Ausgehend von der realen Versorgungssituation in vier ausgewählten Versorgungsgebieten zeigt die Studie mit ihrem Bottom-up-Ansatz Optionen für die effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors auf. Bei der Erarbeitung konnten zudem Erkenntnisse für die kommunale Wärmeplanung gewonnen werden.
Der Bottom-up-Ansatz der Studie berücksichtigt die regionalen und lokalen Unterschiede in der Gebäude- und Prozesswärme am Beispiel von vier Versorgungsgebieten (Burg bei Magdeburg, Fellbach, Mainz und Westerstede).
Die Autorinnen und Autoren der Studie kommen zum Ergebnis, dass alle klimaneutralen Energieträger, also Strom (aus Photovoltaik und Windkraft), Fernwärme, erneuerbare Energieträger (Solarthermie, Geothermie und Biomasse) und Wasserstoff, in der Wärmeversorgung benötigt werden, um eine klimaneutrale Energieversorgung bis 2045 zu erreichen.
Sebastian Herkel, Leiter der Abteilung Energieeffiziente Gebäude, Fraunhofer ISE: „Eine „One-Size-Fits-All-Lösung existiert für den Wärmemarkt nicht. Transformationspfade müssen alle wesentlichen Technologien als mögliche Lösungsoption beinhalten, um für die lokal sehr unterschiedlich ausgeprägten Versorgungsaufgaben unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte zu bestmöglichen Lösungen zu gelangen. Dies muss mit verpflichtenden kommunalen Wärmeplanungen angegangen werden.“
Hochlauf für Photovoltaik und Wärmepumpen
Der Weg bis 2030 ist zunächst in allen Szenarien sehr ähnlich: Er ist auf der einen Seite durch einen starken Hochlauf der Photovoltaik- und Wärmepumpenleistungen geprägt, auf der anderen Seite durch den Beginn des Wasserstoffhochlaufs für die industrielle Anwendung und die zentrale Wärmeerzeugung.
Jörg Bergmann, Leiter der Arbeitsgruppe Infrastruktur und Wärme des NWR unterstreicht: „Mit Wasserstoff wird die Energiewende sicherer und bezahlbarer. Es ist wichtig, nun sehr schnell große Mengen günstigen Wasserstoff verfügbar zu machen - nicht nur für die Großindustrie, sondern auch für die an das Verteilnetz angeschlossenen Industrie- und Gewerbebetriebe sowie die (Fern-)Wärmeversorgung. Dafür benötigen wir umgehend eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland.“
Hauptlösungen sind Wärmepumpe, Wärmenetze, erneuerbare Wärme und Wasserstoff. Während der Ausbau von Wärmepumpen in allen Versorgungsgebieten die primäre Dekarbonisierungsstrategie in der Raumwärme darstellt, sichert der Einsatz von Wasserstoff das Erreichen der langfristigen Klimaziele (nach 2030) in der Industrie und Energieerzeugung (Fernwärme) ab.
Komplexität des Wärmemarktes bei lokaler Betrachtung
Die Bottom-up-Studie zeigt die Komplexität des Wärmemarktes bei lokaler Betrachtung auf und betont die Notwendigkeit von Vor-Ort-Analysen. Die Dekarbonisierungspfade der untersuchten Versorgungsgebiete variieren abhängig von den lokalen Gegebenheiten. Die kommunale Wärmeplanung kann als zentrales Instrument diese Erkenntnis würdigen und damit relevante Einflussfaktoren für den Wärmemarkt adressieren. Bei der Erstellung von kommunalen Wärmeplänen sollten einheitliche Rahmenbedingungen zu technischen und ökonomischen Randbedingungen als Vorgaben fixiert und regelmäßig aktualisiert werden.
Für eine erfolgreiche Wärmewende müssen die Entwicklungspläne einer nationalen und europäischen Wasserstoffinfrastruktur mit der Transformation der regionalen Versorgungsinfrastrukturen in Einklang gebracht werden. Der Aufbau eines leistungsfähigen H2-Backbone und der nachgelagerten Wasserstoffinfrastrukturen zu den relevanten Anwendungen ist dabei eine zwingende Voraussetzung. Matthias Lenz, Geschäftsfeldleiter Netzplanung und Netzbetrieb, Fraunhofer IEE: „Die Netzbetreiber benötigen Investitionssicherheit! Die Studie hebt die Notwendigkeit für die Verteilnetzbetreiber hervor, auf Basis der kommunalen Wärmeplanung unverzüglich mit einer spartenübergreifenden, multimodalen Zielnetzplanung für Strom-, Gas- und Wärmenetze zu beginnen und diese zu operationalisieren.“ Die zukünftige lokale Versorgungsaufgabe der Verteilnetze, insbesondere die Versorgung lokaler Industrie- und Gewerbeunternehmen ist zu ermitteln und um einen sinnvoll angepassten regulatorischen Rahmen zu ergänzen. In diesem Prozess ist ein direkter Dialog zwischen Versorgern, Kommunen und Unternehmen im Kontext der kommunalen Wärmeplanung unerlässlich. Quelle: Wasserstoffrat / pgl
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