„Den Betreibern kleiner Anlagen, für die ein Weiterbetrieb in der Direktvermarktung unter Umständen derzeit unwirtschaftlich sein könnte, wird übergangsweise bis zu ihrer vollständigen Marktintegration durch dieses Gesetz eine Alternative zur Direktvermarktung geboten: Diese Anlagenbetreiber können den in der Anlage erzeugten Strom bis Ende 2027 auch dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen und erhalten hierfür den Marktwert abzüglich der Vermarktungskosten. Hierdurch werden sowohl ein Abbau dieser Anlagen als auch ein „wildes Einspeisen“ verhindert“, heißt es im Gesetz.
Der Marktwert abzüglich Vermarktungskosten, den die Netzbetreiber zu zahlen bereit sind dürfte allerdings relativ niedrig sein. Außerdem „müssen die Betreiber von ausgeförderten Anlagen dem Netzbetreiber den gesamten in der Anlage erzeugten Strom zur Verfügung stellen, solange die zugehörige Messstelle der Anlage nicht mit einem intelligenten Messsystem nach dem Messstellenbetriebsgesetz ausgestattet ist.“ Besitzer alter PV-Systeme müssen damit Meßsysteme nachrüsten, die bei neuen Anlagen nicht verlangt werden.
Agora Energiewende schlägt in einer Studie vor, statt diesen Meßsystemen die bisherigen Standardlastprofile um ein Solarstrom-Prosumer-Standardlastprofil zu ergänzen. „Nötig wäre dafür nur eine Neuverdrahtung des Hausanschlusskastens wie bei den meisten neuen Kleinanlagen“, schreibt der Verband.
Standardlastprofile bestimmen für unterschiedliche Gruppen von Stromverbrauchern, welche Strommengen in jeder Stunde des Jahres im Mittel benötigt werden. Auf dieser Basis beschaffen Stromvertriebe Strom.. Das System berücksichtigt den Verbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom bisher nicht: „Weil mein Stromvertrieb gar nicht weiß, dass ich eine Solaranlage betreibe, beschafft er auch dann Strom für mich, wenn ich diesen gar nicht verbrauchen kann, weil gerade die Sonne scheint“, erklärt Andreas Jahn vom Regulatory Assistance Project.
Ein Prosumer-Standardlastprofil würde den Eigenverbrauch von Solarstrom abdecken. Damit könnten Betreiberinnen und Betreiber kleiner Solaranlagen sowohl Solarstrom vom eigenen Dach beziehen als auch bei Bedarf Netzstrom zukaufen.
Abweichungen zwischen dem Prosumer-Standardlastprofil und dem tatsächlichen Stromverbrauch der Prosumer, die bei den Netzbetreibern erfasst werden, können durch zwei weitere Maßnahmen klein gehalten werden. „Anders als heute sollten die Netzbetreiber zum einen Anreize erhalten, die Standardlastprofile jährlich zu aktualisieren, um ein sich veränderndes Verbrauchsverhalten besser zu berücksichtigen. Zum anderen sollten die Netzbetreiber verpflichtet werden, die Differenzbilanzkreise transparent und aktiv zu bewirtschaften“, so der Verband in seinem Vorschlag.
Die Studie schränkt die Prosumer-Lastprofile allerdings auf einfache Anwendungsfälle ein. „Das Prinzip kommt an seine Grenzen, wenn jemand ein Elektroauto, einen Stromspeicher oder eine Wärmepumpe mit seinem eigenen Solarstrom betreibt. Diese Anwendungsfälle sind kaum in einer generellen, statistischen Betrachtung zu fassen“, sagt Jahn.
Verbesserungen gab es beim Mieterstrom. Anlagen bis 10 kW erhalten nun einen Bonus von 2,66 Cent pro kWh, bis 40 kW 2,40 Cent und bis 750 kW 1,42 Cent. Erläuterungen, die rechtliche Auseinandersetzungen verhindern sollen, gab es beim so genannten Lieferkettenmodell. „Mieterstrom im gesetzlichen Sinne liegt auch dann vor, wenn der Strom nicht vom Anlagenbetreiber, sondern wie im Fall des Lieferkettenmodells von einem Dritten geliefert wird“, heißt es jetzt im Entwurf. Das ist dann der Fall, wenn zwischen Vermieter und Mieter ein Energiedienstleister aktiv ist. Auch dieses Modell soll künftig als Mieterstrom behandelt werden. Das Deutsche Enegieberaternetzwerk (DEN) hat einen eigenen Arbeitskreis eingerichtet, die sich mit der Vereinfachung der Prozesse beim Mieterstrom beschäftigt.
Der Bundesverband Solarwirschaft warnt vor Plänen des Wirtschaftsressorts, in Betrieben neue Photovoltaiksysteme nur dann zu fördern, wenn diese Solarstrom nicht anteilig selbst verbrauchen und zuvor erfolgreich an einer Auktion teilgenommen haben. „Diese Bedingungen sind schikanös und das Gegenteil dessen, was die Energiewende braucht und vorantreibt. Das wäre so, als wenn man Landwirte dazu zwingen würde, ihre Erträge vollständig zu vermarkten und es ihnen nicht mehr erlaubt wäre, sie zum Eigenverzehr selbst zu verbrauchen,“ erklärt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. . „Wir fürchten, dass mit den nunmehr auf dem Tisch liegenden Entwurf eine Chance verpasst werden könnte, das enorme Potential an Dachflächen für die Erzeugung von Strom durch Photovoltaikanlagen zu nutzen“, sagt der DEN-Vorsitzende Hermann Dannecker. pgl