Laut krachend lässt eine Baggerschaufel Bauschutt auf den Anhänger eines Traktors fallen. Hellgrauer Staub wirbelt auf. Wie in einer einzigen Bewegung wendet der Bagger, während gleichzeitig die Baggerschaufel herabsinkt. Dann frisst sie sich erneut in einen riesigen Berg aus Bauresten, vorwiegend Mauerwerkbruch, der üblicherweise als Abfallstoff gilt. Nicht so für Wolfgang Büscher. Für den Geschäftsführer des Herstellers von Betonfertigteilen handelt es sich bei vielmehr um einen Wertstoff. Und der fällt in beachtlichen Mengen in Deutschland an. 2018 waren es dem Umweltbundesamt zufolge 73,9 Millionen Tonnen. Von den recycelten Baustoffen wurden jedoch lediglich 15,8 Millionen Tonnen in der Asphalt- und Betonherstellung eingesetzt. Technisch ließe sich noch weit mehr Bauschutt aus dem Hochbau wieder für den Hochbau aufbereiten.
Recycling-Verfahren vermeidet 13 Prozent Treibhausgase
Auf dem Platz des Familienunternehmens Betonwerk Büscher liegt der aufgeschichtete Wertstoff nach Größe sortiert in unterschiedlichen Kammern. Der Wertstoff lagert aber nicht nur auf dem Unternehmensgelände, er wird dort auch weiterverarbeitet. In einer großen Produktionshalle trocknen frisch gegossene Innenwände aus reinem Abbruchmaterial. Büscher stellt Wandelemente mit bis zu elf Metern Länge und 3,7 Metern Höhe her. Das Unternehmen hat eine Ökobilanz-Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Eine ein Quadratmeter große und 14 Zentimeter dicke Recycling-Stahlbeton-Innenwand von Büschers verursacht 13 Prozent weniger CO2-Emissionen als eine Standard-Stahlbeton-Innenwand gleicher Größe. Die Entwicklung dieser effizienten Bausysteme aus gemischtem Mauerwerkabbruch hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mit 400.000 Euro gefördert.
Ein Mehrfamilienhaus aus Recyclingmaterial
Dass die Wände aus Natursteinersatz im seriellen und kostengünstigen Wohnungsbau eingesetzt werden können, wollten die Brüder selbst beweisen. Nur fünf Fahrminuten vom produzierenden Unternehmen entfernt haben sie neu gebaut: ein Drei-Parteien-Miethaus, bei dem alle Innenwände aus 100 Prozent Recyclingbeton bestehen. „Durch dieses Haus können wir auch zeigen, dass unsere Wände den herkömmlichen qualitativ ebenbürtig sind“, erklärt Büscher. Er weist im Eingangsbereich auf eine bewusst sichtbar gebliebene Wand aus Mauerwerkabbruch. Rote Bruchsteine und grauer Beton sind zu sehen. Alle anderen Innenwände sind so unauffällig hellgrau wie man es von Beton kennt. Neben eingesparten Ressourcen und Treibhausgasen bietet der Recyclingbeton eine kürzere Bauzeit als weiteren Vorteil. Grund: Die Innenwände lassen sich individuell vorfertigen. Nach kaum vier Monaten Bauzeit ist das Recyclinghaus nun bezugsfertig.
Große Herausforderungen beim Wohnungsbau mit Recyclingbaustoffen abmildern
Recyclingbeton schont Rohstoffe wie Kies und Sand sowie deren Abbauflächen, entlastet Deponien und ist energieeffizienter als herkömmliche Verfahren. Zudem bindet Altbeton Kohlenstoffdioxid und trägt somit zur Treibhausgasminderung bei. Dass sich Recyclingbaustoffe aus sogenannten Porenbetonrezyklaten als Wände in einem Bauvorhaben eignen, hat erstmals das Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien Bremen 2020 nachgewiesen. Laut einer von der DBU geförderten Studie sind solche Recyclingbaustoffe allerdings baurechtlich nicht geregelt. Deren Verwendung kann demnach lediglich über eine Zustimmung im Einzelfall oder eine Zulassung erfolgen. Genau diese Hürde haben die Büscher-Brüder genommen. Als erster in Deutschland erhielt das Unternehmen 2021 die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik. Quelle: DBU / jb
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