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GEG ändert die Anforderungen an Blower-Door-Tests

Entgegen weit verbreiteter Meinung müssen nicht alle Gebäude sofort nach der neuen Messnorm gemessen werden, nur weil das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nun in Kraft getreten ist. Entscheidend ist vielmehr das Datum des Bauantrags bzw. der Bauanzeige. Der § 111 des GEG regelt die Übergangsvorschriften eindeutig.

Da die in nächster Zukunft zu messenden Häuser in der Regel noch nach Energieeinsparverordnung (EnEV) bilanziert sind, werden sie nach dem in DIN EN 13829 definierten Verfahren B gemessen. Obwohl diese Norm offiziell zwar schon lange zurückgezogen ist, gilt sie heute noch immer, da sich die EnEV auf sie bezieht. Die große Gefahr ist, eine falsche Messung einzureichen und sie womöglich wiederholen zu müssen. Das hat im Einfamilienhaus normalerweise keine weitreichenden Folgen, im bewohnten Mehrfamilienhaus oder in einem Gewerbebetrieb kann es da schon komplizierter werden.

Was bleibt gleich beim Blower-Door-Test?

Die einzuhaltenden Grenzwerte bleiben im Wesentlichen gleich. Es ändern sich aber Schreibweisen, z. B. bei der Luftwechselrate das 3-fache bzw. 1,5-fache statt 3,0/1,5. Bei der Messreihe und den Inhalten des Prüfberichts verändert sich nichts. Allerdings werden die Anforderungen an die Genauigkeit der Messgeräte erhöht, was zur Folge hat, dass die Geräte einiger Hersteller den Anforderungen nicht mehr genügen.

Schon bevor die DIN EN 13829 im Jahr 2001 auf den Plan trat, war die Norm ISO 9972 bereits in den 90er Jahren die für Blower-Door-Messungen angewandte Norm. Auch die 2015 wieder eingeführte DIN EN ISO 9972 unterschied sich nicht grundlegend von der DIN EN 13829. Das GEG bezieht sich aber auf die im Dezember 2018 veröffentlichte DIN EN ISO 9972:2018-12 NA, die in den nationalen Anhängen einigen Regelungen der eigentlichen Norm widerspricht. Die nationalen Anhänge sind dem Normentext bezeichnenderweise vorangestellt.

Messzeitpunkt ändert sich

Das GEG schreibt in § 26 (Prüfung der Dichtheit eines Gebäudes): „Wird die Luftdichtheit eines zu errichtenden Gebäudes vor seiner Fertigstellung nach DIN EN ISO 9972: 2018-12 NA überprüft, …“. Hier ist noch zu klären, was gilt, wenn nach der Fertigstellung gemessen wird.

Während in der DIN EN 13829 Verfahren B das bezugsfertige Gebäude ausschlaggebend war, soll nach der neuen Norm die luftdichte Hülle des Gebäudes fertiggestellt sein, inklusive aller Durchdringungen. Das bedeutet, dass z. B. nicht gemessen werden kann, wenn anstatt der finalen Haustür in der Öffnung noch eine provisorische Bautür klemmt.

Auch in Zukunft gehört die Leckagesuche zur normgerechten Messung. Auch wenn nach wie vor nicht definiert ist, was eine große Leckage ist. Diese müssen laut Norm im Prüfbericht dokumentiert werden.

zieht-wie-hechtsupp.de

Auch in Zukunft gehört die Leckagesuche zur normgerechten Messung. Auch wenn nach wie vor nicht definiert ist, was eine große Leckage ist. Diese müssen laut Norm im Prüfbericht dokumentiert werden.

Der nationale Anhang NA erläutert, dass es bei der Messung sinnvoll ist, wenn die eigentliche Luftdichtheitsebene noch zugänglich ist, um eventuell Nachbesserungen durchführen zu können. Das bedeutet: Die Gipskartonplatten im Dachgeschoss müssen noch nicht angebracht sein. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die abdichtenden Folien bei der Montage der Ausbauplatten oder durch nachfolgende Elektro-, Sanitär- und Lüftungsinstallationen oft beschädigt werden.

