Auf seinem Weg zur Klimaneutralität setzt Deutschland bei Gebäudeheizungen vor allem auf die Wärmepumpentechnologie. Doch gerade im Bestand sind ihr Grenzen gesetzt. In vielen Fällen reicht die vorhandene Grundstücksfläche nicht aus, um das Erdreich als Wärmequelle nutzen zu können. Der Geräuschpegel, den Luft/Wasser-Wärmepumpen beim Ansaugen der Luft in die Außeneinheit erzeugen, stellt häufig ein Hindernis dar – wenn nicht ein Ausschlusskriterium. Ein weiteres Hemmnis nennt Tobias Reichert, im Unternehmensbereich Modernisierung und Großinstandhaltung der Nassauischen Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft zuständig für Energiekonzepte: „Um die Anlagen wirtschaftlich zu betreiben, sind Arbeitszahlen der Wärmepumpe deutlich über drei notwendig.“ Dies sei bei unsanierten Häusern mit einem hohen Temperaturniveau aber kaum möglich. Um die Schwierigkeiten zu kompensieren, haben Reichert und sein Kollege Mathias Lupp aus dem Fachbereich Zentrale Technische Aufgaben nun erstmals PVT-Wärmepumpensysteme in der Bestandssanierung eingesetzt. Die Technologie gewinnt über sogenannte PVT-Kollektoren sowohl Strom als auch Wärme aus Sonnenenergie und beliefert damit geräuschlos eine Wärmepumpe. Die wiederum versorgt die Haushalte mit der notwendigen Energie zum Heizen und für die Warmwasserbereitung. Auch eine Kühlung des Hauses wäre bei entsprechender Funktionalität des Systems in den Sommermonaten möglich.
PVT-Wärmepumpensysteme bieten sich bei Vollmodernisierungen an
Die Nassauische Heimstätte besitzt rund 59.000 Mietwohnungen an 128 Standorten in Hessen und Thüringen. Zu jedem energetischen Sanierungsprojekt entwickelt sie eigene Konzepte. In vier Gebäuden mit 100 Wohnungen in der Bürgeler Straße in Frankfurt Fechenheim haben nun erstmals vier PVT-Wärmepumpensysteme ihren Betrieb aufgenommen. Jeder der vier Gebäuderiegel wurde mit einer autarken Anlage ausgerüstet. Zusammen arbeiten jeweils 72 PVT-Module mit einer Gesamtfläche von 119 Quadratmetern und zwei Wärmepumpen vom Typ CTC EcoPart 417, die modulierend bis 20 Kilowatt Nennleistung bringen. Außerdem wurden pro Gebäude zwei Gasbrennwertgeräte mit insgesamt 76 Kilowatt als Zusatzheizung installiert. Laut Simulation liefert das PVT-Wärmepumpensystem mehr als die Hälfte des jährlichen Gesamtwärmebedarfs eines Gebäuderiegels, den Rest decken die Brennwertkessel. Die Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpen liegt bei 3,8. Wirtschaftlichkeitsdaten zu den Systemen sowie die Beschreibung zweier weiterer Projekte können Sie in Heft 05-2022 lesen. Dort finden Sie auch weitere Informationen zur Projektinitiative IntegraTE, die derzeit die Möglichkeiten und Grenzen von PVT-Wärmepumpensystemen sondiert.
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