Geschäftsfelder im Auf- und Abwind, widrige Gegebenheiten bei der Energieberatung, die Zusammenarbeit mit KfW, BAFA & Co. sowie die Motivation und Erwartungshaltung von Kunden – all das stand bei der diesjährigen Umfrage der Redaktion rund um den Energieberater-Alltag im Mittelpunkt. Bei einigen Themen zeigte sich die Fortentwicklung von Trends, die die Redaktion über Kontakte mit Energieberatern oder durch die Frage des Monats schon beobachtet hatte. Zutage kamen aber auch ganz neue Erkenntnisse.
Energieberater arbeiten viel für wenig
Der Berufsalltag nimmt bei vielen Energieberatern einen großen Raum ein. 73 % arbeiten mehr als 40 Stunden, 27 % davon sogar über 50 Stunden (Abb. 1). Ein Grund dafür ist sicher der hohe Anteil an Selbstständigen (bei der Frage des Monats im September 2015 gaben 81 % an, die Energieberatung selbstständig auszuüben), wodurch mehr Zeit für Verwaltung und Organisation anfällt. Dazu kommt, dass Energieberater nur einen Teil der Arbeitsstunden auch abrechnen können (Abb. 2). 22 % gaben sogar an, dass sie für weniger als die Hälfte ihrer Tätigkeit ein Honorar verlangen können. Damit hat sich der Trend zu größerem Verwaltungs- und Fortbildungsaufwand weiter verstärkt, der sich schon bei der Frage des Monats im April 2014 zeigte.
Einzelmaßnahmen im Auf-, Vor-Ort-Beratung im Abwind
Bei der GEB-Leserumfrage 2011 (s. Beitrag „ Motivation Leidenschaft“ im GEB 01-2012) war der Energieausweis für Wohngebäude der Spitzenreiter unter den Leistungen der Energieberater, gefolgt von Energiekonzepten für Bestandsgebäude und Fördermittelberatungen. Auf Platz 4 landeten damals EnEV-Nachweise und Beratungen für KfW-Effizienzhäuser. Mittlerweile sind allerdings die KfW-Einzelmaßnahmen an die erste Stelle gerückt (Abb. 3). Auf Platz 2 folgt der Bedarfsausweis und danach die Baubegleitungen. Dasselbe Bild ergab auch die Frage nach den Geschäftsfeldern, die im Aufwind sind (Abb. 4). Die Teilnehmer führten hierbei am häufigsten die KfW-Förderprogramme an, wobei explizit Einzelmaßnahmen von der Hälfte genannt wurden. Auch Beratungen für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU), Sanierungsberatung und -konzepte, Schimmelberatung sowie Energieaudits (EDL) wurden vereinzelt genannt.
Auf dem absteigenden Ast befindet sich hingegen die BAFA-geförderte Vor-Ort-Beratung – und zwar mit Abstand. Energieberater nannten den Energieausweis zwar auch häufig bei den abnehmenden Geschäftsfeldern. Doch etwa doppelt so viele Teilnehmer zählten ihn zu den zunehmenden Geschäftsfeldern. Thermografie und die Beratung für KMU sahen einzelne auch im Rückgang.
Hürden im Energieberater-Alltag
Energieberater treffen auf eine akzeptable Zahlungsmentalität – nach Rechnungsstellung müssen sie meist weniger als einen Monat auf ihr Geld warten, lediglich bei der öffentlichen Hand dauert es auch mal ein bis zwei Monate. Doch dafür erwarten sie zahlreiche andere Hürden im Berufsalltag (Abb. 5). So sind unvollständige Pläne oder Daten an der Tagesordnung. Häufig stellen die Kunden die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen an die erste Stelle. Immer wieder erwarten sie auch geringere Honorare von den Energieberatern.
Bei dieser Frage lieferten die Teilnehmer eine Flut von Anmerkungen. Viele berichteten, dass ihnen die Billigmentalität der Kunden Schwierigkeiten bereite. Zudem können Verbraucher oft nicht die Unterschiede zwischen den verschiedenen Energieberatungs-Angeboten (z. B. Verbraucherzentrale, Bafa Vor-Ort-Beratung) erkennen. Auch mit der stiefmütterlichen Behandlung oder der fehlerhaften Ausführung des hydraulischen Abgleichs haben Energieberater immer wieder zu tun. Einige ausgewählte kritische Stimmen und hilfreiche Ratschläge finden sich in (Abb. 6).
Zusammenarbeit mit Institutionen meist gut
Die Redaktion hat auch gefragt, wie die Energieberater die Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen sehen. Die Beurteilung reichte von gut bis mittelmäßig (Abb. 7). Am besten wurde die KfW eingestuft, gefolgt von der Registrierstelle für Energieausweise (DiBT), im Mittelfeld lagen die Energieeffizienz-Expertenliste der dena sowie das Bafa. Schlusslicht sind die untersten Baubehörden und die Energieagenturen. Gefragt wurde auch, wie die Energieberater die Informationen dieser Institutionen beurteilen. Dabei wurde die KfW etwas besser als „gut“ bewertet. BAFA, Energieeffizienz-Expertenliste und DiBT schnitten dabei zwischen gut und mittelmäßig ab.
