Haben auch Sie manchmal den Eindruck, dass das Lüften als ein Thema wahrgenommen wird, das nur gut gedämmte Gebäude mit luftdichter Hülle betrifft? Tatsächlich war die Lüftung schon immer von Bedeutung. In zugigen Gemäuern lag die Herausforderung zwar eher darin, den allzu großen Luftwechsel zu begrenzen, behaglich war das aber sicher nicht. Heute dürfte es kaum noch Wohngebäude geben, die nicht gelüftet werden müssen – entweder, indem die Bewohner Fenster öffnen oder mit einer lüftungstechnischen Anlage. Noch vor wenigen Jahrzehnten war in den meisten Wohnungen mindestens ein Bewohner tagsüber zuhause und konnte sich um das regelmäßige Öffnen der Fenster kümmern. Das Ergebnis dieser Methode war jedoch nicht immer ideal – und ist es auch heute noch nicht.
Inzwischen wird vor allem aus bauphysikalischen Gründen möglichst luftdicht gebaut, sodass der Planer gut beraten ist, ein Lüftungskonzept zu erstellen. Sind lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich, gibt es eine ganze Palette an Möglichkeiten. Der Verband für Wohnungslüftung setzt sich dafür ein, die gesamte Bandbreite von der freien Lüftung über Fenster bis zur Lüftungsanlage mit oder ohne Wärmerückgewinnung als gleichberechtigt zu betrachten und die Eigentümer systemneutral zu beraten, damit sie die Lösung wählen können, die am besten zu ihren Komfortansprüchen und Preisvorstellungen passt (S. 20).
Entscheiden sich die Bauherren oder Eigentümer für ein Lüftungssystem, kommen im Gebäudebestand oft dezentrale Geräte zum Einsatz, die mit verhältnismäßig geringem Aufwand nachgerüstet werden können. Damit solch ein System der geltenden Norm entspricht, setzt die Auslegung und das Bestimmen der erforderlichen Anzahl an Lüftungsgeräten sorgfältige Planung voraus (S. 24).
Grundsätzlich sollten Lüftungssysteme nicht nur den Feuchteschutz sicherstellen, sondern für eine gute Raumluftqualität sorgen. Dazu gehört, dass Schadstoffe abtransportiert werden und die Raumluftfeuchte möglichst nicht unter 40 % liegt. Auch wenn in einer Wohnung Schimmelpilzbefall festgestellt wurde, ist rigoroses Absenken der Luftfeuchtigkeit eine denkbar ungeeignete Maßnahme und keinesfalls ein Ersatz für die Sanierung, weil mit sinkender Luftfeuchtigkeit die Schwebstoffbelastung steigt (S. 28). Im Interesse der Bewohner und ihrer Gesundheit sollte die Raumluft auch im Winter nicht zu sehr austrocknen.
Dazu tragen bedarfsgeführte Lüftungen bei (S. 10). Wird mit Sensoren z. B. im Bad die Feuchte und in den Wohnräumen der CO2-Gehalt erfasst und der Volumenstrom automatisch angepasst, stellt dies die Lüftung zum Feuchteschutz und den hygienisch erforderlichen Luftwechsel sicher und begrenzt gleichzeitig den Luftaustausch auf das erforderliche Maß. Der Effekt kann sich sehen lassen: Der Lüftungswärmeverlust ist geringer als bei ungeregeltem Betrieb und die Luft trocknet weniger aus.
Dem Austrocknen der Raumluft wirken auch Lüftungsanlagen mit Feuchterückgewinnung entgegen. Der Markt bietet dafür im Wesentlichen zwei Systeme (S. 18). Eine Lüftung, die für ein behagliches Raumklima sorgt, verringert die Versuchung, an schönen, aber kühlen Herbsttagen stundenlang das Fenster offenzulassen, um die frische Luft ins Haus zu holen und am Abend die ausgekühlten Räume wieder aufzuheizen.
Sie sehen: Für die Lüftung gibt es etliche Möglichkeiten. Aus dieser Fülle, gilt es diejenige herauszufinden, die für das jeweilige Gebäude und seine Nutzer am besten geeignet ist. Anregungen bietet neben unserem Schwerpunkt in dieser Ausgabe das Dossier unter www.bit.ly/GEB-DossierLueftung und die Edition Lüftung unter www.geb-info.de/Premium-Abo/Editionen.
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Sabine Riethmüller