Gebäude sind für etwa 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und einen fast ebenso hohen Anteil an CO2-Emissionen in Europa verantwortlich. Da die EU-Klimaziele für 2030 eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um mehr als die Hälfte gegenüber dem Niveau von 1990 vorgeben und zudem Klimaneutralität bis 2050 anstreben, besteht europaweit dringender Bedarf an einer grundsätzlichen Veränderung im Umgang mit Ressourcen: Effiziente Materialien und Technologien für den Bausektor sind gefragt.
Die EU-Kommission hat daher im Rahmenprogramm Horizon 2020 ein interdisziplinäres Forschungsprojekt bewilligt, das sich genau dieser Fragestellung widmet. Daran ist auch die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) beteiligt. Insgesamt 27 Partner aus 14 verschiedenen europäischen Ländern forschen gemeinsam in dem auf vier Jahre angelegten Projekt „iClimaBuilt“ („Functional and advanced insulating and energy harvesting/storage materials across climate adaptive building envelopes“) an der Entwicklung geeigneter intelligenter Leichtbaumaterialien für den Bausektor und Technologien zur Integration von Energiespeicher- und Energierückgewinnungssystemen in Gebäudehüllen. Das Budget beträgt insgesamt rund 16,5 Millionen Euro.
Die Forscher vom Institut für Entwicklungsorientierten Maschinenbau und von der Forschungsgruppe Nachhaltiges Bauen des Instituts für Betonbau der HTWK Leipzig wollen – in Zusammenarbeit mit dem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik und dem Institut für Massivbau der TU Dresden – insbesondere die Carbonbetonbauweise noch nachhaltiger gestalten.
Carbonfasern aus nachwachsende Rohstoffen und Recycling im Fokus
„Wir fokussieren in ‚iClimaBuilt‘ unter anderem die Entwicklung von Carbonfasern aus nachwachsenden Rohstoffen für neuartige Bewehrungssysteme, die Integration von ultraleichtem Porenbeton mit niedriger Wärmeleitfähigkeit in Carbonbetonstrukturen oder die Verwendung so genannter Aerogele als Dämmstoff in Fassadenelementen. Teilweise werden auch Rohstoffe aus Industrieabfällen in unseren Fassadenelementen wiederverwendet. Das Team der HTWK Leipzig ist stolz, Teil eines solch innovativen Projektes zu sein. Wir sind überzeugt, dass unsere Entwicklungen in ‚iClimaBuilt‘ zu Leichtbaulösungen im Bausektor substanziell zum erst kürzlich proklamierten ‚Green Deal‘ der EU-Kommission beitragen werden: Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen“, sagt Prof. Robert Böhm, der das Projekt an der HTWK Leipzig leitet
Da der Energieverbrauch von Gebäuden zudem stark vom Klima und den lokalen Wetterbedingungen abhängt, sollen die in iClimaBuilt entwickelten nachhaltigen Lösungen für Gebäudehüllen auch Langzeittests unter realen Bedingungen in fünf sogenannten „Klimastandorten“ – verteilt in ganz Europa – unterzogen werden. Die für die Klimazone Mittel- und Osteuropa geplanten Tests werden zum einen im „valid lab“ der HTWK Leipzig und zum anderen im C³-Ergebnishaus CUBE an der TU Dresden durchgeführt, das 2022 fertiggestellt werden soll. Das iClimaBuilt-Vorhaben zielt durch seinen interdisziplinären Ansatz letztlich darauf ab, Zero Emission Buildings (ZEBs) zu entwickeln, also Gebäude, die keine oder nur minimale Emissionen verursachen. iClimaBuilt fungiert dabei als „Brücke“ zwischen der so genannten vorgelagerten Industrie – Rohstofflieferanten, System- und Komponentenlieferanten, Dienstleistungsanbieter – und der nachgelagerten Industrie, also den Endnutzern – im Sinne einer klimaorientierten Kreislaufwirtschaft.
Nachhaltige Gebäudehüllen im Langzeittest
„Durch seinen Open-Access-Ansatz ist iClimaBuilt dabei zudem als Unterstützung für kleine High-Tech-Firmen gedacht, um deren neue technologische Lösungen zu testen, zu bewerten und zu verbessern“, sagt Alexander Kahnt, technischer Leiter des Projektes an der HTWK Leipzig.
In einem ersten Schritt werden nun an der HTWK Leipzig Prototypen für verschiedene Fassadenelemente in Carbonbeton-Bauweise entwickelt. Dabei arbeitet die Hochschule unter anderem mit Forscherinnen und Forschern des RISE Research Institute (Schweden), der Firma FENX (Schweiz), der TU Dresden und der TU Hamburg zusammen. Die ersten Prototypen sollen noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. Quelle: HTKW Leipzig
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