Heizungsanlagen mit Wetterprognosen steuern, Effizienz von Heizgeräten überwachen oder Stromverbrauch erfassen: Die Digitalisierung im Energiebereich verspricht Möglichkeiten, Treibhausgase einzusparen. Aber in welchem Umfang kann sie wirklich zum Klimaschutz beitragen? Eine neue Studie hat anhand von fünf Fallbeispielen bewertet, wie sich smarte Lösungen in Gebäuden und Haushalten auf die Energie- und Klimaschutzziele auswirken und welche Umweltwirkungen sie bringen. Die Forschenden vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und co2online zeigen, dass digitale Anwendungen wichtige Klimaschutzmaßnahmen wie die energetische Sanierung von Gebäuden oder den Ausbau erneuerbarer Energien sinnvoll ergänzen, diese aber aufgrund begrenzter Einsparpotenziale nicht ersetzen können. Das Projekt Klimaschutzpotenziale der Digitalisierung haben die Einrichtungen im Auftrag des Umweltbundesamts durchgeführt.
Klimaschutzpotenziale durch Digitalisierung bis 2030 vorhanden, aber gering
„Die Ergebnisse zeigen, dass smarte Energielösungen für Haushalte zum Klimaschutz beitragen können“, sagt Hannes Bluhm, Experte für Umweltbewertungen am IÖW. So könne die Umwelt von einer Optimierung und Überwachung von Heizanlagen profitieren, da die positiven Effekte aus der eingesparten Heizenergie deutlich größer seien als Umweltbelastungen für den Bau und den Betrieb der digitalen Tools. Schwieriger zu bewerten sind dem Wissenschaftler zufolge Anwendungen, bei denen die Kundinnen und Kunden selbst aktiv werden müssen. Ein Smart Meter etwa analysiert den Stromverbrauch eines Haushalts und gibt über eine App Tipps zum Stromsparen. „Hier ist noch wenig Wissen zu mittelfristigen Einspareffekten vorhanden“, gibt Bluhm zu bedenken.
Hochgerechnet auf ganz Deutschland können die Emissionseinsparungen der untersuchten Lösungen in Verbindung mit ihrem derzeitigen Marktwachstum jedoch nur einen geringen Beitrag zu den Klimaschutzzielen 2030 leisten. Zu den erforderlichen Einsparungen der Energiewirtschaft in Höhe von 113 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis 2030 können die untersuchten Tools lediglich zwischen 0,07 und 0,21 Prozent beitragen. Bluhm und seine Kolleg*innen halten den Einsatz entsprechender Anwendungen aber für eine Voraussetzung, um Klimaneutralität im Gebäudesektor erreichen zu können.
Bewertungskriterien für digitale Anwendungen fehlen
Da die meisten smarten Lösungen erst seit wenigen Jahren am Markt angeboten werden, fehlt oft eine unabhängige, wissenschaftliche Bewertung zu deren Wirkung und Potenzialen. Deshalb empfiehlt das Forschungsteam eine breitere Untersuchung in Feldstudien, die die ökologische Wirkung entsprechender Anwendungen nachweisen und absichern. Zudem sollten Technikanbieter und Marktakteure gemeinsame Standards entwickeln, damit für die digitalen Anwendungen keine aufwändigen Nachrüstungen benötigt werden und sie unabhängig von einzelnen Anbietern gesteuert werden können. Essenziell sei auch, dass neue Techniken immer mit entsprechender Qualifizierung der für den Vertrieb und die Installation zuständigen Stellen einhergehen.
„Damit die Anwendungen in die Breite kommen, sind tragfähige Geschäftsmodelle notwendig, die häufig von der Ausgestaltung des einschlägigen Rechtsrahmens einschließlich der Höhe bestehender Steuern, Abgaben und Umlagen im Energiebereich abhängig sind“, sagt Professor Matthias Knauff, der die untersuchten Fälle von juristischer Seite beleuchtet hat. Die neue Bundesregierung sei gefragt, diese auf ihre klimapolitische Wirkung zu überprüfen und bei Bedarf Förderinstrumente zu etablieren. Quelle: IÖW / jb
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