Mit einem offenen Brief an Bundesbauministerin Geywitz, Wirtschafts- und Klimaschutz Minister Habeck und Finanzminister Lindner reagiert das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) auf die Diskussion zum Referentenentwurf zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Der Verband wirft darin der Politik vor, „ideologiegeprägt und unter dem Einfluss interessierter Industriekreise Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien dem Gebäudesektor erlassen zu wollen.“ Kritik übt er an der Fokussierung auf Wärmepumpen ohne die Berücksichtigung der Verbesserung der Energieeffizienz der Gebäude durch Wärmedämmmaßnahmen. Klimaneutral werde ein Gebäudebestand erst, wenn der Verbrauch deutlich sinke und nicht nur Energieträger ausgetauscht würden.
DEN kritisiert einseitigen Fokus auf Wärmepumpen
Der Rat unabhängiger Fachleute sei zu wenig oder gar nicht erwünscht oder werde nicht beachtet. Der Verband verweist auf seinen Fünf-Punkte-Plan für ein nachhaltiges und praxistaugliches GEG. In dem offenen Brief gibt das DEN zu bedenken, dass bei einer Novelle des GEG ebenfalls das Thema Altersvorsorge mitgedacht werden müsse, da in Deutschland seit Jahrzehnten Wohneigentum auch als finanzielle Rücklage fürs Alter verstanden werde.
Parallel zu Debatte in Deutschland konkretisieren sich auch die Pläne auf europäischer Ebene. Am 14. März 2023 hat sich das EU-Parlament in einem Entwurf der Energy Performance of Buildings Directive (EPBD), der Gebäuderichtlinie, auf Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Gebäuden sowie zur Steigerung der Renovierungsquote verständigt. Die EU-Kommission hat die Einführung von Mindestnormen für die 15 Prozent der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz in Europa vorgeschlagen, die auf der EU-Energieskala mit „G“ bewertet sind. Die Mitgliedsstaaten müssen nationale Renovierungspläne vorlegen. Darin sollen auch Angebote enthalten sein, die Hausbesitzer bei der Sanierung unterstützen. Es dürfte jedoch ein harter Kampf für die Verhandlungspartner des Parlaments gegen die Mitgliedstaaten der EU werden, in denen bereits eine Koalition von mindestens 16 Ländern verpflichtende Renovierungen für einzelne Gebäude strikt ablehnt.
GIH: Pläne der EU stellen Bauherren vor große Herausforderungen
Ob die ambitionierten Pläne praktisch umsetzbar seien, hänge aus von deren Gestaltung ab, kommentiert der Energieberatendenverband GIH. Es sei gut, dass das EU-Parlament die klimatische Dringlichkeit erkannt habe und sie auf breiter Front angehe, so der GIH-Bundesvorsitzende Jürgen Leppig. Man dürfe jedoch nicht außer Acht lassen, dass die angedachten Auflagen Bauherren und Eigentümer vor große Herausforderungen stellen. „Wir gehen davon aus, dass zur EU-konformen Klassifizierung der Gebäude sehr viele Energieausweise ausgestellt werden müssen und auch die von der EU ins Spiel gebrachten Informationsstellen gut ins Portfolio unserer geprüften Energieberatenden passen“, so Leppig.
Der GIH erkenne an, dass viele der vom EU-Parlament formulierten Anforderungen in den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kürzlich im Zusammenhang mit einem Werkstattbericht vorgestellten energiepolitischen Zukunftspläne bereits mitgedacht seien. „Mit der Abschaffung von Öl- und Gasheizungen sowie der Regelung, beim Heizen auf 65 Prozent erneuerbare Energien zu bestehen, ist die Bundesregierung bei den Maßnahmen auf einem guten Weg“, so Leppig.
Bei den Unterstützungsangeboten, in denen Habeck die Sozialverträglichkeit ebenfalls schon thematisiert habe, müsse aber finanziell deutlich nachgelegt werden: „Nur ein Beispiel: Bei vielen wenig effizienten Gebäuden sollten einzelne energetische Maßnahmen genügen, um sie auf das von der EU geforderte höhere Niveau zu heben. Dies dürfte einen Run auf die über die in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) geförderten Einzelmaßnahmen auslösen“, prophezeit Leppig. Damit hier kein Verdruss über schnell geleerte Töpfe entstehe, sei es unbedingt notwendig, dass die Bundesregierung ihre jüngst reduzierte Förderpolitik wieder hochfahre. Sonst seien die Bürgerinnen und Bürger überfordert.
