Bund und Länder müssten dabei bereits für 2023 eine Förderung von mindestens 12,5 Milliarden Euro bereitstellen. Um Sozialwohnungen möglichst energieeffizient (KfW-Effizienzhaus 40) zu bauen, seien sogar 15,2 Milliarden Euro pro Jahr an staatlicher Förderung erforderlich. Es führe kein Weg daran vorbei, dass Bund und Länder für die Schaffung neuer Sozialwohnungen ab sofort deutlich tiefer in die Tasche greifen müssten als bislang.
Die Bündnispartner – darunter der Deutsche Mieterbund, die IG BAU sowie die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie – ziehen mit dieser Forderung die Konsequenz aus einer aktuellen Sonderuntersuchung zum sozialen Wohnungsbau, die das Pestel-Institut (Hannover) im Auftrag des Bündnisses gemacht hat. Die deutlich höhere staatliche Subvention – mit einer Fördersumme von mindestens 125.000 Euro je Sozialwohnung – sei notwendig, um vor allem Preissteigerungen sowie anziehende Bauzinsen aufzufangen. Ebenso, um einer weiteren Verunsicherung des Marktes entgegenzutreten.
Es komme darauf an, jetzt den von der „Bau-Lethargie“ besonders betroffenen sozialen Wohnungsbau neu zu beleben. Notwendig seien dabei auch Sonderprogramme zur Dachaufstockung und zum Umbau von Gewerbeeinheiten zu Sozialwohnungen. Zudem soll es künftig Härtefall-Kommissionen bei der Vergabe von Sozialwohnungen geben. Durch ein 10-Prozent-Kontingent sollen sich die Chancen benachteiligter Menschen verbessern, auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen.
Dabei macht das Bündnis „Soziales Wohnen“ Druck: Bundestag und Bundesregierung müssten bereits in der heute beginnenden Haushaltsdebatte zum Etat von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) für das Jahr 2023 ein deutliches Zeichen setzen, fordert das Bündnis. In ihm haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) sowie die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und dem Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) zusammengeschlossen.
Länder sollen Förderanteil beim sozialen Wohnungsbau erhöhen
Der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther, plädiert dafür, die Länder stärker in die Pflicht zu nehmen und ihren Förderanteil beim sozialen Wohnungsbau zu erhöhen. Denn: „Bleibt es bei einem Länderanteil von lediglich 23 Prozent bei der Förderung, dann muss allein der Bund für seinen Haushalt 2023 – je nach Energiesparvariante – zwischen 9,6 und 11,7 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Vorausgesetzt, er hält an seiner selbst gesetzten Zielmarke von 100.000 neu gebauten Sozialwohnungen pro Jahr fest“, rechnet der Institutsleiter vor.
In seiner Sonderuntersuchung zum sozialen Wohnungsbau warnt das Pestel-Institut aktuell vor einer „Nulllinie beim sozialen Wohnungsbau“: „Selbst kommunale, genossenschaftliche und kirchliche Wohnungsunternehmen haben den größten Teil ihrer Bauvorhaben gestoppt: Fast alles, was noch in der Planung war, haben sie auf Eis gelegt.“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Allein im vergangenen Jahr sei rein rechnerisch alle 19 Minuten eine Sozialwohnung vom Markt verschwunden: „Ihre Zahl sank um nahezu 27.400 auf nur noch 1.101.500 Sozialwohnungen bundesweit“, so Günther.
„100.000 neue Sozialwohnungen drohen Ampel-Illusion zu werden“
Die Jahres-Zielmarke von 100.000 neu gebauten Sozialwohnungen, die sich die Bundesregierung zu Beginn der Wahlperiode – nämlich Ende letzten Jahres und damit vor der Krise – selbst gesteckt habe, drohe zur „absoluten Ampel-Illusion“ zu werden. „Um jetzt zu retten, was noch zu retten ist, muss der Bund alle Reserven mobilisieren“, mahnt der Wissenschaftler. Der soziale Wohnungsbau müsse in die Lage versetzt werden, die Kapazitäten aufzufangen, die der Wohnungsbau insgesamt nach und nach freisetze.
Steigende Preise bei Baustoffen und Bauland, anziehende Bauzinsen, drohende Lieferengpässe bei Baumaterial, dazu die generelle Ungewissheit einer Krise: Immer mehr private Bauherren, Wohnungsgesellschaften, Investoren und Projektentwickler ließen angefangene Baupläne wieder in den Schubladen verschwinden. „Das Bauklima ist so mies wie seit Jahren nicht mehr. Die Gefahr ist jetzt, dass der Bau Kapazitäten abbaut und dabei vor allem Fachkräfte verliert. Das wäre fatal. Denn wer einmal dem Bau den Rücken kehrt, kommt so schnell nicht wieder zurück“, erklärt der Institutsleiter.
Aufstockungen und Umbau von Büros könnten Wohnraum schaffen
Teil des Akutplans müssten auch zwei Sonderbauprogramme sein, fordert das Pestel-Institut. „Hier geht es um den Umbau von Büros zu Wohnungen und um die Aufstockung von Dächern im großen Stil“, so Matthias Günther. Allein durch das Umbauen von Büroflächen, die durch das Etablieren vom Homeoffice nicht mehr benötigt würden, könnten bis zu 1,9 Millionen neue Wohnungen entstehen, rechnet das Pestel-Institut vor. Auch die Dachaufstockung bei Wohnhäusern, die in der Nachkriegszeit bis zum Ende der 90er-Jahre gebaut wurden, biete ein enormes Potential: Rund 1,5 Millionen neue Wohnungen seien allein hier durch On-Top-Etagen möglich. „Beides, der Büroumbau und die Dachaufstockung benötigt deutlich weniger Baumaterial und ist schon deshalb wesentlich günstiger als jeder Neubau“, sagt Günther. Quelle: Bündnis Soziales Wohnen / pgl
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