Wasserstoff spielt für die Erreichung der Klimaziele eine wichtige Rolle – darüber besteht weitgehender Konsens. Sein Einsatz im Gebäudesektor macht laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) allerdings am wenigsten Sinn. Darauf weist der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hin.
Der benötigte erneuerbare Strom zur Bereitstellung von Wasserstoff für die Gebäudewärme ist bei der Nutzung in (Methan)Gas-Brennwertheizkesseln 500 bis 600 % größer als die Menge, die für die Nutzung von Wärmepumpen zur Wärmeerzeugung benötigt wird.
Direkte Stromnutzung für dezentrale Wärmeproduktion
Das Erzeugungspotenzial für grünen Wasserstoff in Deutschland ist laut der Studie auf 50 bis 150 TWh begrenzt – damit sei der prognostizierte Bedarf für 2050 nicht annähernd gedeckt. Um darüber hinaus den Erdgasanteil für die Gebäudewärme mit Wasserstoff zu decken, stiege die Nachfrage um weitere 25 bis 60 %. Aus Sicht der Forscher sei die direkte Nutzung von elektrischer Energie die einzig mögliche Option für die Dekarbonisierung der dezentralen Wärmeproduktion.
Die Forscher des Fraunhofer IEE haben außerdem berechnet, dass eine Versorgung mit Wärmepumpen die Nachfrage von Wasserstoff um 150 – 400 TWh jährlich entlastet. Sie kommen zu dem Schluss, dass Wasserstoff für die Gebäudewärmeversorgung hinsichtlich Effizienz und Infrastrukturanforderungen am Schlechtesten abschneidet.
Wärmepumpentechnologie steht bereit...
Hinzu kommt, dass es bis zur flächendeckenden Erzeugung von Wasserstoff aus Wind- oder Solarstrom noch ein weiter Weg ist. Die Wärmepumpentechnologie steht schon jetzt bereit und das Potenzial ist riesig, bleibt aber noch zu oft ungenutzt, auch in den Bundesländern, die einen großen Anteil an der Erzeugung erneuerbaren Stroms aus Windanlagen haben.
So liegt in Schleswig Holstein der Anteil an Wärmepumpen im Neubau bei nur ca. 25 % also weit unter dem Bundesdurchschnitt (Stand 2018), im Bestand noch um ein Vielfaches niedriger. Andererseits wurden im nördlichsten Bundesland in 2017 fast 3 TWh aus erneuerbarem Strom abgeregelt.
„Warum in einem Land mit einem Überschuss an grünem Strom nicht mehr Wärmepumpen eingesetzt werden, ist vollkommen unverständlich. Wärmepumpen könnten schon heute einen wesentlich höheren Beitrag zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors leisten“, sagt Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP.
...wird aber zu selten bei der Heizungsmodernisierung eingesetzt
Bislang sind in Deutschland ca. 970 000 Wärmepumpen installiert, insgesamt gibt es aber ca. 21 Mio. Heizungssysteme. Insbesondere im Bestand müsse dringend ein Umdenken stattfinden, in den meisten Fällen ist ein Heizungstausch mit Wärmepumpe laut BWP gut möglich.
In Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um die Rolle von Wasserstoff im Dekarbonisierungs-Prozess sei deshalb eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Sektoren notwendig, um zu entscheiden, wo der Einsatz von grünem Wasserstoff sinnvoll ist und wo heute schon Alternativen zum Gelingen der Wärmewende vorhanden sind.
Der zusätzliche Strombedarf für die Wärmepumpen kann laut der IEE-Studie fast ausschließlich aus nationalen regenerativen Energiequellen gedeckt werden. Auch das Stromnetz käme aus Sicht der Autoren mit der zusätzlichen Belastung zurecht.
Befreiung der EEG-Umlage für Wärmepumpenstrom?
Im Rahmen der Wasserstoffstrategie wird diskutiert, ob Strom, der zur Erzeugung von grünem Wasserstoff nötig ist, von der EEG-Umlage befreit werden soll. Dieser Gedanke macht Sinn und wirft die Frage auf, ob nicht auch der Strom, der zur Erzeugung von Wärme über Wärmepumpen benötigt wird, von der Umlage befreit werden sollte.
„Die Energieträgerpreise sind nach wie vor der größte Hemmschuh für die Wärmewende und den Markthochlauf der Wärmepumpe“, so Sabel. Die Senkung des Strompreises sei ein wichtiger Impuls – für einen nachhaltigen Aufschwung der Konjunktur und für die industriepolitische Neuausrichtung der Heizungsindustrie im Sinne der Klimaziele. GLR