Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) fordert angesichts der Debatte um die Novellierung des Bundes-Klimaschutzgesetzes deutlich mehr Anstrengungen bei der energetischen Sanierung von Gebäuden.
IG-BAU-Chef Robert Feiger: „Mehr als die Hälfte der rund 19 Mio. Wohngebäude in Deutschland wurde gebaut, bevor überhaupt die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat. Viele Altbauten haben noch immer eine katastrophale CO2-Bilanz. Wenn die Sanierung nicht rasch Fahrt aufnimmt, dürfte der Gebäudesektor die verschärften Klimaziele weit verfehlen.“
Nötig sei eine Verdopplung der Sanierungsquote im Bestand von derzeit 1 auf 2 %/a. Hierfür müsse die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auf 7 Mrd. Euro/a erhöht werden.
Für die Umsetzung des Gebäudesektor-Ziels fehlen klare Vorgaben
Die bisher gültige Fassung des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) sieht für den Gebäudesektor eine zulässige Jahresemissionsmenge im Jahr 2030 von 70 Mio. tCO2e vor. Der Referentenentwurf für die KSG-Novelle sieht vor, die zulässigen Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor von 118 Mio. t/a CO2-Äquivalent (CO2e) im Jahr 2020 (tatsächlich lagen die Treibhausgasemissionen 2020 bei rund 120 Mio. tCO2e) auf 67 Mio. tCO2e im Jahr 2030 zu senken – eine Reduzierung von 43 %.
Die IG BAU kritisiert, dass für die Umsetzung dieses Ziels bislang klare Vorgaben fehlten. „Neben der CO2-Bepreisung und einer möglichen Solardach-Pflicht ist es entscheidend, dass Hauseigentümer viel mehr als bisher sanieren. Dafür ist dringend ein Ausbau der KfW-Förderprogramme notwendig“, mahnt Feiger. Die angesprochene Solardach-Pflicht ist Bestandteil eines Entwurfs für ein Klimaschutz Sofortprogramm zur Unterstützung der neuen KSG-Ziele und zur Behebung der Zielabweichung im Gebäudesektor.
CO2-Kosten müssen sozial gerecht und fair geteilt werden
Mit Blick auf die Diskussion um die Verteilung der CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern macht der Gewerkschafter deutlich: „Klimaschutz ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die Lasten müssen aber sozial gerecht und fair geteilt werden. Es darf nicht sein, einseitig die Mieterseite zu belasten.“
Das Wohnen sei in den vergangenen Jahren enorm teuer geworden. Die Schmerzgrenze für Mieter, aber auch für viele Eigenheimbesitzer sei längst erreicht. Alles, was jetzt in puncto Klimaschutz bei Gebäuden passiere, müsse sozial verträglich sein. Das gelte gerade auch beim Thema Sanierungen. Die Modernisierungsumlage müsse deshalb befristet und von aktuell 8 % auf 4 % abgesenkt werden.
Auch die Baubranche ist in der Pflicht
Der IG-BAU-Chef sieht zugleich die Baubranche in der Pflicht: „Um Klimaneutralität im Gebäudebestand zu erreichen, braucht es Arbeitskräfte, die entsprechend qualifiziert werden müssen und dauerhaft in der Branche bleiben.“
Gerade in Betrieben ohne Tarifbindung und Betriebsrat hapere es oft an der Weiterqualifizierung und damit am Wissen darüber, wie Klimaschutz am Bau optimiert werden könne. Das fange oft schon beim Umgang mit Messgeräten an und reiche bis zum fehlenden Know-how bei neuesten Umweltschutztechniken.
Ohne zusätzliche Fachleute wird nicht genügend Klima-Sanierungen geben
Zudem stelle der hohe Bedarf an Fachkräften derzeit eine schwerwiegende Herausforderung für die Branche dar. Dagegen lasse sich jedoch, so Feiger, mit besseren Löhnen und attraktiveren Arbeitsbedingungen vorgehen. „Ohne zusätzliche Fachleute wird es angesichts überquellender Auftragsbücher im Wohnungs- und Verkehrswegebau nicht genügend Klima-Sanierungen geben.“
Die Politik habe jetzt die Aufgabe, maßgeschneiderte Förderprogramme unter Nutzung der Strukturen etablierter tariflicher Brancheneinrichtungen aufzulegen. So könnten Arbeitsplätze gesichert und die Lasten der Klimapolitik sozial gerecht abgefangen werden.
Auch beim Bauen muss CO2 eingespart werden
Dabei könne auch beim Bau selbst deutlich mehr CO2 eingespart werden. Ein wichtiges Stichwort sei eine bessere Wiederverwendung von Baumaterialien. Dadurch ließen sich unter bestimmten Voraussetzungen Betonelemente ein zweites Mal verbauen – insbesondere bei „einfacheren“ Konstruktionen wie Sporthallen oder Supermärkten. Auch vom Mauerwerk bis zum Dachziegel könnten zahlreiche Rohstoffe und damit Ressourcen recycelt werden. GLR