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HOAI

EU-Kommission klagt gegen HOAI

© Zoonar RF / Thinkstock
Die EU-Kommission verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Sie sieht die in der HOAI geregelte Vereinbarung von Mindest- und Höchsthonoraren als unverhältnismäßiges und nicht gerechtfertigtes Hindernis im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen. Deutschlands Argumente für Mindesthonorare prallten bisher in Brüssel ab.

Der Bundesregierung ist es in den bisherigen Stufen des im Juni 2015 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens nicht gelungen, die von der EU-Kommission erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Was bereits bemerkenswert ist, denn rund 85 % aller Vertragsverletzungsverfahren werden vor der Anrufung des Europäischen Gerichtshofs geklärt.

„HOAI ist Voraussetzung für fairen Leistungswettbewerb“

Offensichtlich kann tatsächlich nur eine höhere Instanz klären, ob die HOAI gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstößt, denn die Bundesregierung hat nach der Klageankündigung der EU-Kommission den behaupteten Verstößen noch einmal entschieden widersprochen und angekündigt, die verbindliche Honorarordnung auch vor dem EuGH ohne Kompromisse zu verteidigen.

Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks: „Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure gehört in Deutschland zu den entscheidenden Rahmenbedingungen dieses Berufsstands und stärkt die Baukultur in unserem Land. Sie ist ein wichtiges und unverzichtbares Instrument zur Sicherung einer hohen Planungsqualität. Der Erhalt des verbindlichen Preisrechts für Architekten- und Ingenieurleistungen in Deutschland ist die Voraussetzung für einen fairen Leistungswettbewerb. Architekten- und Ingenieurleistungen dürfen nicht zu Dumpingpreisen angeboten werden.“

„HOAI ist mit EU-Recht vereinbar“

Auf der Herbsttagung des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung (AHO) am 24.11.2016 war sich der Europarechtsexperte Dr. Matthias Kottmann, Redeker Sellner Dahs, Berlin, sicher, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI mit Artikel 15 der Dienstleistungsrichtlinie und mit Artikel 49 des EU-Vertrages vereinbar sind. Dem Vertragsverletzungsverfahren dürfte deshalb kein Erfolg beschieden sein. Die Vereinbarkeit der HOAI mit EU-Recht sei durch mehrere Rechtsgutachten wiederholt bestätigt worden.

Der Unterabteilungsleiter für Bauwesen und Bauwirtschaft im BMUB, Lothar Fehn Krestas, betonte dass die Bundesregierung an ihrer Auffassung festhalte, dass die HOAI weder diskriminierend, noch unverhältnismäßig, aber aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses erforderlich sei.

Die EU-Kommission hält dagegen, dass u.a. verbindliche Mindesthonorare nicht notwendige Hindernisse für neue Marktteilnehmer sind, um eine hohe Qualität von Dienstleistungen in- und ausländischer Anbieter sicherzustellen. Vielmehr würden dadurch Verbrauchern Dienstleistungen zu wettbewerbsgerechten Preisen vorenthalten. Es geht also im Kern tatsächlich darum, die Honorierung für Ingenieur- und Architektenleistungen dem Wettbewerb zu überlassen.

Die Abgeordnete Barbara Lanzinger (CDU/CSU-Bundestagsfraktion) betonte auf der AHO-Tagung, dass Deregulierung durch die Europäische Union mit Augenmaß und nicht allein aus ökonomischen Gesichtspunkten erfolgen müsse. Bewährte Qualitätsstandards und gewachsene Strukturen gelte es zu erhalten. Dazu würden die in Deutschland bewährte Berufszugangs- und Ausübungsregeln sowie die HOAI gehören.

Ob das die Richter des Europäischen Gerichtshofs überzeugt, bleibt abzuwarten, denn in erster Linie haben sie den Buchstaben des EU-Rechts zu folgen. Auch Deutschland würde darauf bestehen, wenn nationales Recht anderer Staaten den Marktzugang deutscher Unternehmen erschweren würde. Angesichts vieler anderer EU-Mitgliedstaaten ohne HOAI-Pendant wird es nicht einfach sein, die Erforderlichkeit von Mindest- und Höchsthonoraren als alternativlos nachzuweisen. Im Durchschnitt sind die Mindesthonorare durch das Zustandekommen der HOAI im Übrigen die Untergrenze einer angemessenen Vergütung.

Die weiteren Schritte

Dem Klagebeschluss der EU-Kommission wird jetzt die tatsächliche Einreichung der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof folgen. Erfahrungsgemäß dauert das mehrere Wochen bis Monate, sodass die Klageeinreichung wohl erst Anfang 2017 erfolgt.

Dann hat die Bundesregierung zwei Monate Zeit zur Klageerwiderung. Ein Klageverfahren vor dem EuGH dauert je nach Komplexität im Durchschnitt 18 Monate, sodass erst 2018 mit einer Entscheidung gerechnet werden kann. GLR