Ein stetig wachsender Anteil unseres Energiebedarfs wird durch Erneuerbare Energien wie Windkraft oder Photovoltaik gedeckt. Lag er 2021 noch bei rund 41 Prozent, so stieg er 2022 auf 46,2 Prozent. Ziel der Bundesregierung ist es, dass die Stromversorgung bis zum Jahr 2035 nahezu vollständig aus Erneuerbaren erfolgt. Dies erfordert neben einem raschen Ausbau der Solarenergie auch, die Laufzeit bestehender Anlagen so weit wie möglich zu verlängern. Dazu müssen die Rahmenbedingungen für alte als auch neue Anlagen sichergestellt werden. Denn auch bei neuen besteht die Gefahr, dass sie wegen frühzeitig auftretender Fehler und Defekte vom Netz genommen werden müssen.
Mittlerweile gibt es einige Firmen, die Reparaturlösungen für PV-Module anbieten, bisher jedoch keine Richtlinien oder Vorgaben, wie diese Reparaturen durchzuführen beziehungsweise zu überprüfen sind. Dies betrifft zum Beispiel von Rückseitenfolien (Backsheets) ausgelöste Modulfehler, bei denen in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen ist. Die Backsheets schützen die Solarzelle vor Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung und Feuchtigkeit und dienen der elektrischen Isolierung und mechanischen Stabilität. Auffälligkeiten führen meistens zu einem Versagen der Isolierwirkung und stellen somit ein immanentes Sicherheitsrisiko dar. Auch hat sich die Lage in den letzten Jahren verschärft, da viele neue Materialien auf den Markt gekommen sind und die Schichtdicken häufig verringert wurden, um Materialkosten zu senken.
Bewertung von Auffälligkeiten und Handlungsempfehlungen
Die vom Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP, zusammen mit sieben Partnern, entworfene VDE SPEC 90927 soll nun helfen, mit diesen Risiken umzugehen. Sie gibt Richtlinien für die Bewertung von Auffälligkeiten von Backsheets mit entsprechenden Handlungsempfehlungen vor. Neben optischen Bewertungen werden Analyseverfahren und mögliche elektrische Sicherheitsprüfungen zur vertieften Bewertung vorgeschlagen. Die VDE SPEC ist auf die meisten verbauten kristallinen Silizium- sowie Dünnschicht-Module mit Rückseitenfolien anwendbar.
Zusätzliche strengere Bewertungen können erfolgen, wenn PV-Systeme auf systemkritischer Infrastruktur, wie zum Beispiel einem Krankenhaus, oder anderweitig gefährdeten Gebäuden beziehungsweise Installationen, beispielsweise brandgefährdeten Dächern in einer Region mit hoher Waldbrandgefahr, angebracht sind.
Internationale Standardisierung angestrebt
„Primäres Ziel für das Fraunhofer CSP war die Erstellung einer Identifikations- und Klassifizierungsmatrix existierender Fehlerbilder von PV-Modulrückseitenfolien, auf deren Basis, Fehler nach ihrer Kritikalität bewertet werden können. Ferner wurde untersucht, wie sich Vorstufen der Schadensbilder kurz- und mittelfristig verändern, um so ein besseres Verständnis der Schadensprozesse zu erhalten und Modellbildungen von Schädigungsprozessen zu entwerfen. Damit verbunden sollen die Forschungsergebnisse und Erkenntnisse mittelfristig in die internationale Standardisierung einfließen“, sagt Bengt Jäckel, Gruppenleiter „Module, Komponenten und Fertigung“ am Fraunhofer CSP, Halle (Saale).
Projektpartner waren neben dem Fraunhofer CSP die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE), das Forschungszentrum Jülich GmbH, die Hochschule Anhalt, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, die Aluminium Féron GmbH & Co. KG, die HaWe Engineering GmbH sowie die Sunset Energietechnik GmbH. Quellen: Fraunhofer IMWS / Fraunhofer CSP / ab