Wie kann die Energiewende vor Ort aussehen? Entscheidend dafür sind im Gebäudebereich nicht nur einzelne Gebäude, sondern Lösungen, die in Quartieren funktionieren, sei es über die Nutzung von Abwärme aus der Wasserstofferzeugung wie im Klimaquartier Esslingen. Derzeit entstehen in mehreren Projekten Tools, die sich zum Beispiel mit der sinnvollen Sektorenkopplung im Quartier befassen.
Das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstofforschung hat in dem Projekt „Urbane Energiesysteme und Ressourceneffizienz“ (ENsource) zusammen mit elf weiteren Partnern und unter der Leitung der Hochschule für Technik Stuttgart die Verfahren und Planungswerkzeuge für Quartierlösungen entwickelt. Neue Softwaretools ermöglichen den Vergleich verschiedener Energieversorgungszenarien für Quartiere mit Privathaushalten, Gewerbe und Industrie, so das ZSW.
Abwägung zwischen Alternativen zur Energieversorgung
Ist es günstiger, ein Quartier vollständig energetisch zu sanieren oder lohnt sich eher eine gezielte Investition in erneuerbare Energien? Wie können Verbrauch und Erzeugung durch Vernetzung und Kommunikation intelligent aufeinander abgestimmt werden? Und wie müssen Solaranlagen, Windparks, Biomasseanlagen, Blockheizkraftwerke und Speicher zusammenspielen, damit Quartiere das ganze Jahr über zu 100 Prozent erneuerbar betrieben werden können?
Diese und weitere Fragen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in fünf Regionen durchgerechnet. Zum Einsatz kamen hierbei die im Projekt neu entwickelten ENsource-Werkzeuge und Dienstleistungen an Beispielquartieren in Mannheim, Stuttgart, Mainau, Rainau und Schwieberdingen. Diese Beispielquartiere wurden so gewählt, dass sie eine große Vielfalt an Bausubstanz, Flächenausdehnung und vorhandener Energieinfrastruktur abdecken. Damit konnten die Forschenden ihre Planungswerkzeuge unter ganz unterschiedlichen Rahmenbedingungen testen.
Zentrale Quartierssteuerung über Anreize möglich
Das ZSW entwickelte in dem Projekt ein Modell, das die Hoheit über die Steuerung von Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen oder Blockheizkraftwerken vollständig auf der Ebene der Anlagenbetreiber belässt. „Die Orchestrierung eines Quartiers erfolgt lediglich über finanzielle Anreizsignale und abgestimmte Fahrpläne“, erklärt Jann Binder, Leiter des Fachgebiets ‚Photovoltaik: Module Systeme Anwendungen‘. „Dadurch wird ein individuelles, aber dennoch gemeinsam koordiniertes Erzeugungs- und Verbrauchsverhalten im Quartier sektorübergreifend erwirkt.“
So können die Energiebeschaffungskosten sowie Verbrauchsspitzen für das Gesamtsystem netzdienlich und emissionsarm minimiert werden. Das entwickelte Verfahren über finanzielle Anreize ermöglicht eine koordinierte Energienutzung digital vernetzter Akteure, die über die reine Eigenoptimierung der einzelnen Anlagen hinausgeht.
Service für Planer von Netzen und Quartieren
Dienstleistungen dieser Art sind für Planer und Betreiber von Anlagen, Netzen und Quartieren von großem Interesse. Der Anlagenpark zur Energieerzeugung, Energiewandlung und Speicherung wird dann dem Bedarf entsprechend modular und flexibel gestaltet und der Betrieb laufend optimiert.
Der Bedarf dafür wächst: Der zunehmende Ökostromanteil sowie mehr Elektroautos und Wärmepumpen fordern auf kommunaler Ebene vor allem die Verteilnetze heraus. Sie müssen den vom Wetter abhängigen erneuerbaren Strom aufnehmen, außerdem sollen auftretende Leistungsspitzen auf Verbraucherseite vermieden werden. Die Verschiebung des Verbrauchs und die Zwischenspeicherung von Energie helfen, die Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch zu verbessern, was sich dann auch sofort in reduzierten Kosten widerspiegelt.
Im ENsource-Projekt „Urbane Energiesysteme und Ressourceneffizienz“ als Teil des Zentrums für angewandte Forschung an Hochschulen (ZAFH) hat das ZSW mit acht weiteren Hochschulen (Hochschule Aalen, Biberach, Heilbronn, Mannheim, Pforzheim, Reutlingen, Rottenburg und Hochschule für Technik Stuttgart), zwei Universitäten (Universität Stuttgart und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) sowie dem Fraunhofer ISE zusammengearbeitet. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) und der Europäische Fond für regionale Entwicklung (EFRE) haben das Projekt mit insgesamt 2,5 Millionen Euro gefördert. Quelle: ZSW /pgl
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