Wieder einmal hagelt es Hiobsbotschaften aus allen Richtungen, sodass man glauben könnte, aus der Wärme- und der Gebäudewende wird nichts mehr. Vergangenes Jahr wurden 903.000 fossile Heizungen abgesetzt, dagegen nur 365.000 Wärmepumpen, dieses Jahr rechnet der Zentralverband Sanitär Heizung Klima mit 180.000 Stück, eventuell 200.000. Und erst die Dämmindustrie: Der Markt für Wärmedämmverbundsysteme habe einen „historischen Einbruch“ erlitten, teilt Lars Jope mit, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel, ein Minus von 15 Prozent. Für 2024 erwarte man erneut eines von fünf Prozent.
Eine Mehrheit sieht den Hauptgrund für die Zögerlichkeit der Gebäudeeigentümer:innen in der Förderpolitik. Doch es scheint da noch mindestens eine andere Ursache zu geben. Die Information über die vielen Möglichkeiten – auch für weniger Betuchte –, etwas zu tun, Haus und Heizung zukunftsfest und klimafreundlich zu machen, findet nur schwer oder gar nicht zu den Betroffenen. Die Desinformation dafür meist auf Anhieb.
In unserer vorherigen Ausgabe hat Redaktionskollegin Claudia Siegele an dieser Stelle von einer Erfahrung erzählt, die sie als Architektin häufiger mit Auftraggeber:innen macht, einer Erfahrung, die so ähnlich auch viele Energieberatende kennen: von Bau- oder Modernisierungswilligen, die sich im „Klickwahn“ per Smartphone oder Tablet mit Informationshäppchen überversorgen – was jedoch lediglich zu einer Art gefühlter Informiertheit führt. Diese Bescheidwisser müssen dann zuerst einmal mühsam wieder eingefangen werden.
Ein solch solides Halbwissen aus lauter Info-Schnipseln bildet den Nährboden für Vorbehalte gegenüber den wirklich drängenden Aufgaben. Fragt man die Menschen, die in kalten Häusern aus den 1960ern oder 1970ern wohnen, warum sie ihrem Eigenheim keinen Rundum-Wärmeschutz gönnen, ist von Aufwand, von Dreck und Dauerbaustelle die Rede – das muss aber überhaupt nicht so sein (Seite 44f). Aber auch davon, dass die Dämmung zu Schimmel führe, zu noch schlimmeren Schäden an der Bausubstanz, selber schadensanfällig sei – stimmt so offenbar nicht (Seite 29f). Das mit der Gefährdung der Bausubstanz bekommt oft auch zu hören, wer eine Innendämmung vorschlägt. Doch die funktioniert selbst in Fachwerkbauten (Seite 22f).
Vielleicht haben die Hauseigentümer:innen zuvor sogar jemanden gefragt, der von seiner Berufsbezeichnung her wissen sollte, dass Dämmen auch von innen geht. Der aber aus Unkenntnis abrät. Es klingt dann in den Ohren von Laien sehr kompetent, wenn er mit einer drohenden „Taupunktverschiebung“ kommt, mit der DIN 4108-3, die die Innendämmung quasi verbiete. Tut sie allerdings nicht – man muss sie nur aufmerksam genug lesen. Aber, so „Energiesparkommissar“ Carsten Herbert in einem seiner Videos zur Innendämmung, das tun auch die Leute vom Fach viel zu selten.
Lesen sei unter seinen Kommilitonen, den angehenden Ingenieuren an der FH Darmstadt, eher unüblich gewesen, erinnert sich Herbert. Als ihn einer einmal in einer Freistunde in der Kantine beim Schmökern angetroffen hat, hätte er ehrlich erstaunt gefragt: „Und was bringt dir das fürs Studium?“ Damals sei er die Antwort schuldig geblieben. Energieberaterinnen und -berater hingegen werden bestätigen, mit Stoßseufzer, wie wichtig die genaue Lektüre von Fachbüchern, Normen, Förderrichtlinien ist. Eine Tätigkeit, die Abende und Wochenenden ausfüllt, die einen aber erst in die Lage versetzt, das Halbgare von den harten Fakten zu unterscheiden. Und so anderen Orientierung zu geben.
Also bitte nicht falsch verstehen, wenn wir jetzt trotzdem viel Freude beim, jawohl, Lesen wünschen.
Ihr GEB Redaktionsteam
Hinweis
Unsere Chefredakteurin Pia Grund-Ludwig ist leider erkrankt. Aus diesem Grund hat unser Leitender Redakteur Joachim Berner kommissarisch die Chefredaktion übernommen. Als Redaktionsteam werden wir den Gebäude-Energieberater wie gewohnt mit hilfreichen und spannenden Inhalten füllen. Unserer Chefredakteurin wünschen wir schnelle Genesung.