Der Baustoff Beton ist ein Gemisch aus Gestein unterschiedlicher Korngrößen, Zement, Wasser sowie unterschiedlichen Zusätzen. Bezogen auf die Masse macht der Zement lediglich rund 12 Prozent des Betons aus, jedoch prägt er maßgeblich den CO2-Fußabdruck des Baustoffs. Die weltweite Zementproduktion ist für rd. 6 bis 7 Prozent der globalen CO2-Emmissionen verantwortlich und so hat sich die deutsche Zementindustrie mit ihrer CO2-Roadmap das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Neben den Emissionen im Rahmen der Herstellung ist für die Nachhaltigkeit des Baustoffs auch die Nutzungsdauer der Bauwerke von entscheidender Bedeutung. Oft wird die Frage gestellt, warum Bauwerke der Römer wie das Pantheon in Rom und viele Sakralbauten einige der heutigen Bauwerke überdauern. Ein Teil der Antwort sind die teils enormen Belastungen durch Verkehr, Umwelteinwirkungen und die Nutzung von Tausalzen zur Eisfreihaltung im Winter, die insbesondere den Infrastrukturbauwerken zusetzen. Gerade der Einsatz der Tausalze verursacht enorme Schäden an den im Beton befindlichen Bewehrungsstählen, welche die heutige Stahlbetonbauweise im Vergleich zu den Bauwerken der Römer erst ermöglicht.
Zemente der Zukunft mit geringerem C02-Fußabdruck
Wie lässt sich nun Zement als Bindemittel des Baustoffs Beton widerstandsfähig und gleichzeitig möglichst CO2-neutral und damit umweltfreundlicher herstellen? Die Basis heutiger Zemente ist der sogenannte Zementklinker, der bei ca. 1.450 °C Brenntemperatur hergestellt wird. Die CO2-Emissionen resultieren jedoch nur zu rd. einem Drittel aus den Brennstoffen und zu rund zwei Dritteln aus chemischen Umwandlungsprozessen, die prozessbedingt sind, so Fischer. Ein wesentlicher Schlüssel zur klimafreundlicheren Bauweise mit Beton sei die Reduzierung des Klinkeranteils durch weitere Zumahlstoffe. Die Herausforderung besteht nun darin, dass einige der bisher verwendeten und sehr gut geeigneten Zumahlstoffe aus der Roheisenherstellung mit Koks und aus Steinkohlekraftwerken stammen. Beide Prozesse unterliegen ebenfalls dem Wandel im Rahmen der CO2-Emisionsminderung.
Das Finden ganz neuer Zemente bzw. geeigneter Zumahlstoffe und deren korrekte Mischung für neue Zementsorten, welche die Anforderungen an Festigkeit, Dauerhaftigkeit und Umweltverträglichkeit erfüllen, ist Ziel der Zementindustrie und vielfältiger Forschergruppen. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft eine größere Zahl an Zementen Verwendung findet und dass diese gezielt nach den Anforderungen der Bauwerke und Bauteile eingesetzt werden.
Widerstandsfähigkeit von Beton gegen Salze im Fokus
An einem Baustein der Forschung arbeitet die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: Prof. Dr. Christian Fischer und die Doktorandin Hannah Drenkard forschen an der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen im Labor für Werkstoffe im Bauwesen zur Bewertung der Dauerhaftigkeit der aus neuen Zementen hergestellten Betone: Sie führen sogenannte Chlorid-Migrations-Schnelltests zur Analyse des Widerstands der Betone gegenüber Chloriden aus Tausalzen oder Meerwasser durch. Die Gefahr durch die Chloride besteht darin, dass der natürliche, durch die hohe Alkalität (Säurebindungsvermögen) des Betons vorhandene Korrosionsschutz des Stahls im Beton lokal zerstört wird und der Stahl im Beton bei ausreichend Feuchtigkeit zu rosten beginnt.
Um neue Zemente für die künftigen Anforderungen zu konzipieren, führt Fischers Team das in der Realität sehr langsame Eindringen der Tausalze in den Beton im „Schnellverfahren“ durch: „Die bisher mehrheitlich analog und manuell geprägten Prüfverfahren zum Nachweis der Dauerhaftigkeit sollen mittels digitaler Prüf- und Auswertemethoden zuverlässiger und schneller gemacht werden. So können die auf neuen Zementen basierenden Betone beispielsweise schneller auf ihren Widerstand gegenüber schädlichen Chloriden aus Tausalzen geprüft werden.“
Doch nicht nur die Komponenten werden überarbeitet, auch die Produktion selbst steht in Projekten auf dem Prüfstand. Um die bei der Zementherstellung entstehenden Emissionen deutlich zu reduzieren, planen die Zement- und Kalkwerke (ZKW) Otterbein im osthessischen Großenlüder-Müs die Errichtung einer Anlage zur Abgasreinigung. Hierzu wird ein Heißgasfilter mit einem Katalysator in einer Funktionseinheit kombiniert (HGF-SCR). Das Bundesumweltministerium unterstützt das Vorhaben mit rund 1,7 Millionen Euro aus dem Umweltinnovationsprogramm. Mit dem neu entwickelten Abgasreinigungsverfahrens können die Emissionen von Luftschadstoffen bei der Zementproduktion deutlich unter die geltenden Grenzwerte gesenkt werden. Im Vergleich zu anderen innovativen Technologien der Abgasreinigung der Zementindustrie sei das Verfahren technisch robuster und energieeffizienter, so der Hersteller. Quelle: FHWS / ZKW Otterbein / pgl
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