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„Die Wärmewende ist ein ökologischer und ökonomischer Erfolgsfaktor“

Die letzte Bundesregierung hat das Gebäudeenergiegesetz (GEG) novelliert, das bereits im Jahr 2020 – zu Amtszeiten Angela Merkels – von der großen Koalition verabschiedet wurde. Die so genannte Ampelkoalition hatte sich im Koalitionsvertrag gemeinsam auf diese Maßnahme geeinigt, die dann im Sommer 2023 von der Bild-Zeitung als „Heiz-Hammer“ bezeichnet wurde, was die Bürger entsprechend verunsicherte. Der Rest ist bekannt und die „Ampel“ nun schon längst Geschichte. Nun wird vor allem darüber diskutiert, wie es weitergehen könnte und weitergehen sollte. Der freie Fachredakteur Dieter Last hat für den Gebäude-Energieberater mit Ludwig Friedl gesprochen, dem Vorsitzenden des Landesvereins der bayerischen Energieagenturen.

GEB: Herr Friedl, was halten Sie generell als Vertreter der Energieagenturen für sinnvoll sowie machbar, um die Klima- und Wärmewende zu schaffen?

Ludwig Friedl: Die Wärmewende ist der größte Erfolgsfaktor für das Erreichen der Klimaziele und somit eine wichtige Maßnahme gegen den Klimawandel. Und der Weg hin zu einer erfolgreichen Wärmewende führt über die konsequente Substitution von Öl- und Gasheizungen durch zeitgemäße sowie erneuerbare Technologien. Daher sehe ich es als wichtig an, diesen eingeschlagenen Weg mit Hilfe des Gebäudeenergiegesetzes nun konsequent weiterzugehen.

Das Gebäude, in dem auch die Energieagentur Regensburg beheimatet ist, hat Vorbildcharakter in Sachen Nachhaltigkeit, Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energien.

Energieagentur Regensburg

Das Gebäude, in dem auch die Energieagentur Regensburg beheimatet ist, hat Vorbildcharakter in Sachen Nachhaltigkeit, Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energien.

GEB: Sie sind auch seit 13 Jahren Geschäftsführer der Energieagentur Regensburg. Wie nehmen Sie die Bürger und Unternehmer mit – wie gut gelingt das Ihrer Ansicht nach in der Praxis?

Friedl: Unsere Erfahrung zeigt, dass Bürger und Unternehmen hier eigene Entscheidungsprozesse haben. Unternehmen entscheiden daten- und faktenbasiert. Das heißt, sie kennen ihre aktuellen Energiekosten und suchen nach Wegen, diese künftig zu senken. Dabei werden drei Aspekte geprüft: erneuerbare Alternativen, Fördermöglichkeiten sowie gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, immer im Hinblick darauf, was Gesetze, Lieferanten und Kunden vorgeben. Anschließend folgen in der Regel Entscheidungen und Umsetzungen.

Bei den Privathaushalten läuft das leider weniger daten- und faktenbasiert ab. Die meisten Ratsuchenden bei uns in der Energieberatung haben nur oberflächliche Kenntnisse von gesetzlichen Regelungen. Das „Heizungsgesetz“ wird überwiegend als bedrohlich und nicht notwendig wahrgenommen. Soll heißen, die Leute sind einfach nicht ausreichend informiert und kennen die Notwendigkeit und Chancen des Heizens mit erneuerbaren Energien nicht. Wenn wir ihnen die Mehrkosten von Öl und Gas – aufgrund der CO2-Bepreisung – für die nächsten Jahre vorrechnen und die aktuellen Preise für Wärmepumpen, Pelletheizungen oder Anschlüsse an Wärmenetze inklusive Fördermittel, dann sind die meisten sehr überrascht und überdenken ihr Bild vom bösen Heizungsgesetz.

GEB: Wo sehen Sie die wichtigsten beziehungsweise die größten Potenziale, um die Klimaziele zu erreichen?

Friedl: Das wird nur mit einem enormen Ausbau der Erneuerbaren, funktionieren, also der Nutzung von Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie, in Kombination mit dem Ausbau von Speichertechnologien und des Stromnetzes.

GEB: Wie schätzen Sie die derzeitigen politischen Rahmenbedingungen dafür ein?

