Klimawandel und Klimaschutz sind seit Jahren Themen, die in der öffentlichen Debatte für große Aufmerksamkeit sorgen. Über den Treibhauseffekt wird insbesondere in den Ländern der Europäischen Union heftig diskutiert während in den USA die Sorge über die globale Erwärmung weit weniger stark ausgeprägt scheint. Am Ende bleibt meist die Frage: Wer soll das bezahlen? Drei Wissenschaftler haben sich nun der schwierigen Aufgabe angenommen, die tatsächliche Zahlungsbereitschaft für den Klimaschutz zu untersuchen, unter ihnen auch der Bochumer Wirtschaftsprofessor Dr. Carsten Vogt.
Das Problem: Stabiles Klima kann jeder nutzen
Dummerweise ist der Klimaschutz ein sogenanntes ‚öffentliches Gut‘. „Alle Staaten“, erläutert Carsten Vogt, „können das Gut ‚stabiles Klima‘ unabhängig davon nutzen, ob sie einen Beitrag zur Erstellung bzw. Erhaltung des Guts geleistet haben oder nicht.“ Es stellt sich also die Frage, ob und in welchem Umfang Menschen bereit sind für etwas zu zahlen, das dann allen – auch denen, die nichts bezahlt haben – zugute kommt. Meinungsumfragen zeichneten bislang ein eher pessimistisches Bild.
Solange keine reales Geld im Spiel ist
Viele Befragte lehnten z.B. höhere Umweltsteuern oder Einschnitte beim persönlichen Lebensstandard ab. Und wenn dann mehr oder weniger komplexe Fragebogenstudien doch einmal zu dem Ergebnis kommen, dass die Menschen theoretisch bereit wären, für den Klimaschutz zu zahlen, ist eben dies das Problem: Theoretisch wären sie es, solange sie dafür kein real existierendes Geld auf einen real existierenden Tisch legen müssen. Zudem ist das Bild, das solche Studien zeichnen sehr uneinheitlich. Die gemessenen Werte für die Zahlungsbereitschaft zur Vermeidung einer Tonne CO2 reichen von 25 Euro bis hin zu knapp 500 Euro.
Zahlungsbereitschaft gemessen
Gemeinschaftlich haben sich die drei Wissenschaftler Andreas Löschel, Bodo Sturm und Carsten Vogt ein Verfahren überlegt, mit dem die reale Zahlungsbereitschaft für Klimaschutz in einem Kontext gemessen werden kann, in dem die Probanden tatsächlich eigenes Geld für die Vermeidung von CO2 einsetzen können. Dazu wurde der börsenmäßige Handel mit Emissionsrechten für CO2 genutzt. Will ein Unternehmen, zum Beispiel ein Kraftwerksbetreiber, mehr CO2 ausstoßen, muss dafür ein entsprechendes Recht, ein „Zertifikat“ vorgelegt werden. Die gut 200 Probanden erhielten jeweils 40 Euro als Aufwandsentschädigung für ihre Teilnahme. Im Verlauf des Experiments wurden ihnen zunächst die wichtigen Folgen des Klimawandels sowie die Funktionsweise des EU-Emissionshandels erklärt. Dann wurden ihnen fünf zufällig ausgewählte Preise präsentiert und sie wurden gefragt, wie viele CO2-Zertifikate sie zu dem ausgewählten Preis kaufen möchten. Die Teilnehmer hatten also die Möglichkeit, durch ihr Handeln die insgesamt in Europa emittierte Menge an CO2 zu reduzieren.
Keine Mehrheit für kostspieligen Klimaschutz
Die Ergebnisse sind ernüchternd: Im Mittel betrug die Zahlungsbereitschaft für die Vermeidung einer Tonne CO2 knapp 12 Euro, der niedrigste bislang gemessene Wert. Sehr interessant ist zudem die Beobachtung, dass gut 60 % der Teilnehmer eine Zahlungsbereitschaft von Null Euro aufwiesen. Das bedeutet, dass für eine substanzielle und kostspielige Klimaschutzpolitik letztlich keine politische Mehrheit existiert. „Beachten muss man zudem, dass dieses Resultat mit einer deutschen Stichprobe erzielt wurde“, erläutert Vogt: „Immerhin ist Deutschland ein Land, in dem der Klimawandel seit langem große Aufmerksamkeit in der öffentlichen Wahrnehmung genießt. Die deutsche Öffentlichkeit ist im internationalen Vergleich eher besorgt über die Folgen der Erderwärmung. Außerdem sind die Einkommen in Deutschland relativ hoch und ein höheres Einkommen geht im Allgemeinen mit einer höheren Nachfrage nach Umweltschutz einher.“
Bedeutung für internationale Klimaschutzpolitik
„Wenn selbst in einem Land wie Deutschland die Zahlungsbereitschaft eher gering ist“, so Vogt, „wie soll dann Chinesen und Indern in einem Kyoto-Folgeabkommen die Übernahme eigener kostspieliger Minderungspflichten zulasten von weiterem wirtschaftlichem Wachstum und Entwicklung schmackhaft gemacht werden?“ Die Einbindung wichtiger Schwellenländer wäre aber unverzichtbar, wenn es künftig gelingen soll, die weltweiten CO2-Emissionen spürbar zu reduzieren. Tatsächlich ist die geringe Zahlungsbereitschaft eine gute Erklärung, warum wichtige Vertragsstaaten nach der Aushandlung des Kyoto-Protokolls das Abkommen durch zahlreiche Nachverhandlungen zu letztlich symbolischer Politik reduziert haben. „Insgesamt“, fasst Vogt zusammen, „kann man sagen, dass die geringe Zahlungsbereitschaft für den Klimaschutz die ohnehin ungünstigen Anreize in der Klimapolitik zusätzlich verschärft.“ GLR
STUDIEN