Gründe für die fehlende Sanierungslust
Dass die Sanierungsquote nieder ist, sehen die Umfrageteilnehmer darin begründet, dass einige Maßnahmen nicht wirtschaftlich sind oder sich erst nach langer Zeit rechnen. Manches ist schlichtweg so teuer, dass den Gebäudeeigentümern das Geld fehlt oder es nicht liquide zur Verfügung steht. Auch das hohe Alter vieler Immobilieneigentümer wirkt hinderlich. Dazu kommt die Verunsicherung der Verbraucher durch widersprüchliche Aussagen und die Negativberichterstattung in den Medien, z.B. zum „Dämmwahn“. Ein weiterer Grund sind die niedrigen Gas- und Ölpreise. Viele beklagten auch die fehlende politische Linie in Sachen Energiewende und Energieeffizienz. Energieberater werden zwar häufig nach Förderungen gefragt, doch der Dschungel der Förderungen und Vorschriften sowie die dazugehörige Bürokratie verschreckt Sanierungswillige.
Einige hingegen berichteten, dass Sanierungen in ihrem Gebiet zunehmen, doch es gebe Engpässe beim Handwerk und auch sie selbst seien ausgebucht. (Abb. 8)
Auftragsquelle Nr. 1: der eigene Kunde
Seit Jahren steht eine Quelle für Aufträge an erster Stelle jeder unserer Umfragen: die Empfehlung anderer Kunden. Dies ist derart stabil und zuverlässig, dass Energieberatern unbedingt anzuraten ist, das als Empfehlungsmarkting aktiv zu nutzen. Das kann z. B. eine „Kunden-werben-Freunde-Aktion“ sein oder eine Vortragsveranstaltung, zu der bestehende Kunden Bekannte mitbringen. Referenzen mit Fotos und positiven Kundenstimmen auf der eigenen Internetseite oder in Social-Media-Kanälen sind weitere Möglichkeiten.
Auf dem zweiten Platz landeten Kooperationen. Die Energieeffizienz-Expertenliste belegte dieses Mal Platz 3 und wurde damit von den Energieberatern wirksamer als bei der Frage des Monats im Oktober 2013 bewertet (Abb. 9)
Struktur der Teilnehmer: mehr Vollzeit-Energieberater
25 % der Teilnehmer sind Mitglied im GIH, 21 % im DEN. Weitere 15 % nannten sonstige Verbände wie Architekten- oder Handwerkskammern oder regionale und lokale Netzwerke. Mit 41 % machten Ingenieure den größten Anteil aus, gefolgt von Architekten (19 %), Technikern (15 %) und Handwerkern (14 %). Unter den sonstigen Nennungen (12 %) sind vor allem Physiker vertreten.
Ein neues Bild zeigt sich beim Anteil der Energieberatung an der gesamten beruflichen Tätigkeit. In den vergangenen Jahren war hier immer eine U-Kurve zu sehen z. B. bei der Frage des Monats im April 2011. Knapp die Hälfte übte die Energieberatung damals zu einem recht kleinen Anteil von unter 20 % aus und nur 15 % gaben an, Vollzeit-Energieberater zu sein. Bei der diesjährigen Umfrage waren die Anteile relativ gleichmäßig verteilt. Der Anteil der Vollzeit-Energieberater ist auf 20 % gestiegen (Abb. 10).
Fazit: Kunden kleckern anstatt zu klotzen
Der starke Fokus der Energieberatungs-Kunden auf der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen, die stark gestiegene Bedeutung von Einzelmaßnahmen und die weiter abnehmende Tendenz der BAFA-geförderten Vor-Ort-Maßnahmen – all das lässt darauf schließen, dass Gebäudeeigentümer sich scheuen oder schwer tun, ihr ganzes Gebäude energetisch auf Vordermann zu bringen. Es ist jedoch auch nicht so, dass sie gar nichts tun. Anstatt des „großen Ganzen“ werden aber nur einzelne Maßnahmen angegangen – vermutlich an den dringlichsten Stellen z. B. weil der Heizkessel die nächste Heizperiode nicht mehr übersteht oder der Wind durch die Fensterritzen pfeift.
Auch hier sind Energieberater wichtige Ratgeber. Sie können den Hausbesitzern die Einzelmaßnahme in den Kontext eines Sanierungsfahrplans stellen und damit vermeiden, dass sie sich den Weg zu einem abgestimmten energetischen Gesamtkonzept verbauen. Auf die Förderung von Einzelmaßnahmen wird zwar derzeit gerne zugegriffen. Jetzt sollten aber die Fördermittelgeber auch z. B. durch ein gestuftes Bonus-System den Einstieg in einen Sanierungsfahrplan unterstützen.
Die energetische Gebäude-Sanierung hat in der letzten Zeit keinen spürbaren Rückenwind von politischer Seite bekommen und das ist auch derzeit nicht in Aussicht. Doch Energieberater haben starke Fürsprecher: zufriedene Kunden, die als Multiplikatoren wirken. Deshalb sollten sie Energieberater stärker und aktiver nutzen.
Die GEB-Redaktion bedankt sich bei allen Teilnehmern für die Beantwortung der Fragen. Wir fragten auch anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Fachzeitschrift Gebäude-Energieberater, warum die Teilnehmer den GEB lesen, was er für sie bedeutet und wie er sie im Alltag begleitet. Die Antworten darauf lesen Sie ab S. 6 und in den folgenden Ausgaben.
Die Teilnehmer der Umfrage wurden von der Redaktion über das Heft, den Newsletter und die Website auf die Umfrage aufmerksam gemacht. Die Umfrage wurde in Kooperation mit den beiden VerbändenGIH (Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker) undDEN (Deutsches Energieberater-Netzwerk) durchgeführt, die in ihren Newslettern auch darauf aufmerksam gemacht hatten. Die Teilnahme war freiwillig und ohne Vorauswahl, weshalb die Ergebnisse lediglich die Struktur der Umfrageteilnehmer spiegeln. Stand: 4. September 2015.
Überrascht, bestätigt, nachdenklich? Schreiben Sie uns Ihre Meinung zur Umfrage an grossmann@geb-info.de!