Friedl: Aktuell nach dieser Bundestagswahl zunächst eher schlecht. Sobald sich aber bei der neuen Bundesregierung Einsicht in die entsprechenden Realitäten einstellt, hinsichtlich der völker- und EU-rechtlichen Vorgaben und des Klimaschutzes, werden die Anstrengungen für die Umsetzung der Energiewende- und Klimaschutzmaßnahmen wieder enorm ansteigen.

GEB: Was muss Ihrer Meinung nach von der neuen Bundesregierung zeitnah in Angriff genommen werden?

Friedl: Sie muss erstens das GEG beibehalten und den Menschen dessen Notwendigkeit vermitteln. Zweitens muss sie Verwaltungshürden bezüglich des Ausbaus von erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen und Infrastruktur beseitigen und dadurch die Geschwindigkeit erhöhen. Drittens müssen Klimaschutz und Energiewende als Lösung und nicht als Problem kommuniziert werden. Die Technologien dafür haben wir in Deutschland parat. Sie sichern die Energieversorgung, ohne Abhängigkeiten von Russland, von den USA und von China.

GEB: Wie stehen Sie zur kommunalen Wärmeplanung, kurz KWP – welches wären die positiven, welches die negativen Aspekte?

Friedl: Grundsätzlich sehe ich sie positiv. Allerdings kann die Fristsetzung bis 2028 zu Absatzverzögerungen im Heizungsmarkt führen. Auch wird die KWP meist als „Wärmenetzplanung“ falsch verstanden. Wenn die „Planung“ in „Wärmeplanung“ betont wird, ist das ebenfalls irreführend beziehungsweise falsch. Es handelt sich vielmehr um eine strategische Zielsetzung für die Wärmeversorgung in einer Kommune. Als Energieagentur sind wir ein starker Akteur in der Erstellung von Wärmeplanungen. Dabei geht es in erster Linie um eine Trennung von Gemeindebereichen, in denen Wärmenetze möglich sind, von solchen, in denen keine Netze ratsam sind. Für letztere braucht es dann dezentrale Lösungen, also erneuerbare Gebäudeheizungen wie Wärmepumpen oder Pelletheizungen, wenn möglich in Verbindung mit Solarthermie-, PV- und Speichersystemen.

GEB: Einige Felder finden in Rahmen der Energiewende kaum Beachtung – beispielsweise die Nutzung industrieller Abwärme. Was tun Sie dagegen?

Friedl: Das Thema Abwärmenutzung ist ein fixer Bestandteil in der kommunalen Wärmeplanung. Ein Fokus dabei ist die industrielle Abwärme, die in jeder Wärmeplanung identifiziert und als energetische Lösung in Betracht gezogen wird.

GEB: Wie können Politik und Medien zu einer positiven sowie konstruktiven Sichtweise der Energiewende in der Bevölkerung beitragen?

Friedl: Indem sie erstens den Menschen täglich die Fakten zum Klimawandel aufzeigen und diesen nicht als ein Thema von Grünen oder Ökos abtun – hey Leute, wacht mal auf! Zweitens, indem sie die Chancen für die deutsche Wirtschaft hervorheben. Aktuell sind zirka 400.000 Personen im Bereich der erneuerbaren Energien beschäftigt. Darüber hinaus bieten die Erneuerbaren die Grundlage für weitere deutsche Entwicklungsleistungen, die wir in die Welt exportieren können – zum Beispiel Speichertechnologien. Und drittens: Wir brauchen wieder Mut und nicht Gejammer!

Dieter Last, freier Fachredakteur und Kenner der Heizungs-, Klima- und Energiebranche

Dieter Last

Dieter Last, freier Fachredakteur und Kenner der Heizungs-, Klima- und Energiebranche

GEB: Herr Friedl, vielen Dank für diese interessanten Einblicke und Einschätzungen.

Quelle: Dieter Last / ab

Hören Sie zum Thema auch unsere Podcast-Episode zur Bundestagswahl 2025 mit Stefanie Koepsell (Deutsches Energieberater-Netzwerk, DEN) und Benjamin Weismann (GIH) sowie unserem Redakteur Markus Strehlitz von Gebäude-Energieberater.