Die Tatsache, dass sich dieses sogenannte Myzel je nach Verarbeitung ebenso als Werk- oder Baustoff eignet, nutzt Julia Krayer schon länger für ihre Arbeit. Die Biodesignerin arbeitet bei Fraunhofer Umsicht in der Abteilung für Nachhaltigkeits- und Ressourcenmanagement und in der „Dezentrale Dortmund“, einer offenen Werkstatt des Instituts für gemeinschaftliche Projekte zu Zukunftsfragen im urbanen Raum.
Krayer forscht an pilzbasierten Materialien und entwickelt Verfahren, mit denen sich diese zu Werkstoffen weiterverarbeiten lassen. Im Rahmen der Materialentwicklung werden Pilzwurzeln zunächst mit einem Nährboden aus biologischem Abfall, wie Kaffeesatz, Stroh und Buchenspänen, vermischt. „Nach zwei bis drei Wochen durchziehen die Myzelien-Fäden das gesamte Substrat und bilden so eine feste Struktur, die anschließend zerkleinert wird“, erklärt die Biodesignerin.
Dämmung oder Baustoff
Schallabsorber aus Pilzen
Aus dem pilzbasierten Material lassen sich in einem weiteren Schritt Produkte für die Innenarchitektur herstellen, zum Beispiel Schallabsorber. Derzeit bestehen Akustikelemente im Innenarchitekturbereich, mit denen sich Wände oder einzelne Raumelemente verkleiden lassen, fast alle aus Kunststoffschäumen, beispielsweis Styropor.
Krayer: „Diese Produkte sind somit weder besonders nachhaltig, noch lassen sie sich gut recyceln, da sie meist zusätzlich mit Brandschutzmitteln bearbeitet wurden.“ Mit den pilzbasierten Materialien will die Biodesignerin eine nachhaltige und kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Produkten im Werk- und Baustoffbereich auf den Markt bringen. Denn für das von ihr entwickelte Verfahren werden als Ausgangsstoffe lediglich Abfälle aus der Lebensmittelproduktion genutzt. „Somit müssen wir keine teuren Materialien einkaufen, und wir verzichten ebenfalls auf Holz, das erst Jahrzehntelang wachsen muss.“
Nächster Schritt: Unternehmensgründung
Mit dem Pilzmaterial-Projekt hat ein Team um Julia Krayer bereits den Wissensdreieck-Wettbewerb des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) gewonnen und so Zugang zu den Fdays (FraunhoferDays) erhalten. Das Programm hilft jungen Forschern, ein Geschäftsmodell für ihr Konzept zu erstellen, mögliche Hürden im Vorfeld zu erkennen und alternative Strategien zu entwickeln. Mit dem Gewinn verbunden ist außerdem ein Preisgeld in Höhe von 80.000 Euro, das Krayer und ihre drei Mitstreiterinnen nun in eine erste Produktentwicklung investieren.
Im Fokus der Forschung steht derzeit die Frage, unter welchen Bedingungen das Material am besten wächst, beispielsweise in Hinblick auf die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit. Ein Großteil dieser Arbeiten findet entweder in Krayers Atelier oder in der Dezentrale Dortmund statt. In einem nächsten Schritt steht für Krayer und ihre Mitstreiterinnen die Vorbereitung einer Unternehmensgründung auf dem Plan. GLR