Allgemein sind die Investitionen in die energetische Sanierung in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden. Die Installation einer Luft/Wasser-Wärmepumpe beispielsweise kostete im Jahr 2020 noch zirka 14.000 bis 16.000 Euro. Kaum drei Jahre später erscheinen zunehmend auch Preise oberhalb 30.000 Euro akzeptabel, mit Heizkörpertausch im Einfamilienhaus auch 40.000 Euro. Würde sich das Preisniveau etablieren, wäre das eine Steigerung von mehr als 100 Prozent in drei Jahren.
Preisanstiege werden gerne mit Allgemeinplätzen begründet: „Preise steigen halt, wenn die Nachfrage steigt“. Das Argument ist aber doch ein wenig zu einfach. Preise steigen nicht von sich aus. Es liegen immer Einzelfallentscheidungen der Verkäufer zugrunde, die zum guten Teil auf betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit und möglicherweise auf Gewinnmaximierung basieren. Für Verbraucher:innen wäre es klug zu fragen, ob die Preise vor dem Hintergrund der allgemeinen Preissteigerung beispielsweise anhand des Verbrauchspreisindex‘ angemessen sind. Abb. 1 bietet hierzu eine grobe Orientierung.
Gemäß dem Statistischen Bundesamt betrug die allgemeine Preissteigerung von 2020 bis März 2023 lediglich 16,5 Prozent (Verbrauchspreisindex = 116,5). Der orange Graph stellt den theoretischen Preisverlauf im Rahmen der allgemeinen Preissteigerung dar. Aus den am Markt auffallenden Hochpreisangeboten für Luft/Wasser-Wärmepumpen (blauer Graph) kann jedoch ein Anstieg von mehr als 100 Prozent seit 2020 abgeleitet werden.
Wären – provokant gefragt – derartige Entwicklungen auch für Autos akzeptabel? Immerhin sind die Neuwagenpreise laut ADAC in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich um 19 Prozent gestiegen, wobei die allgemeinen Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum um rund 16 Prozent gestiegen sind. Von drei Prozent Teuerung über dem Schnitt können Verbraucher:innen, die mit einer Wärmepumpe liebäugeln, nur träumen. Das erweckt den Eindruck, dass es noch andere Ursachen für den Preisauftrieb geben könnte als den oft zitierten Fachkräftemangel und die Lieferkettenproblematik.
Wer soll das bezahlen?
Zur Installation einer Wärmepumpe im Jahr 2020, mit ca. 15.000 Euro Kosten und einer Förderung von 35 bis 45 Prozent, mussten noch etwa 8.300 Euro aus eigenen Mitteln beigesteuert werden. Im Jahr 2023 werden Verbraucher:innen bei Kosten von bis zu 40.000 Euro und einer 40-prozentigen BEG-Höchstförderung für Einzelmaßnahmen nun mit 24.000 Euro belastet. Die Staatskasse und somit die Verbraucher werden über den zwangsläufig höheren Steuermitteleinsatz des Bundes noch zusätzlich belastet.
Zur Darstellung der steuerlichen Belastung infolge des Preisauftriebs taugt ein fiktives Beispiel. Wenn für die Hälfte der 16 Millionen Einfamilienhäuser Deutschlands im Jahr 2020 eine Förderung für eine Wärmepumpe gezahlt worden wäre, hätte das die Staatskasse immerhin schon stattliche 50 Milliarden Euro gekostet. Bei 35.000 bis 40.000 Euro Investment wären das bei aktueller Förderung beinahe 100 Milliarden Euro. Getreu dem alten Schlager von Jupp Schmitz stellt sich die Frage: „Wer soll das bezahlen?“ Es schadet sicher nicht, der Frage nachzugehen, was die Preise antrieb, unter Umständen finden sich Möglichkeiten, die Lasten für Verbraucher und Staatskasse zu lindern.
Was könnte die Preise beflügeln?
Das Statistische Bundesamt weist in der Pressemitteilung vom 3. März 2023 aus, dass Handwerksleistungen im Heizungsbau zuletzt überdurchschnittlich teurer wurden. Im Januar 2023 zahlten Verbraucherinnen und Verbraucher 19 Prozent mehr als im Vormonat. Die Verbraucherpreise sind nur um gut 8,7 Prozent gestiegen. Sicher spielen Kostenanstiege für Installationsmaterialien und Löhne eine Rolle. Es fällt jedoch schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass Goldgräberstimmung am „Markt um die Wärmepumpe“ herrscht.
Fördert Marktanreiz Goldgräberstimmung?
Der Markt wurde wesentlich durch Fördersysteme, wie das damalige Marktanreizprogramm des Bundes, belebt. Seit 2021 ist es zusammen mit dem Förderangebot der KfW in die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) eingebunden. Dass Förderungen auch „Mitnahmeeffekte“ einzelner Unternehmen auslösen, ist eine Binsenweisheit. Das Wort taugt als Unwort des Jahres, da es ungehemmtes Gewinnstreben vernebelt.
