Es war im Jahre des Herrn 2022, als dem Venture-Capital-Geber und Silicon-Valley-Aristokraten Marc Andreessen zu Ohren kam, dass seine Heimatstadt Atherton, Kalifornien, im Bebauungsplan nun auch Mehrfamilienhäuser vorsehen wollte. Darob sehr erbost, tat er den Verantwortlichen in einer geharnischten E-Mail kund und zu wissen, wie es seinem Willen gemäß in dero villenreicher Gemarkung Atherton fürderhin mit B-Plänen zu halten sei: „IMMENSELY AGAINST multifamily development!“, so lautete der nicht misszuverstehende Betreff. Und im Folgenden: „Please IMMEDIATELY REMOVE all multifamily overlay zoning projects from the Housing Element.“ Mehrfamilienhäuser würden den Marktwert der Immobilien vor Ort drastisch verringern, zu Lärmbelästigung und hohem Verkehrsaufkommen führen, die Lebensqualität beeinträchtigen. Eben deswegen seien, siehe oben, diese Vorgaben bitte UNVERZÜGLICH wieder zu STREICHEN [1].
Soweit also besagte Mail, die mit Großbuchstaben nicht sparte. Wobei Andreessen ja generell keiner ist, der sparen müsste. Doch ist er wohl nicht grundsätzlich gegen Verdichtung. Er hat großzügig ins Projekt „California Forever“ investiert, einer Planstadt, die in einiger Entfernung von San Francisco auf der grünen Wiese entstehen soll. Dort soll es „bezahlbaren Wohnraum“ geben, so die Entwickler, unter anderem in Form von Mehrfamilienhäusern. Fußgängerfreundlich soll California Forever werden, mit Parks und Grünanlagen, und sich zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen. Allerdings blieb man der Bezirksverwaltung einen detaillierten Bericht über die Umweltfolgen schuldig. Die hat das Projekt daher vorerst ausgebremst.
Das mit den Mehrparteienhäusern ist jedoch schon einmal ein guter Ansatz. Es wird wesentlich weniger Boden pro Person versiegelt, weniger Energie verbraucht, die Bewohner:innen haben einen merklich kleineren CO2-Fußabdruck als die von Einfamilienhäusern. Zur Stadtplanung wie zur Quartiersentwicklung gehört aber heute, die Nachhaltigkeit immer mitzudenken. Und auf unberührten oder landwirtschaftlich genutzten Flächen zu bauen ist nicht unbedingt nachhaltig. Anders sieht das auf Konversionsflächen aus, wie im Fall des Spinelli-Quartiers in Mannheim, das wir in dieser Ausgabe vorstellen, errichtet auf dem Areal einer ehemaligen Kaserne. Obwohl noch nicht ganz fertig, beeindruckt es bereits mit Klimaresilienz durch durchdachtes Wassermanagement, mit einem Mobilitätskonzept, das PKWs überflüssig macht, mit Wohnraum für Mieter:innen mit geringem Einkommen – tatsächlich, nicht nur versprochen. Vor allem zeigt es, wie man im Hochbau – auch in Holz! – vergleichsweise viele Menschen auf wenig Grundfläche komfortabel unterbringen kann.
Das Einfamilienhaus dagegen ist nicht nur eine Klima-
hypothek, es hat im Grunde auch keine Zukunft mehr. Deswegen wird Energieberatenden nicht die Arbeit ausgehen – im Gegenteil. Es gibt ja noch die vor allem ab den 1960ern gewachsenen Wohngebiete, Einfamilienhaus-Einöden, weitestgehend unsaniert, das gesammelte energetische Elend Deutschlands. Davon abgesehen warten in der Quartiersentwicklung spannende Aufgaben.
Bereits vor einem Jahr wurde im GEB 2023-07 darauf hingewiesen, wie dringend die Energieberatenden auch dort gebraucht werden. Eben nicht nur, weil sie Generalist:innen sind, mit dem Blick für Zusammenhänge, die über die Gebäudegrenzen hinausgehen. Sondern auch, weil man mit Menschen mit den verschiedensten Mentalitäten und dem unterschiedlichsten Vorwissen kommunizieren und dabei jeweils den richtigen Ton treffen muss. Gerade ihre „kommunikativen und sozialempathischen Fähigkeiten“, so damals ein Vertreter eines Bundesinstituts, qualifizieren sie für dieses Aufgabenfeld. Soft Skills, die ein noch wichtigerer Bestandteil der Ausbildung zur Energieberaterin, zum Energieberater sein sollten. Denn man kann beides lernen. Wenn auch nicht von einem Milliardär aus Atherton, CA, USA.
Viel Freude beim Lesen und vielleicht Entdecken neuer Tätigkeitsfelder wünscht Ihnen
Ihr GEB Redaktionsteam