Häufig werden kurz vor der Messung noch schnell die letzten Anschlüsse der Folien angebracht. Sogar die Norm weist auf die Abbindezeiten von Klebemitteln hin, ebenso auf das Versagen bei fehlender Lattung. Der neue Messzeitpunkt kann dazu führen, dass erst kurz vor der Blower-Door-Messung die luftdichte Ebene final abgeklebt wird. Die Gefahr hierbei: Eine Klebebindung muss erst wirken, damit sie dauerhaft hält.

All diese Aspekte dürften zu vielen Diskussionen im Vorfeld der Messung und vor Ort führen, ob denn nun nach Norm gemessen werden kann oder nicht.

Unter- und Überdruckmessung ist Pflicht

Bisher war es nach DIN EN 13829 möglich, eine der beiden Messreihen auszulassen. Anhang A der neuen Norm fordert zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen beide Messungen. Laut Norm gilt die Messung als bestanden, wenn der Mittelwert der beiden Messreihen den Grenzwert einhält. Das GEG geht hier noch einen Schritt weiter. Hier müssen beide Messreihen den Grenzwert einhalten [2].

Temporäre Abdichtungen

Für Messungen nach EnEV hat sich die Checkliste Verfahren B des Fachverbands Luftdichtheit im Bauwesen (FLiB) etabliert. Diese wurde notwendig, weil die DIN EN 13829 einige Fragen zur Gebäudepräparation offenließ. Der nationale Anhang der DIN EN ISO 9972 liefert hier genauere Informationen, eine Checkliste eingeschlossen.

Kompliziert wird es bei der temporären Abdichtung von Elementen der Wohnraumlüftung. In einer Tabelle zur Präparation von Bauteilen der Lüftung wird unterschieden, ob sie permanent oder zeitweise in Betrieb sind und wozu sie genau dienen. Im Falle von Fensterfalzlüftern z. B. ist vor Ort die Unterscheidung nicht erkennbar und somit nicht klar, welcher Grenzwert einzuhalten ist und ob sie abgedichtet werden dürfen. Diese Informationen sind im Vorfeld der Messung einzuholen. Durchdringungen für Dunstabzugshaube, Wäschetrockner und Kaminofen dürfen abgedichtet werden, wenn die Geräte noch nicht vorhanden sind.

Muss im Mehrfamilienhaus alles gemessen werden?

Hier ergeben sich Änderungen vor allem bei der Entrauchung von Aufzugsschächten bzw. Fahrschachtbelüftung. Diese besteht oftmals schlichtweg aus einer freien Öffnung am obersten Punkt des Aufzugsschachtes.

Mit dem Inkrafttreten des GEG entfällt die Option, die großen Löcher der Fahrstuhlschacht-Entrauchung abzukleben.

blower-door-wissen.de

Mit dem Inkrafttreten des GEG entfällt die Option, die großen Löcher der Fahrstuhlschacht-Entrauchung abzukleben.

Da solche Öffnungen häufig mehr als 0,1 m2 umfassen, wirkt sich dies sehr negativ auf den Energiehaushalt aus. Hatte man diese bislang für die Messung abgedichtet, lässt dies der nationale Anhang zur DIN EN ISO 9972 nicht mehr zu. Die Konsequenzen für die Mess­praxis: Mehrfamilienhäuser können beispielsweise bei hohen Temperaturunterschieden im Winter nicht mehr normgerecht gemessen werden, weil dann der Grenzwert von 5 Pa für die natürliche Druckdifferenz aufgrund des Kamineffektes überschritten wird. Der Einwand, dass das Gebäude in diesem Fall den Test prinzipiell nicht besteht, kann nicht bestätigt werden. Die Lösung ist natürlich eine verschließbare Klappe als RWA.

Immer wieder stellt sich die Frage, ob denn alle Wohnungen eines Mehrfamilienwohnhauses gemessen werden müssen, vor allem bei Laubengangerschließung. Hier bietet die Norm jetzt die Möglichkeit, anhand von Stichproben zu messen. Dazu sind mindestens 20% der Hüllfläche des Gebäudes zu messen und sowohl die Anzahl als auch die genaue Position der Wohnungen zu benennen. Bislang musste jede einzelne Wohnung gemessen werden, es sei denn, das Gebäude konnte aufgrund seiner Struktur komplett gemessen werden. Allein die KfW ließ nach Absprache eine Sonderregelung bei der Sanierung zu. Ebenso finden sich genaue Vorgehensweisen zur Schutzdruckmessung. Hierzu werden benachbarte Gebäudeteile gleichzeitig unter den gleichen Druck gesetzt, um den Einfluss interner Leckagen auszuschließen.

