Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat die Bundesregierung auf Einhaltung der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Klimaziele in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft verklagt.
Im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) hat der Deutsche Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats im Dezember 2019 die von der Bundesregierung mit dem Klimaschutzprogramm 2030 vorgeschlagenen jährlichen Höchstmengen an Treibhausgasemissionen bis 2030 festgeschrieben.
Im KSG wurden dafür jährliche Minderungsziele durch die Vorgabe von Jahresemissionsmengen für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Sonstiges festgelegt. Zudem soll das KSG vor Untätigkeit schützen: Wird feststellt, dass ein Sektor sein gesetzlich vorgegebenes Ziele nicht erfüllt, muss das zuständige Bundesministerium der Bundesregierung innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen.
Zielverfehlungen werden bald offiziell
Aktuell könnte die Bundesregierung argumentieren, dass es noch keine offiziell festgestellte Zielverfehlung gibt, tatsächlich stellt sich in einigen Bereichen jedoch nicht die Frage ob, sondern in welchem Umfang das Etappenziel verfehlt wurde. Beispielsweise hat die Bundesregierung mit dem „Achten Monitoring-Bericht: Die Energie der Zukunft“ Anfang Februar 2021 erklärt, dass der Gebäudesektor sein Energieverbrauchsziel 2020 sehr wahrscheinlich verfehlt.
Allerdings steht die Veröffentlichung der offiziellen Zahlen unmittelbar bevor. § 5 KSG sieht vor: „Das Umweltbundesamt erstellt die Daten der Treibhausgasemissionen in den Sektoren […] für das zurückliegende Kalenderjahr (Berichtsjahr), beginnend mit dem Berichtsjahr 2020 […] und übersendet bis zum 15. März eines jeden Jahres die Emissionsdaten des Berichtsjahres an den Expertenrat für Klimafragen nach § 10.
DUH will Maßnahmen-Programm durchsetzen
Für die DUH stand allerdings schon vorher fest: „Die bislang vorgesehenen Maßnahmen reichen nicht aus, um die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Höchstmengen in den Sektoren einzuhalten.“
Ziel der Klage sei deshalb ein Programm, das mit seinen darin enthaltenen Maßnahmen die Ziele des Klimaschutzgesetzes einhält und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 senkt. Die Klageschrift wurde am 9. März 2021 beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Schon im September 2020 hatte die DUH die Bundesregierung auf Einhaltung der Klimaziele im Verkehr verklagt.
„Eklatante Lücken bei der CO2-Minderung“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Es gibt sektorenübergreifend eklatante Lücken bei der CO2-Minderung. Der Einmal-Effekt durch die Coronavirus-Pandemie wird die Bundesregierung dabei nicht retten. Genau wie im Verkehrsbereich mit einem generellen Tempolimit gibt es auch in anderen Sektoren kurzfristige Maßnahmen für weniger klimaschädliche Emissionen.
Gerade in der Industriepolitik muss der Umbau der Autohersteller weg vom Verbrenner und hin zur emissionsfreien Mobilität massiv beschleunigt werden. Selbst die Gutachten der Bundesregierung attestieren dem eigenen Klimaschutzgesetz mangelnde Wirkung in fast allen Bereichen. Diese Baustellen muss die Bundesregierung noch im Wahljahr angehen, um nicht völlig ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.“
Die DUH verweist auf zahlreiche Gutachten – unter anderem erstellt für das Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium. Diese prognostizieren, dass die Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichen, um die eigenen Vorgaben zu erfüllen.
Nach Berechnungen des Öko-Instituts verfehlen die adressierten Sektoren die Klimaziele wie folgt: Die Sektoren Landwirtschaft und Verkehr erreichen nur 82 % beziehungsweise 56 %, der Gebäudesektor lediglich 94 %, die Energiewirtschaft nur 97 % und der Sektor Industrie erreicht nur 98 % der im Klimaschutzgesetz vorgegebenen Einsparung. Zusätzlich wird Deutschland auch die EU-Minderungsvorgaben bis 2030 verfehlen.
„Fossile Gas-Heizungen ab 2025 verbieten“
Die DUH fordert, dass die Bundesregierung im Energie- und Gebäudesektor die Wärmewende endlich voranbringt. Dafür brauche es höhere Effizienzstandards im Gebäudebereich und mehr Fördermittel, die es anders zu verteilen gilt. „Fossile Gas-Heizungen“ sollten keine Fördermittel mehr erhalten und ab 2025 verboten werden, so die DUH. Gemeint ist die Installation und nicht der Weiterbetrieb bestehender Gas-Heizungen.
Neue Öl-Heizungen müsse die Bundesregierung ab sofort verbieten, bei Fernwärme brauche es mehr Anreize zur Nutzung erneuerbarer Energien und die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung auf der Basis fossiler Energieträger müsse eingestellt werden. Im Sektor Industrie müssten Vorhaben, die für den Klimaschutz vorteilhaft sind, deutlich schneller genehmigt werden können.
Auch die Ziele verfehlen bereits Verpflichtungen
Prof. Dr. Remo Klinger, der die DUH bei der sektorenübergreifenden Klimaklage vertritt: „Deutschland tut zu wenig für den Klimaschutz. Schon die im Klimaschutzgesetz genannten Ziele bleiben extrem hinter dem zurück, was als Beitrag zur Einhaltung des 1.5-Grad-Ziels aus dem Pariser Übereinkommen erforderlich ist. Angesichts dessen ist es umso dramatischer, dass Deutschland nach Gutachten, die die Regierung selbst eingeholt hat, nicht einmal die Ziele des Klimaschutzgesetzes und der EU-Klimaschutzverordnung einhalten wird. Das Klimaschutzprogramm ist dringend zu überarbeiten.“ GLR