Zur Klarstellung: Hier geht’s nicht um pauschale Wirtschaftskritik. Glücklicherweise gibt es auch Unternehmen, die angemessen abrechnen. Und diese kommen auch nicht um Preiserhöhungen infolge Lohnanhebungen, eingeschränkter Materialverfügbarkeit, etc. herum. Solange die Erhöhung an den allgemeinen Preisanstieg angelehnt ist, ist das akzeptabel.
Der Hochlauf des Wärmepumpeneinsatzes ist auch seit Jahren überfällig. Eine effizientere Heiztechnik für die breite Anwendung ist am Markt praktisch nicht vorhanden. Auch ist von einem Bundeswirtschaftsministerium nun primär Wirtschaftsförderung zu erwarten. So war das gut funktionierende Marktanreizprogramm im Prinzip folgerichtig, als um den Einsatz der Wärmepumpe am Markt noch gebuhlt werden musste.
Ob das Konzept Marktanreiz mit seinen preissteigernden Effekten jedoch heute noch zielführend ist, darf bezweifelt werden. Beispielsweise verkaufen sich Wärmepumpen „wie geschnitten Brot“. Laut einer Analyse von Immowelt macht es inzwischen sogar einen markanten Unterschied bei Immobilienpreisen, ob diese Geräte installiert sind oder eben konventionelle Heiztechnik. So werden für Einfamilienhäuser mit Wärmepumpe 13 Prozent höhere Verkaufspreise verzeichnet, für Eigentumswohnungen sogar 17 Prozent. Der Bund steht nun vor der schweren Aufgabe, dass weder Handwerk und Hersteller aus Verbraucherschutzgründen, noch Verbraucher:innen aus Gründen der Wirtschaftsförderung gegeneinander ausgespielt werden dürfen.
Wo liegt dann der Fehler?
Die Förderung enthält im Moment keine wirkungsvolle Preisregulierung. Beispielsweise gilt im Programm der Bundesförderung Einzelmaßnahmen (BEG EM) eine Obergrenze der förderfähigen Kosten von 60.000 Euro pro Wohneinheit. Die Summe war einmal für den Fall festgelegt worden, dass etwa zwei bis drei Einzelmaßnahmen oder die teure Dachsanierung umzusetzen sind. Scheinbar motiviert die hohe pauschale Kostengrenze einzelne Unternehmen dazu, Preise aufzurufen, die deutlich oberhalb des Niveaus liegen, das für die jeweilige Einzelmaßnahme angemessen ist.
Was könnte funktionieren?
So könnte ein „gleitender Deckel“ der förderfähigen Kosten, beispielsweise für den Einbau von Wärmepumpen inklusive erforderlicher Nebenleistungen, abhängig von der allgemeinen Preisänderung, Gebäudegröße, Typologie und Baujahr, eine gezieltere Förderung des jeweiligen Projektes erlauben. Kostenbasis könnte das Jahr 2020 sein. Der Preisanstieg liegt seitdem immerhin bei 16,2 Prozent.
Die fördernden Institutionen könnten im Rahmen der sowieso stattfindenden Stichprobenprüfungen die Angebote auf wirtschaftliche Plausibilität prüfen. Angelehnt an die Angebotsprüfung bei öffentlichen Ausschreibungen könnte bei erheblichen Überschreitungen der festgelegten Benchmarks die Kalkulation eingesehen und Plausibilisierung eingefordert werden. Die von der Koalition vorgeschlagene einkommensabhängige Staffelung zur gerechten Lastenverteilung könnte ungehindert eingebunden werden.
Wenn die Förderwürdigkeit nicht nur von der Einhaltung der technischen, sondern auch der wirtschaftlichen Mindestanforderungen zur Einhaltung von Preisgrenzen abhängig wäre, ist anzunehmen, dass sich die Preise tendenziell normalisieren.
Licht am Ende des Tunnels?
Die Berliner Zeitung zitiert Professor Volker Quaschning sinngemäß, dass in absehbarer Zeit fallende Systempreise aus einem Überangebot an Wärmepumpen zu erwarten seien, „da auch ostasiatische Hersteller auf den europäischen Markt stürmen“. Der Effekt des Fachkräftemangels auf die Preisgestaltung wird bis dahin wohl nicht gelöst sein, die zukünftige Anbietervielfalt könnte dennoch die Preise dämpfen.
Laut dem Beratungsunternehmen Deloitte zeigen die durch Pandemie, Krieg und Konflikte gebeutelten Lieferketten zuletzt ein wenig Entspannung, die sich im heimischen Markt bisher jedoch nicht deutlich abzeichnet. Die rasant wachsenden Produktionskapazitäten für Wärmepumpen in Europa könnten ein positives Signal sein, dass die Hersteller mit ausreichender Materialverfügbarkeit kalkulieren. Bleibt zu hoffen, dass in den verantwortlichen Stellen daran gearbeitet wird, zukünftige Fördersysteme näher am Verbraucherschutz als an der Wirtschaftsförderung zu orientieren.