Deneff begrüßt vereinbarte Mindeststandards auf EU-Ebene
Ein essentieller Baustein der Richtlinie ist die Einführung von Mindest-Effizienzstandards für die schlechtesten Bestandsgebäude (MEPS), die hiermit nun alle EU-Institutionen befürworten. Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) begrüßt dieses Votum als eine gute Grundlage, um nun zeitnah in den Trilog der EU-Institutionen zu gehen und die Details der Ausgestaltung zu klären. Laut Verband gebe die Richtlinie einen wichtigen Impuls für die deutsche Energiepolitik, da klar sei, dass der Verbrauch der Gebäude runter müsse und dies vor allem durch energetische Modernisierung möglich sei. Der alleinige Fokus auf erneuerbare Heiztechnologien reiche nicht aus. Die Deneff fordert daher einen zeitnahen Sanierungsgipfel der Bundesregierung mit einem konkreten Fahrplan.
Der Zentralverband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) betont bei der Richtlinie die Themen Elektrifizierung und Digitalisierung im Gebäudesektor. Sebastian Treptow, Bereichsleiter Gebäude im ZVEI verweist auf eine aktuelle Studie des ZVEI zu den Stromnetzen der Zukunft. „Energie wird verstärkt dezentral erzeugt und gespeichert werden. Dazu müssen nicht nur die Netze in der Lage sein – was sie laut Studie aktuell nicht sind, sondern auch die anderen Player, insbesondere Gebäude, denen in diesem System künftig eine noch wichtigere Rolle zukommen wird.“
ZVEI warnt vor veralteter Elektroinfrastruktur
Neben den notwendigen Technologien (PV-Anlagen, Wärmepumpe, Wallboxen) muss bei diesem Wandel auch die Großteils veraltete elektrische Infrastruktur in Bestandsgebäuden auf die neuen Anforderungen vorbereitet werden.
Aus Sicht des ZVEI sind zudem folgende Punkte bei der Neufassung der EPBD zu beachten:
Renovieren: Die EPBD muss einen ehrgeizigen und realistischen Pfad für die Renovierung von Gebäuden mit Mindeststandards für die Energieeffizienz (MEPS) bis 2027 festlegen. Besonders für Nicht-Wohngebäude unterstützt der ZVEI den Vorschlag, bis 2027 die Klasse E und bis 2030 die Klasse D zu erreichen. Der Entwurf bringt das richtige Gleichgewicht in diese MEPS und stellt sicher, dass historische Gebäude, Sozialwohnungen und ein Teil der Wohngebäude von den MEPS ausgenommen werden können.
Digitalisieren: Möglichkeiten zur Vernetzung und netzdienlichen Verbrauchssteuerung, wie zum Beispiel Gebäudeautomatisierung und -steuerung, intelligentes Laden von Elektrofahrzeugen und elektronische Überwachung, seien daher flächendeckend im Gebäudebestand einzusetzen.
Elektrifizieren: Technische Gebäudesysteme inklusive der elektrischen Anlage sind Grundvoraussetzung, damit die Energiewende im Gebäude gelingt. Es ist richtig, dass sie ein integraler Bestandteil des Sanierungsfahrplans des Gebäudes sind. Gleiches gilt für den Ansatz, dass alle Gebäude mit Solaranlagen kurz- und mittelfristig ausgestattet werden müssen. Durch die EPBD sollte der Anteil von erneuerbaren Energien bei der Wärme- und Warmwasserbereitung maßgeblich erhöht werden. Hierbei sollte der Fokus auf dem Gebäudebestand liegen; Renovierungen sollten als Anlass für die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung dienen.
Finanzieren: Bei der Bereitstellung von Mitteln für die energetische Sanierung sollen Ex-ante- und Ex-post-Prüfungen umfassend eingesetzt werden, um kosteneffiziente Investitionen sicherzustellen und zu vermeiden, dass Geld für Renovierungen verschwendet wird, die sich nicht auszahlen. Quellen: DEN, GIH, Deneff, ZVEI / pgl