Für den energieeffizienten Betrieb ist entscheidend, dass neue Anlagen für die konkrete Nutzung richtig ausgelegt und effizient betrieben werden: Eine zu groß dimensionierte Anlage, die auch ungenutzte Räume belüftet, verschwendet selbst mit einem effizienten Ventilator viel Energie.
Bei Neubauten erfolgen die rechnerischen Nachweise gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) und DIN V 18599 (2018) auf der Basis standardisierter Luftvolumenströme und somit einer „virtuellen Anlagentechnik“. Das bedeutet, dass sich z.B. energieverschwendende Überdimensionierungen der Anlagentechnik im rechnerischen Nachweis gar nicht zeigen – sie haben somit auch keine nachteiligen Konsequenzen. In den technischen Regeln besteht eine Lücke, denn es fehlt ein Verfahren, um reale Komponenteneigenschaften auf den rechnerischen Nachweis zu übertragen und um die Übereinstimmung realer mit „virtuellen“ Anlagen zu prüfen. Gute Planung wird an dieser Stelle über den rechnerischen Nachweis nicht honoriert; im Gegenteil entsteht ein Gestaltungsspielraum, der auch nachteilige Manipulationen zur Folge haben kann.
RLT-Anlagen funktionieren oft nicht optimal
Zudem zeigt die Praxis, dass komplexe RLT-Anlagen häufig nicht optimal funktionieren. Gründe können in den Herausforderungen bei der Inbetriebnahme liegen, zum Beispiel lassen sich die verschiedenen Witterungsperioden nicht testen, kurz vor Fertigstellung der Baustellen herrscht extremer Termindruck, das Bedienpersonal wird unzureichend eingewiesen oder ist nicht immer ausreichend qualifiziert. Manchmal werden die Fehler erst zehn Jahre später bei der dann gesetzlich vorgeschriebenen Inspektion aufgedeckt – dabei führt ein systematisch durchgeführter Inbetriebnahmeprozess zu einer Verbesserung der Energieeffizienz von RLT-Anlagen.
Die Schlussfolgerung aus den obigen Überlegungen ist: beim Energielabel für Neuanlagen sollte der Fokus verstärkt auf der Qualitätssicherung liegen. Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurde daher ein Qualitätssicherungsprozess (QS-Prozess) für die Planung, Installation und Inbetriebnahme neuer RLT- und Kälteanlagen entwickelt. Das Energielabel für Neuanlagen wird im Rahmen dieses QS-Prozesses vergeben.
Siegel zertifiziert Lüftungsanlagen
Aufbauend auf dem für Bestandsanlagen bekannten Label des Effizienzrechners Klima-Lüftung wurde im vorliegenden Projekt im Auftrag des UBA das „Qualitätssiegel Raumlufttechnik“ entwickelt, das vom BAFA herausgegeben wird. Das Qualitätssiegel Raumlufttechnik zertifiziert die Raumlufttechnik einschließlich ggf. vorhandener kältetechnischer Anlagen.
Die Entwicklung des Siegels entstand in einem nutzerzentrierten Prozess und im Austausch mit betroffenen Akteuren, um das Ergebnis so weit wie möglich an den Bedürfnissen der Zielgruppen auszurichten. Die Vergabe des Siegels geschieht nach einem mehrstufigen QS-Prozess: Ein unabhängiger Experte oder Expertin prüft die Planung, Installation und den Betrieb der Anlagen. Für einzelne Anlagen werden Energielabel vergeben, auf denen ein Siegel die zusätzliche Sicherung der energetischen Qualität durch den Prüfprozess hervorhabt. Spezielle Icons bewerten die Lufthygiene der Anlage und die Ausstattung mit Zählern und Sensorik sowie (falls relevant) den sommerlichen Wärmeschutz und die Ökologie des Kältemittels.
Planer, Bauherren und Prüfer können profitieren
Für die Zertifizierung des gesamten Gewerks Raumlufttechnik wird außerdem eine Urkunde ausgestellt. Um das Qualitätssiegel zu erhalten, muss der Jahres-Primärenergiebedarf des Gewerks Raumlufttechnik unter einem Grenzwert liegen und jede Einzelanlage die Effizienzklasse B erreichen. Die Berechnung des Energiebedarfes und die Erstellung der Label erfolgt mit einem im Projekt entwickelten Algorithmus, der als Modul von Softwareherstellern eingebunden werden kann.
Der Grundgedanke des Qualitätssicherungsprozesses ist ein Austausch zwischen den Beteiligten – Bauherren, Fachplanungsbüros und prüfenden Experten oder Expertinnen – während aller Projektphasen. Das für das Qualitätssiegel Raumlufttechnik entwickelte Handbuch gibt Leitlinien und energetische Mindestanforderungen für die Vergabe der Auszeichnung vor. Für die Übereinstimmungsprüfung mit den Vorschriften des GEG wurden Empfehlungen entwickelt.
Das Projekt Qualitätssiegel Raumlufttechnik hat damit ein wichtiges Verfahren entwickelt, das das bewährte Format von Energielabeln für Produkte auf komplexe Anlagen und sogar auf Planungs- und Installationsprozesse sowie den Betrieb überträgt. Gleichzeitig bietet das Qualitätssiegel Raumlufttechnik eine Lösung, um das Thema Energiesparen und Energieeffizienz mit der dafür notwendigen Qualitätssicherung zu verbinden. So kann das Siegel auch genutzt werden, um Anforderungen für Ausschreibungen zu setzen und Planungsbüros die hohe Qualität ihrer Arbeit zu bestätigen. Quelle: Umweltbundesamt / pgl
Kennzeichnungen für Klima- und Lüftungsanlagen durch das Bafa
Bleiben Sie auf dem Laufenden in Sachen Energieberatung und Energiewende mit unserem Newsletter.