Das Bundeskabinett hat am 29. April die 6. Novelle der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieurleistungen (HOAI) verabschiedet und an den Bundesrat zur Zustimmung weitergeleitet (Drucksache 395/09). An der Auslagerung der „Beratungsleistungen“ in einen unverbindlichen Anhang hat die Kabinettsvorlage nichts geändert.
Gleichzeitig könnte der wichtigste Bestandteil, eine angemessene Anhebung der Honorare, durch neue „Freiheiten“ zur Makulatur werden. Jedenfalls wird von HOAI-Experten darauf hingewiesen, dass die pauschale Anhebung der Tafelwerte um 10% nur in besonderen Fällen auch zu einer Anhebung der Honorare um 10% führen wird. Die größten Spielräume ergeben sich durch eine geänderte Honorargrundlage zunächst beim Bauen im Bestand, aber - je nach Bauplanungsnachfrage und Etablierung - künftig wohl auch im gesamten Neubaubereich.
Wesentliche Änderungen durch die Kabinettsvorlage
- Die Kabinettsvorlage sieht nun wieder die Forderung von „Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen“ vor. Im BMWi-Entwurf war dazu explizit eine vertragliche Vereinbarung vorgesehen. Ohne diese wäre das Honorar erst fällig gewesen, wenn die Leistung insgesamt vertragsmäßig erbracht und eine Honorarschlussrechnung vorgelegen hätte. In diesem Punkt haben sich die Kammern und Verbände noch durchsetzen können.
- Der Anwendungsbereich der HOAI wird auf Planungen von im Inland ansässigen Büros beschränkt. Das ist zwingend, um der allgemeinen Dienstleistungsfreiheit gemäß der europäischen Dienstleistungsrichtlinie Rechnung zu tragen.
- Mit einem neuen Berechnungsmodell und einem Bonus-Malus-System werden die Honorare von den Baukosten abgekoppelt. Kritisch daran: In der Regel existieren dazu zum Zeitpunkt der Honorarvereinbarung nicht genügend Informationen. Zudem erfordern spätere Änderungen durch den Auftraggeber stets schriftliche Honorar-Änderungsvereinbarungen.
- Gutachterliche und beratende Tätigkeiten (laut Bundesregierung triff dies auf Umweltverträglichkeitsstudien, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Vermessungstechnische Leistungen zu) werden nicht mehr vom verbindlichen Teil der HOAI preislich geregelt. Die Regelungen bleiben aber als unverbindliche Vorschriften erhalten und „stellen für unerfahrene Planer und Auftragnehmer“ (laut Bundesbauministerium) ein Orientierungsgeländer dar.
- Mit dem Wegfall verbindlicher Stundensätze soll mehr Vertragsfreiheit ermöglicht werden. Ob kostendeckende Stundensätze durchsetzbar sind, muss aber die Praxis erst noch zeigen.
- Die Tafelwerte sind pauschal um 10% angehoben worden.
Nach der Zustimmung durch den Bundesrat und der Annahme von Maßgaben der Länderkammer würde die neue HOAI ohne rückwirkende Eigenschaften und ohne Übergangsfrist am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Spätester Zeitpunkt dafür ist aufgrund der Umsetzungspflicht der EU-Dienstleistungsrichtlinie der 28. Dezember 2009. GLR
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