Höherer Aufwand bei der Messung von großen Gebäuden

Auch große Bürogebäude und Produktionshallen werden immer öfter gemessen, da für deren energetische Bilanzierung eine Luftdichtheits-Messung einbezogen wurde. Bei solchen Gebäuden konnte nach DIN EN 13829 ab einer Größe von 4000 m3 die oberste Druckstufe auf 25 Pa reduziert werden, falls der erforderliche Druck von 50 Pa nicht erreichbar war. Für Nichtwohngebäude ließ die DIN EN ISO 9972 dieses Vorgehen ursprünglich ebenso zu, sogar ohne Mindestgröße. Der nationale Anhang hingegen fordert mindestens 50 Pa für alle Gebäude. Das erhöht den Aufwand für solche Messungen erheblich. Wer den Termindruck im Objektbau kurz vor der Abnahme kennt, weiß um die Schwierigkeit, die Blower-Door-Messung terminlich einzuplanen und für diese Zeit die Baustelle nahezu stillzulegen.

Eine sinnvolle Rücknahme durch den nationalen Anhang betrifft die innere Druckverteilung im Gebäude: Aus der DIN EN 13829 ist bekannt, dass der Druck im Gebäude höchstens 10 % abweichen darf. Wenn also bei einem fünfstöckigen Bürogebäude im obersten Stockwerk nur noch 30 Pascal ankommen, ist die Messung nicht normgerecht und auch nicht realistisch. Diese Regel fehlte in der DIN EN ISO 9972, findet sich aber wieder im nationalen Anhang.

Eine neue und durchaus sinnvolle Regelung ist, dass Räume, die nur von außen zugänglich sind und keinen Luftverbund zum restlichen Gebäude haben, von der Messung ausgenommen werden dürfen, wenn das Luftvolumen insgesamt nicht mehr als 5 % des gesamten zu messenden Gebäudes beträgt. Hier handelt es sich z. B. um Technik-, Fahrrad- oder Müllräume. Auch Nebenräume, wie Heizräume mit nicht verschließbaren Lüftungsöffnungen, dürfen durch Schließen der Tür von der Messung ausgenommen werden.

Übergang von EnEV zu GEGIn Zukunft muss wieder genauer hingeschaut werden, wie ein Gebäude gemessen wird. Schon beim Übergang von EnEV 2009 zu 2014 ergaben sich Änderungen, was die Gebäudepräparation anbelangte, z.B. bei der nach außen fördernden Dunstabzugshaube. Eine falsch ausgeführte Messung führte unter Umständen dazu, dass der Grenzwert nicht eingehalten war, was wiederum entsprechenden Ärger mit kontrollierenden Stellen wie der KfW zur Folge haben konnte. Auch nach der Einführung des GEG gibt es einige Unstimmigkeiten. Das eingehende Studium der DIN EN ISO 9972: 2018-12 inklusive der nationalen Anhänge ist somit unerlässlich.

Großes Fehlerpotenzial und wenig Praxisnähe

Der nationale Anhang zur DIN EN ISO 9972 stiftet die größtmögliche Verwirrung bei künftigen Blower-Door-Messungen. Allein die mangelnde Übersicht durch das Voranstellen eines sogenannten Anhangs birgt großes Fehlerpotenzial. Es steht zu befürchten, dass die große Zahl an falsch ausgestellten Prüfberichten künftig deutlich zunimmt. Die Akteure hatten bei der Ausarbeitung des Normenanhangs offensichtlich nur Ein- und Mehrfamilienhäuser im Blick. Dieselben Regelungen für große Gebäude wie Wohnkomplexe und Industriehallen anzuwenden, geht weit an der Realität vorbei und zeugt von wenig Praxisnähe. Die beschließenden Gremien wären gut beraten, bei der Ausarbeitung solcher Vorschriften künftig Praktiker zu befragen, die regelmäßig mit der Materie konfrontiert sind und um die alltäglichen Probleme in der Praxis Bescheid wissen.

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