Und die Branche wird sich in Geduld üben müssen. Wesentliche Weichenstellungen sind ersten in den kommenden Jahren zu erwarten, denn die erneute Verschiebung der Zuständigkeit für Bauen, nun vom Umweltministerium zum Bundesminister für „Innen, Bau und Heimat“, wird über viele Wochen die Facharbeit lähmen.
- Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung, in einem Kommentar im Tagesspiegel: „Der Kurs stimmt, und es sind gute Ansätze erkennbar.“ Und weiter: „Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen sind wichtig, für die Erreichung der gesteckten Ziele wird aber noch einiges hinzukommen müssen.“ Als besondere Herausforderung stuft Kuhlmann in der Veröffentlichung den Zeitplan für die Energiewende-Kommissionen an – die ja zuerst konstituiert werden müssen – deren identifizierten Maßnahmen aber schon 2019 in einer rechtlich verbindliche Umsetzung münden sollen.
- Der Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker – Bundesverband (GIH) hat seine Stellungnahme mit „Koalitionsvertrag springt energiepolitisch zu kurz“ überschrieben. „Die Energiepolitik wird stiefmütterlich behandelt und längst nötige Weichenstellungen bleiben aus.“ Lobenswert seien jedoch die Pläne zur Verstetigung der Förderlandschaft sowie zur steuerlichen Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen. „Problematisch ist vor allem, dass der Weg zum Niedrigstenergiegebäude nicht gegangen wird. Die EU-Anforderungen an Gebäude sind auf Basis der aktuellen energetischen Vorgaben für Bestand und Neubau schlichtweg nicht erreichbar.“ Weitere lobenswerte Schritte in die richtige Richtung seien der adressatengerechte Ausbau der Energieberatung sowie die Einführung einer steuerlichen Sanierungsförderung. „Bauchschmerzen“ bereitet dem Verband jedoch die angedachte Fokussierung künftiger gesetzlicher Vorgaben auf CO2-Emissionen. „Wir treten ganz klar für eine ganzheitliche Betrachtung von Gebäuden ein, also von Hülle und Technik. Der CO2-Ausstoß darf gerne als eine zusätzliche Anforderung aufgenommen werden. Würde ausschließlich auf die CO2-Einsparung geachtet, könne dies zu Lasten des Wärmeschutzes an der Gebäudehülle gehen.“ Fraglich sei auch, ob es im CO2-Gebäudesanierungsprogramm langfristig Sinn mache, den Austausch alter und ineffizienter Heizungsanlagen gegen moderne und hocheffiziente Heizungen zu fördern, die aber immer noch mit ausschließlich fossilen Brennstoffen arbeiten.
- Das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) hat die GroKo-Vereinbarungen mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen. „Aus unserer Sicht zeigen die Koalitionäre in energie- und klimapolitischen Fragen zu wenig Ehrgeiz“, kommentiert der DEN-Vorsitzende Hermann Dannecker. „Es gibt einige begrüßenswerte Vereinbarungen zwischen den Parteien, aber insgesamt wirkt das Papier wenig ambitioniert. Die Systematik und die klare Zielsetzung, welche der Koalitionsvertrag 2013 noch erkennen ließ, fehlt hier.“ Begrüßt werden die angekündigte steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen und die Verstetigung und endkundenfreundliche Umgestaltung von KfW-Programmen. Kritisiert wird die Aussage: „Die Energieberatung wollen wir ausbauen und adressatengerechter gestalten.“ Dannecker: „Was soll das denn konkret heißen? Erst vor wenigen Wochen wurde der Kreis antragsberechtigter Energieberater enorm erweitert – eine umstrittene Entscheidung. Wir können nur dringend davor warnen, Unabhängigkeit und Qualität von Energieberatern – wie sie vor vier Jahren noch im damaligen Koalitionsvertrag eigens festgeschrieben wurde – weiter zu reduzieren. Vielmehr hätte man endlich dazu kommen sollen, ein eigenes Berufsbild für EnergieberaterInnen zu schaffen.“ DEN kritisiert zudem, dass die Koalitionäre bei der Dekarbonisierung zu zaghaft vorgehen wollen. DEN-Vorstand Hinderk Hillebrands: „Einerseits für den Einsatz erneuerbare Energieträger im Gebäudebereich einzutreten und gleichzeitig etwa die Ölbrennwerttechnik zu fördern, ist widersinnig. Diese sogenannte Technologieoffenheit ist ein Kotau vor der Lobby der großen Heizungshersteller.“
- Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hat die im Koalitionsvertrag enthaltenen Maßnahmen für den Wärmemarkt, „insbesondere die technologieoffene Ausgestaltung der Förderkulisse“ begrüßt. BDH-Präsident Manfred Greis: „Bis 2030 müssen 13 Mio. völlig veraltete Wärmeerzeuger ausgetauscht werden, um das Klimaziel zu erreichen. Um den Sanierungsstau aufzulösen werden alle verfügbaren Effizienztechnologien benötigt […] auch die hocheffiziente Brennwerttechnik. Bis 2050 muss die Anlagentechnik ohnehin noch zweimal erneuert werden, und im größten Teil des Gebäudebestands sind zunächst mehr oder weniger aufwändige bauliche Maßnahmen erforderlich, bevor eine Wärmepumpe dort ihr Effizienzpotenzial auch vollständig ausschöpfen kann. Das kostet Zeit und Geld. Daher empfiehlt es sich in vielen Fällen, schrittweise vorzugehen und schnellstmöglich einen Brennwertkessel oder ein hybrides System einzusetzen, während die folgenden Jahre für die Dämmung von Dach und Hülle sowie den Einbau von Isolierfenstern genutzt werden.“
- Für den Bundesverband Wärmepumpe (BWP) ist der Koalitionsvertrag „eine wärmepolitische Enttäuschung.“ BWP-Geschäftsführer Martin Sabel: „Der Koalitionsvertrag lässt die erforderliche Ambition vermissen, um die Energiewende im Heizungskeller wirklich und wirkungsvoll voranzubringen. Angesichts der Bedeutung dieses Sektors für die Energie- und Klimaziele ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung.“ Bei den Inhalten der Regierungsvereinbarung seien bestenfalls homöopathische Maßnahmen erkennbar. Sabel: „Eine Vereinfachung und Entbürokratisierung des Energieeinsparrechts und die Fortführung der bestehenden Förderprogramme sind natürlich grundsätzlich positiv und werden von uns begrüßt – sie treffen aber nicht den Kern des Problems. Vor allem eine Reform der Steuern, Abgaben und Umlagen im Energiebereich sowie eine Weiterentwicklung der Neubaustandards wären aus unserer Sicht notwendig.“
- Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) bewertet den Koalitionsvertrag mit „mehr Licht als Schatten“: „Im Kapitel Bauen werden richtige Investitionsanreize gesetzt: Dazu zählen die Wohnraumoffensive, die Einführung eines Baukindergelds, die Fortführung der Förderung der energetischen Gebäudesanierung (inkl. einer steuerlichen Förderung derselben), die Einführung steuerlicher Anreize im frei finanzierten Wohnungsbau […]. Auf der anderen Seite werden mit der Verschärfung der Mietpreisbremse und der Absenkung der Modernisierungsumlage auf max. 3 Euro/m2 die Bemühungen um höhere private Investitionen konterkariert. Ohne eine Ausweitung der energetischen Gebäudesanierung sind jedoch die Klimaschutzziele nicht zu erreichen.“
- Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG): „Die Klimapläne […] sind dürftig und inkonsequent. Es ist ein schwerer Fehler, die energetische Sanierung der Gebäude in Deutschland derartig zu vernachlässigen. Energiepolitisch wird Deutschland damit um Jahre zurückgeworfen.“
- Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Die Vereinbarungen im Bereich Energiepolitik sind kein großer Wurf, sondern mutloses Mikromanagement. […] Ein [..] großes Manko: Strom soll nicht von Steuern und Abgaben entlastet werden.“
- Deutsche Umwelthilfe (DUH): CDU, CSU und SPD scheiterten in ihrem Verhandlungsmarathon daran, sich auf konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz, wie den Kohleausstieg, mehr Gebäudeeffizienz und CO2-Einsparung im Verkehrssektor zu einigen. Stattdessen wird die Verantwortung auf Kommissionen ausgelagert. Diese Verschiebung politischer Entscheidungen in außerparlamentarische Kommissionen wird […] dazu führen, dass über die kommenden Monate bis Jahre das gesetzliche Handeln im Klimaschutz weiter auf Eis liegen wird.“
- Bundesverband Solarwirtschaft (BSW): „Der Koalitionsvertrag bietet Chancen für den stärkeren Ausbau von Solar- und Speichertechnologie, enthält aber auch erhebliche Defizite – eine schnelle Umsetzung und Nachbesserungen sind erforderlich.“
- Zukunft Erdgas: „Wenn dieser Koalitionsvertrag der Kompass für die kommenden vier Jahre sein soll, dann wird das in vielen Bereichen eine energie- und klimapolitische Irrfahrt.“
Einen Auszug der Gebäude- und Energiethemen im Koalitionsvertrag enthält der Artikel Energieberater-Themen im GroKo-Vertrag.