Der Bundesverband Solarwirtschaft zeigt sich erfreut darüber, dass sich die Ampel-Koalition mit dem „Solarpaket I“ nunmehr auf ein ganzes Bündel an Gesetzesreformen zur Beschleunigung des Photovoltaikausbaus einigen konnte. Das Reformpaket enthalte eine Vielzahl an Maßnahmen zum Bürokratieabbau, die den weiteren Ausbau der Photovoltaik und Solarstromspeicher vereinfachen werden. Immobilieneigentümern, Mieterinnen und Mietern sowie Landwirten und anderen professionellen Investoren werde damit der Zugang zu preiswertem Solarstrom erleichtert. Zugangsbarrieren zu bürgernah erzeugtem Solarstrom, zum Stromnetz wie auch zu geeigneten Standorten für größere Solarkraftwerke sollen nach dem Gesetzesentwurf abgebaut werden. Eine Verabschiedung des Gesetzespakets im Bundestag wird in einer der kommenden zwei Sitzungswochen des Bundestages erwartet.
Licht und Schatten
Enttäuscht reagierte der Branchenverband hingegen darauf, dass eine Verständigung in der Koalition auf industriepolitische Impulse innerhalb des Reformpaketes nicht erzielt werden konnte. Im harten Standortwettbewerb mit Asien und den USA um die Solarfabriken der Zukunft sei damit eine Chance für eine Renaissance der Solarindustrie in Deutschland und für mehr Sicherheit bei der Versorgung mit solartechnischen Schlüsselkomponenten verspielt worden. „Das Solarpaket enthält viel Licht, leider aber auch Schatten. Wir sind zuversichtlich, dass das Gesetz als Energiewende-Beschleuniger wirken wird und auf Dächern und Freiflächen in den nächsten Jahren noch mehr Solarmodule installiert werden können. Klimaschutz, Privathaushalte und Gewerbebetriebe werden profitieren. Heimische Solarmodul-Fabriken gehen jedoch leider weitgehend leer aus,“ so Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar). Im letzten Jahr wurden in Deutschland 15 Gigawatt an neuer Solarstromleistung installiert. Für dieses Jahr rechnet der BSW-Solar mit einem weiteren Marktwachstum. Regierungsziel ist es, den Anteil der Photovoltaik am Stromverbrauch von derzeit rund 12 Prozent in den kommenden 10 Jahren auf rund 30 Prozent nahezu zu verdreifachen.
Solarpaket I – Relevante geplante Änderungen (Auszug)
Impulse für die Energiewende seien nach Einschätzung des Branchenverbandes u.a. durch folgende Vorhaben in Verbindung mit dem Solarpaket zu erwarten:
Mieter:innen können durch „Gemeinsame Gebäudeversorgung“ und „Steckersolargeräte“ künftig stärker von preiswertem Solarstrom profitieren:
Die Weitergabe von Solarstrom innerhalb eines Gebäudes an mehrere private oder gewerbliche Stromverbraucher dürfte attraktiver werden. Im Rahmen einer „Gemeinsamen Gebäudeversorgung“ werden PV-Anlagenbetreiber nicht mehr zum Energieversorger, sondern können den Solarstrom künftig barrierearm an Mieter und Mitbewohner veräußern, soweit er gerade verfügbar ist. Den zusätzlich benötigten Strom können die Verbraucher von einem selbst gewählten Versorger beziehen. Mit der Gemeinsamen Gebäudeversorgung werde es künftig leichter, die Potenziale für Prosuming und Sektorenkopplung unter anderem in den rund sechs Millionen Mehrfamilienhäusern mit zwei bis sechs Wohneinheiten, aber auch in Gewerbegebäuden umzusetzen, ohne umständliche Stromversorgerbürokratie und ohne die Installation teurer Messtechnik.
