Die Stadt Speyer will einen digitalen Zwilling aufbauen, um den Klimaschutz voranzutreiben und mit Daten zu unterfüttern. Der Startschuss des Projekts ist jetzt mit der Übergabe der Förderung durch das Land Rheinland-Pfalz gefallen. Mit einem solchen digitalen System lassen sich bestimmte Maßnahmen vorab in einer virtuellen Umgebung simulieren, bevor sie in der Realität umgesetzt werden. In Speyer soll laut Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler damit ein evidenzbasierte Stadtentwicklung möglich werden. „Der Digitale Zwilling soll als Weg- und Entscheidungshilfe für Fragestellungen der Stadt Speyer auf dem Weg in die Zukunft dienen“, sagt Seiler. „Vom Bauantrag über die Stadtplanung bis hin zum Katastrophenschutz – in allen Bereichen sollen Situationen zunächst simuliert werden. Mithilfe dieser Simulationen und auf Basis wissenschaftlicher Daten kann dann ein sachlicher Diskurs um die notwendigen Veränderungen geführt und entschieden werden, was umgesetzt werden soll.“
Das digitale Werkzeug soll die Stadt besonders bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen. Gerade beim Thema Hitze stünden bisher zu wenige Datenquellen zur Verfügung, so Seiler. In der virtuellen Realität lässt sich künftig zum Beispiel erkennen, welche Auswirkungen eine Fassadenbegrünung auf die Temperaturen im Umkreis hat. „Strategien zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an die zu erwartenden Klimawandelfolgen müssen vor allem in unseren Kommunen greifen“, sagt die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder. „Ihnen kommt eine Schlüsselrolle beim Erreichen unserer Klimaziele und bei der Klimawandelfolgenanpassung zu.“ Das Projekt wird mit 978.000 Euro im Rahmen des Kommunalen Klimapakts (KKP) gefördert. Bis Ende 2025 soll der Aufbau des digitalen Zwillings abgeschlossen sein. Der Ergebnisse sollen dann auch von anderen rheinland-pfälzischen Kommunen genutzt werden können.
Hochauflösende Bilder aus der Luft
Die Stadtwerke Speyer begleiten das Projekt und stellen die digitale Infrastruktur bereit. So wird für das Sammeln und Auswerten der Daten etwa das kommunale Rechenzentrum genutzt. Die Informationen, die dort verarbeitet werden, werden zahlreich und vielfältig sein. Der digitale Zwilling wird sowohl mit dynamischen als auch mit statischen Daten gefüttert. Zu ersterem zählen etwa Daten, die über Sensoren gesammelt werden – wie zum Beispiel Wetterinformationen. Ein großer Teil der notwendigen statischen Daten wurde bereits durch Flüge über die Stadt gewonnen, bei denen hochauflösende Bilder entstanden. Diese Daten sollen nun noch durch Begehungen und Fahrten verfeinert werden.
„Wir haben Bilder mit einer Auflösung von 2,5 Zentimetern pro Pixel vom gesamten Stadtgebiet gemacht“, berichtet Björn Freitag, der bei der Stadt Speyer die Stabstelle für strategische Stadtentwicklung und Zukunftsfragen leitet. „Es gibt keine andere Stadt, welche die komplette Gemarkung in dieser Auflösung aufgenommen hat.“ Zusätzlich habe man auch Aufnahmen mit Hyper-Spektraltechnik gemacht. Mit diesen ließen sich bis zu 300 unterschiedliche Oberflächen identifizieren, so Freitag. Das heißt, der digitale Zwilling erkennt dank dieser Aufnahmen, ob es sich bei einer Fläche etwa um Asphalt, Beton oder Kopfsteinpflaster handelt.
Zu diesen Daten sollen noch weitere kommen, welche die Bürger bereitstellen. Das sind beispielsweise Informationen zum Energieverbrauch der Gebäude oder zu geplanten Sanierungen. Eine solche Fülle an Daten und vor allem deren jeweilige Wechselwirkungen zu analysieren, ist ohne künstliche Intelligenz kaum möglich. Daher ist das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit Sitz in Kaiserslautern ebenfalls in das Projekt involviert. Quelle: ms