Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl an Wärmepumpen in den nächsten Jahren stark steigen wird. Für die Niederspannungsverteilnetze in Wohngebieten könnten sie zu einer Belastung werden. Wird es draußen kalt, verbrauchen alle Wärmepumpen gleichzeitig – vor allem morgens und nachts – Strom für ihren Betrieb. Entsprechend stark steigt der Strombedarf im Verteilnetz. In den Netzen und an den Transformatoren, die die Spannung im vorgelagerten Mittelspannungsnetz auf die Spannung im Verteilnetz umwandeln, treten dann höhere Lastspitzen auf. Damit sie nicht überlasten, hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) ein neues Verfahren entwickelt. Die Algorithmen verringern die Gleichzeitigkeit der Wärmepumpenlasten in einem Netzgebiet.
Wärmepumpen müssen Verteilnetze nicht belasten
„Die Herausforderung ist, am frühen Morgen und am Abend für alle ein warmes Haus bereitzustellen, ohne dass alle Wärmepumpen gleichzeitig anspringen – und das auch an Tagen mit minus zehn Grad Celsius Außentemperatur“, erklärt Jann Binder vom ZSW. Dafür haben er und sein Team einen vorausschauenden Betrieb für Wärmepumpen entwickelt, der eine Prognose des Wärmebedarfs nutzt. Bei einer absehbaren Netzbelastung schaltet sich die elektrische Heizmaschine früher ein und läuft länger, dafür aber mit geringerer Leistung. Das Verfahren nutzt die Wärmekapazität des Hauses als Speichermedium und entlastet so das Netz. Die Forscherinnen und Forscher setzen es wohldosiert ein, um den Wärmeverlust nicht wesentlich zu erhöhen und die entstehende Temperaturabweichung vom Sollwert in Grenzen zu halten.
Zwei Betriebsweisen hat das ZSW untersucht: eine zentrale, bei dem die Wärmepumpen der Haushalte von einer Zentrale über virtuelle Energiepreise einen Anreiz zu einem verteilten Betrieb erhalten, und eine dezentrale, bei dem sie lediglich auf die lokal erfassten Temperaturschwankungen und Verringerungen der Netzspannung reagieren, ohne Verbindung zu einer Zentrale. Der zentrale Ansatz erreicht die geforderte Netzentlastung von zehn Prozent mit drei Prozent weniger Mehraufwand an Heizenergie als der dezentrale Ansatz, da er den Bedarf zum Vorheizen und die Gleichzeitigkeit des Wärmepumpenbetriebs genauer vermeiden kann. Er erfordert jedoch eine hohe Zahl von Berechnungen, um die individuellen Fahrpläne festlegen zu können. Deshalb setzt das ZSW auf den dezentralen Ansatz.
Zehn Prozent weniger Lastspitzen an den Transformatoren
Bei der Entwicklung des Verfahrens achtete das ZSW auf eine einfache Ausgestaltung. „Der Algorithmus braucht keine externe Kommunikationsanbindung für die Fernsteuerung der Wärmepumpen“, sagt Binder. Stattdessen werde die lokal gemessene Netzspannung als Informationsquelle verwendet. Sinkt die Spannung unter einen Grenzwert, ist das ein Anzeichen für eine zu hohe Netzbelastung. In der Folge springt der Algorithmus an und moduliert die Wärmepumpenleistung. Gegenüber einer zentralen Steuerung von Wärmepumpen ohne aufwändige bidirektionale Kommunikation kann ein dezentraler Algorithmus die Fähigkeit des Hauses, Wärme zu speichern, individuell und wohl dosiert nutzen. Damit verringert sich die entstehende Temperaturabsenkung gegenüber derjenigen, die bei einer zentralen Abschaltung von Wärmepumpen bei Netzengpässen entstehen würde.
Getestet haben die Forschenden ihr Verfahren in Schweden. In dem nordeuropäischen sind Wärmepumpen bereits stark verbreitet und die Winter besonders kalt. Das Ergebnis für den einfacheren dezentralen Ansatz: Bei der zehnprozentigen Reduktion der Trafolast zu Spitzenzeiten veränderte sich die Spreizung der Innentemperatur nur minimal von 20 bis 22 Grad Celsius auf 19,2 bis 22,2 Grad. Nutzt man zusätzlich eine Prognose des Trends der Außentemperatur wird die niedrigste Temperatur sogar auf 19,4 Grad begrenzt. Würde man dieselbe Reduktion der Trafolast allein durch lineare Reduktion der Wärmepumpenleistung erreichen wollen, so würde die minimale Innentemperatur 17 Grad betragen, also drei Grad und nicht nur 0,6 Grad weniger. Quelle: ZSW / jb
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