Zumindest zahlenmäßig ebenfalls wachsen dürfte das Potenzial von „Steckersolaranlagen“ beziehungsweise sogenannten „Balkonkraftwerken“ durch das Solarpaket I. Der Gesetzentwurf definiert Steckersolargeräte als eigenen Anwendungsfall für Photovoltaik, grenzt diese in Mieterhaushalten und bei Wohnungseigentümern immer beliebteren solaren Kleinerzeuger von der Installation größerer Solarsysteme rechtlich ab und vereinfacht ihre Nutzung und Anmeldung. Künftig soll man das „Balkonkraftwerk“ nur noch in einer Datenbank eintragen müssen. Alte nicht-digitale Stromzähler dürfen übergangsweise weiterverwendet werden, die sich dann einfach rückwärts drehen, wenn Strom zum Beispiel vom Balkon ins Netz eingespeist wird.
Teils verbesserte Förderung für PV-Anlagen auf Gewerbedächern:
Der BSW-Solar begrüßt es, dass die Errichtung von Solaranlagen auf Unternehmen in der Leistungsklasse 40 bis 750 Megawatt leichter werden dürfte. Hier folgt die Ampel-Koalition der Branchenempfehlung, die Vergütungssätze für eingespeisten Solarstrom anzuheben, um die Kostensteigerungen insbesondere bei der Finanzierung und Installation künftig einzupreisen. Dies werde Unternehmen erleichtern, Solarstromanlagen auch dann auf ihren Firmendächern zu errichten, wenn der erzeugte Solarstrom nur zu einem geringen Teil im eigenen Gebäude verbraucht werden kann. Gefolgt ist die Ampel-Koalition der Branchenempfehlung, die Solarstadl-Regelung derart zu aktualisieren, dass Landwirte, die seit dem Jahr 2012 im Außenbereich errichteten Gebäude mit Photovoltaikanlagen zu verbesserten Förderkonditionen nachrüsten können.
Kein Verständnis äußerte der BSW-Solar hingegen dafür, dass die Bundesregierung die Grenze für die verpflichtenden Teilnahme an Auktionen für Gewerbedächer als Fördervoraussetzung von 1 Megawatt auf 0,75 Megawatt absenken will. Die Auktionsteilnahme wird von gewerblichen „Einmal-Investoren“ als Marktbarriere betrachtet.
Vereinfachungen beim Repowering und bei der Direktvermarktung:
Neben weiteren Verbesserungen für solare Mieterstrommodelle sieht das Solarpaket Vereinfachungen beim Repowering von Solardächern und bei der Direktvermarktung von Solarstrom vor. Letztere bleiben allerdings hinter den Branchenerwartungen zurück.
Mehr Raum für Solarparks – Förder-Vorrang für „Agri-PV“:
Die derzeit im EEG verankerte starke Limitierung der förderfähigen Leistung und förderfähiger Solarpark-Standorte behindert zunehmend die Errichtung von Solarstromanlagen auf Freiflächen (PV-FFA). Dem will die Ampel-Koalition auf Anregung des BSW-Solar nun dadurch begegnen, dass FF-Solarkraftwerke bis zu einer installierten Leistung i. H. von 50 Megawatt (bislang 20 MW) förderfähig sind und landwirtschaftliche Flächen in sogenannten „benachteiligten Gebieten“ leichter genutzt werden können.
Grundsätzlich sollen diese Standortkulisse künftig für PV-Freiflächenanlagen geöffnet werden. Bundesländer können die Nutzung per Verordnung mittels einer „Opt-out-Regelung“ nur noch zu einem bestimmten Grad einschränken, der die Zielerreichung beim PV-Ausbau nicht gefährdet. Die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Solarstromerzeugung wird auf ein Maximum von 80 Gigawatt bis 2030 beschränkt (entspricht rd. 0,5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland). Um die Effizienz bei der Flächeninanspruchnahme weiter zu erhöhen, wird ein eigenes Auktionssegment mit einem eigenen Höchstwert für besondere Solaranlagen (Agri, Floating, Moor, Parkplatz) in den Ausschreibungen für PV-FFA eingeführt. Konstruktionsbedingte Mehrkosten dieser PV-Systeme können so künftig abgebildet werden, was bislang nur sehr eingeschränkt der Fall war.
