vor allem im Gebäudesektor deutlich größere Anstrengungen nötig, um die Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren zu reduzieren. Deshalb gilt umso mehr: Klimaschutz statt Kulturkampf. Lassen Sie uns gemeinsam an Lösungen für klimafreundliche Gebäude arbeiten. In dieser Ausgabe stellen wir wieder einige vor.
Viel Freude und Inspiration beim Lesen wünscht
Ihr Joachim Berner