Insgesamt sei kein Nachweis geliefert geworden, dass das Sofortprogramm 2020 die Anforderungen von § 8 Abs. 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes erfülle, die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors für die folgenden Jahre sicherzustellen, so das Expertengremium in seinem Bericht.
Das Sofortprogramm für den Gebäudesektor trägt sicherlich zu einer zusätzlichen Minderung von Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren bei, insbesondere wenn die Fördervolumina wie in den vorgelegten Unterlagen angenommen noch über das Jahr 2021 hinaus aufgestockt werden“, sagt Professor Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats für Klimafragen. „Aus der Prüfung der vorgelegten Unterlagen kann man aber zugleich den Schluss ziehen, dass für die Erreichung der Sektorziele im Gebäudesektor vermutlich weitere, darüber hinaus gehende Anstrengungen nötig werden.“
Treibhausgasminderung wird überschätzt
Eine methodisch konsistente, isolierte Rechnung zur Quantifizierung der Wirkung des Sofortprogramms 2020 sei dem Expertenrat nicht vorgelegt worden. In der dazu zur Verfügung gestellten Studie der Prognos AG sei keine alleinige Betrachtung der Wirkung der Treibhausgasminderung der 5,8 Mrd. Euro im Jahr 2021 für die BEG durchgeführt worden. Die in der Prognos-Studie ausgewiesene Minderungswirkung könne – anders als von BMWi und BMI ausgeführt – nicht ausschließlich auf das Sofortprogramm 2020 (5,8 Mrd. Euro im Jahr 2021) zurückgeführt werden, sondern ergebe sich in der Studie aus der gesamten unterstellten Erhöhung der Fördervolumina. Sie setzt also voraus, dass es nicht bei den Mitteln für 2021 bleibt, sondern dass 17 Milliarden Euro insgesamt bis einschließlich 2024 zur Verfügung stehen.
Aus der Prognos-Studie ergebe sich die von den zuständigen Ministerien angeführte Reduktion der Treibhausgasemission des Gebäudesektors um 2 Mt CO2e im Jahr 2025. „Diese erscheint auf Grundlage der in der Studie getroffenen Annahmen insbesondere zu den Fördervolumina zwar grundsätzlich erreichbar, sie wird nach Einschätzung des Expertenrates für Klimafragen jedoch tendenziell überschätzt“, mahnen die Fachleute in ihrem Papier.
Konzentration auf alte Gebäude notwendig
Aus Sicht von Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) war die Bewertung des Expertenrats für Klimafragen vorhersehbar. „Das Sofortprogramm muss leider als ambitionslos bezeichnet werden, trotz der erhöhten Fördersummen. Notwendig ist daher ein Fokus auf Maßnahmen, die sich verhältnismäßig schnell umsetzen lassen und gleichzeitig massiv auf die Klimaschutzziele einzahlen.“
Der BuVEG plädiert dafür, sich bei den energetischen Modernisierungen stärker auf besonders alte Gebäude zu fokussieren, so genannte Worst Performance Buildings (WPB), da diese ein besonders hohes und vergleichsweise schnell zu hebendes CO2-Einsparpotential bieten. „Wichtig ist dabei natürlich, dass die Gebäude entsprechend umfassend saniert werden. Der Effekt wird uns Recht geben, hier schlummert ein großes Potenzial, das schnell gehoben werden kann und muss“, erörtert Hinrichs.
Haus und Grund gegen Klimagesetz
Eine andere Konsequenz zieht Kai Warnecke für den Eigentümerverband Haus & Grund. Er fordert die komplette Abschaffung des Klimaschutzgesetzes. „Für jeden Wirtschaftssektor national definierte CO2-Minderungsziele sind illusorisch. Der neue Bundestag muss daher zügig eine Klimaschutzpolitik beschließen, die unbürokratisch, kosteneffizient und wirksam ist“, sagte Verbandspräsident.
Hintergrund ist eine Auseinandersetzung zwischen dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesinnenministerium auf der einen Seite sowie dem Expertenrat für Klimafragen über zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor. Diese Maßnahmen waren aufgrund des Klimaschutzgesetzes notwendig geworden, nachdem der Gebäudesektor sein Minderungsziel im vergangenen Jahr verfehlt hatte. „Hier zeigt sich die ganze Absurdität der aktuellen Klimaschutzpolitik: Verschwendung von Ressourcen, Bürokratismus in Reinkultur, politischer Streit und wenig Klimaschutz. Diesen Irrsinn kann sich Deutschland nicht länger leisten“, urteilt Warnecke. pgl
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