Netzanschluss wird für PV-Systeme einfacher:
Der Anschluss an das Stromnetz führt bislang regelmäßig zu Verzögerungen bei der Realisierung von Solaranlagen im Eigenheim-, Gewerbe- und auch im PV-Kraftwerkssegment. Hier wird die Bundesregierung nun zumindest teilweise Abhilfe schaffen. Die bereits im EEG 2023 eingeführte Regelung eines vereinfachten Netzanschlusses für PV-Anlagen bis zu einer Leistung von 10,8 kWp soll auf PV-Anlagen bis 30 kWp ausgeweitet werden. Falls sich der Netzbetreiber innerhalb von vier Wochen nicht zum Netzanschlussbegehren äußert, können die Anlagen damit in der Regel ans Netz angeschlossen werden.
Die bislang unverhältnismäßig strengen Regelungen beim Netzzugang gewerblicher PV-Systeme sollen darüber hinaus in mittleren Leistungsklassen vereinfacht werden (u.a. Erhöhung des Schwellenwertes zur Anlagenzertifizierung). Unverhältnismäßige Auflagen bei der Zertifizierung mittelgroßer PV-Gewerbeanlagen werden abgeschafft bzw. reduziert. Eine bereits vor einem Jahr zwischen der Bundesnetzagentur, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem BSW-Solar erzielter entsprechende Kompromiss könne damit noch in diesem Jahr endlich umgesetzt werden. Er wird den Anschluss von Solarstromanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 500 kW und einer maximalen Einspeiseleistung von 270 kW, deutlich beschleunigen und entbürokratisieren.
Unverständnis äußerte der BSW-Solar, dass zur Verlegung von Netzanschlusskabeln zwischen PV-Freiflächenanlagen und Netzanschlusspunkt künftig nur auf Flächen der öffentlichen Hand ein Wegenutzungsrecht eingeräumt werden soll, wie es bereits im Bereich der Telekommunikation oder beim Bau von Hochspannungsleitungen existiert. „Vermutlich auf Druck der Agrar-Lobby wurde hier zu kurz gesprungen. Eine große Option zur Beschleunigung und Kostensenkung bei Solarparks bleibt ungenutzt“, so Körnig. Die notwendige Verhandlung mit häufig verschiedenen Flächeneigentümern führt durchschnittlich zu einer Verlängerung der Planungsphase um sechs Monate und zu oft überhöhten Preisen bei der Netzanbindung.
Verbesserungen am Ausschließlichkeitsprinzip (Batteriespeicher):
Im Solarpaket sind Neuregelungen zum Ausschließlichkeitsprinzip für Batteriespeicher enthalten. Ziel der Neuregelung sei es, eine flexible Betriebsweise von Stromspeichern (multi-use) zu ermöglichen, ohne von dem Grundsatz abzuweichen, dass nur Strom aus Erneuerbaren-Energien-Anlagen förderfähig ist. Speichern soll es dadurch ermöglicht werden, sowohl die fluktuierende Stromerzeugung aus EE zwischenzuspeichern als auch einen Beitrag zum Stromsystem zu leisten, indem sie Netzstrom zwischenspeichern können. Der BSW hatte sich in den vergangenen Monaten intensiv für eine Änderung der Ausschließlichkeitsregelung eingesetzt. „Es ist wichtig und richtig, dass Speicher flexibler betrieben werden können. Dabei ist nun zentral, dass die Bundesnetzagentur in enger Zusammenarbeit mit der Branche die notwendigen Festlegungen trifft,“ so Körnig. Quelle: BSW-Solar / ab