Welche Rolle kann die Gebäudehülle beim Green Deal und der Renovation Wave spielen?
Gebäude müssen eine fundamentale Rolle spielen. Wir wissen ja alle, dass 30 bis 40 Prozent aller CO2-Emissionen aus Gebäuden kommen, deshalb brauchen wir konkretere Programme. Bei Gebäuden sind wir vor allem in der Wärmewende nicht weit gekommen. Wir haben gegenüber den letzten 30 Jahren 15 Prozent Erneuerbare hinbekommen, im Strombereich sind es immerhin 50 Prozent. Da muss eine Menge passieren. Der Green Deal ist viel zu langfristig angelegt. Die EU gibt als Ziel für Klimaneutralität 2050 vor. Alle Klimawissenschaftler sagen, dass wir bis 2035 klimaneutral sein müssen. Wad die Bundesregierung beschlossen hat nachdem das Bundesverfassungsgericht ihr Bein gemacht hat mit Klimaneutralität bis 2045 ist viel zu spät. Wir brauchen bis 2035 in ganz Deutschland einen klimaneutralen Gebäudebestand. Das wird zwar angekündigt, aber es fehlen die konkreten Maßnahmen. Den Worten folgen keine konkreten Taten.
Sie haben nur das Thema Wärme angesprochen, nicht die Gebäudehülle. Die kommt aber in der Debatte oft zu kurz. Haben Sie eine Idee woran das liegt?
Da wird oft zu oberflächlich diskutiert. Hans Joachim Schellnhuber, der frühere Chef des Potsdam Instituts hat vorgeschlagen, mehr mit Holz zu bauen. Wir sollten alle neuen Gebäude weitgehend als Holzhäuser errichten. Das ist mindestens eine Energieeinsparung beim Baumaterial von 90 Prozent gegenüber heute üblicherweise verwendeten Materialien. Das wäre ein großer Fortschritt, wenn man mehr mit Holz bauen würde. Die Passivhaus-Leute haben vorgemacht, wie man viel klimafreundlicher bauen kann. Außerdem müssen die Architekten lernen, wo Süden ist. Viele Häuser sind so ausgerichtet, dass die Dächer nicht genutzt werden können.
Stimmen die Rahmenbedingungen im Bereich der Gebäudehülle?
Die müssen schärfer werden. Wir wissen, dass das Dreifachglas bei einem Fenster viel Energie spart, das ist aber nicht vorgeschrieben. Dass ein Solardach bei einem Neubau vorgeschrieben wird steht auch an. In Baden-Württemberg ist das für 2022 so, in Hamburg wird das diskutiert, in den übrigen 14 Bundesländern sind wir weit davon entfernt. Die Sanierungsquote liegt jährlich bei einem Prozent, und gedämmt wird oft noch nicht einmal richtig. Die alten Gebäude sind immer noch CO2-Schleudern. Die kann man nicht abreißen, die muss man dämmen und insgesamt energieeffizienter machen. Wir bräuchten eine Vervierfachung des Tempos bei der Dämmung von Altbauten. Bei der Fassade kann ich 20 bis 25 Prozent Heizenergie einsparen durch Dämmung, durch die Dämmung von Fassade und Dach sind es bis zu 40 Prozent und wenn ich dann noch Fenster und Türen energieeffizient mache kann ich bis zu 80 Prozent einsparen. Da sieht man was möglich ist.
Auf unserem Fachforum Gebäudehülle am 9. und 10. November wird Franz Alt seine Thesen am 9. November ab 14.15 Uhr erläutern. Die Teilnahme ist kostenlos. Hier geht es zur Anmeldung.