Wände müssen atmen können, sonst droht in der Wohnung zu feuchte Luft und Schimmel. Eine Wärmedämmung schadet deshalb nur. Diese Vorstellung hält sich in den Köpfen der Deutschen. Doch sie ist falsch. Denn Belüftung und Austausch von feuchter, verbrauchter Innenluft erfolgt nicht über die Wände, sondern durch das Öffnen der Fenster oder eine Lüftungsanlage. Darauf weist das Informationsprogramm Zukunft Altbau hin. Wände selbst können nicht atmen. Schimmel an Wandstellen ist die Folge eines zu geringen Luftwechsels, nicht wegen der Dämmung der Fassade. Eine Dämmung der Außenwände vermindert vielmehr das Schimmelrisiko, da sie die Oberflächentemperatur der Wand erhöht.
Undichte Fenster lüften unkontrolliert und dauerhaft
Die Vorstellung, gedämmte Fassaden seien schädlich, geht auf einen Messfehler aus dem 19. Jahrhundert zurück. Unterlaufen ist er Max von Pettenkofer. Pettenkofer ist einer der Begründer der modernen Hygiene und schuf eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung des Periodensystems. Doch bei der „Wandatmung“ täuschte er sich. Von fehlerhaften Messergebnissen ausgehend – ein offener Kamin wurde nicht verschlossen – kam der Forscher zu dem Schluss, Steinwände seien atmungsfähig. Bereits seit 1928 ist diese Theorie widerlegt. Die Idee war aber in der Welt und bekam ein Eigenleben.
Richtig ist: Durch keine Art von Wand ist ein relevanter Austausch von Luft möglich. Die Abgabe von feuchter, verbrauchter Luft nach draußen erfolgt fast ausschließlich über das Lüften oder über undichte Fenster. Letzteres ist besonders in unsanierten Häusern der Fall. „Alte Fenster lassen über undichte Fugen unkontrolliert Außenluft nach innen – aber auch viel Heizwärme ins Freie und zwar vor allem gerade dann, wenn es draußen kalt ist. So entsteht die ungemütliche Zugluft“, erklärt Frank Hettler von Zukunft Altbau.
Bei neuen Wärmeschutzfenstern ist das nicht der Fall. Sie haben keine undichten Fugen. Dadurch zieht es nicht mehr, die Wohnung muss gezielt gelüftet werden. Geschieht das nicht, drohen dicke Luft und an schlecht gedämmten Bauteilen im schlimmsten Fall sogar Schimmel. Der gesundheitsschädliche Pilz wächst dort, wo warme, feuchte Raumluft auf kalte Oberflächen trifft und kondensiert. Darin sind sich alle Baufachleute einig. „Eine fachgerechte Wärmedämmung vermindert maßgeblich das Schimmelrisiko, denn mit ihr bleiben die Innenseiten der Wände warm. So wird vermieden, dass sich Feuchtigkeit aus der Luft auf ihnen niederschlägt“, erklärt Markus Weißert vom Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade Baden-Württemberg. „Dämmen ist deshalb eine sehr effektive Strategie gegen die Schimmelgefahr.“
Lüften nicht vernachlässigen
Die Feuchtigkeit in der Luft wird am besten durch regelmäßiges Querlüften niedrig gehalten. Dreimal täglich für einige Minuten gegenüberliegende Fenster ganz aufzumachen, reicht häufig aus. Auf keinen Fall sollten Fenster längere Zeit gekippt bleiben, auch nicht im Schlafzimmer oder der Toilette. Dadurch kühlen die Wände nur unnötig aus. Hilfreich ist ein Hygrometer, das den relativen Luftfeuchtegehalt misst. Liegt der Wert längere Zeit über 60 Prozent, ist Lüften angesagt.
Wem dies zu aufwändig ist, sollte sich eine automatische Lüftungsanlage zulegen. Denn mit ihr gelingt ein ausreichender Luftaustausch am effektivsten. Moderne Lüftungsanlagen lüften automatisch, die Nutzer müssen sich nicht mehr darum kümmern. Systeme mit Wärmerückgewinnung sparen außerdem wertvolle Heizenergie. Je nach gewähltem System verhindert das maschinelle Lüften zudem, dass Lärm, Feinstaub, Pollen und Insekten in die Räume gelangen. So wird das Wohnen komfortabler. „Es ist wie bei der Geschirrspülmaschine“, sagt Hettler, „Es geht auch ohne, aber wer einmal eine Lüftungsanlage hat, will sie nicht mehr missen.“ Quelle: Zukunft Altbau / jb
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