Die Studie „Konsistenz und Aussagefähigkeit der Primärenergiefaktoren für Endenergieträger im Rahmen der Energieeinsparverordnung“ wurde im Auftrag des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und der Brancheninitiative Zukunft Erdgas erstellt. Dr. Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Erdgas: „Der falsche Fokus auf künstlich errechnete Primärenergie statt auf echten Klimaschutz kommt einer staatlichen Verbrauchertäuschung gleich. Solange wir die Maßnahmen im Wärmemarkt nicht am Klimaschutz ausrichten, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn hinten kein Klimaschutz rauskommt.“ Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW: „Dieser Fehler muss so schnell wie möglich korrigiert werden.“
Download der Studie auf www.zukunft-erdgas.info
Kommentar: Die Erkenntnis ist nicht neu, bisher wurde aber eher gemahnt und gewarnt. Die Studie hat das Thema jetzt gründlich aufgerollt. Um die Politik zu bewegen, eventuell zu gründlich, bzw. mit zu viel Tiefgang. Die Studie ist ein Dokument, dass man in den zuständigen Ministerien nach der Lektüre wohl mit einem tiefen Seufzer beiseitelegt und hofft, nie wieder daran erinnert zu werden.
Denn Klimaschutz hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats der EnEV zwar in den Zweck geschrieben (§ 1 EnEV, Beitrag zum nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050), ermächtigt hat sie der Bundestag dazu jedoch nicht. Der hat bei allen Novellen des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) keinen zweiten Fokus auf Klimaschutz gelegt. Im EnEG, das nach der ersten Ölkrise entstand, geht es bis heute ausschließlich um das Einsparen von Energie. Um die EnEV direkt auf Klimaschutzwirkung zu trimmen, müsste sich die Bundesregierung also erst einmal ein Mandat vom Bundestag erteilen lassen.
Für die Auftraggeber der Studie geht es aber mindestens zusätzlich um den von ihnen vertretenen Energieträger Gas bzw. Erdgas. Und um die Konkurrenz Elektro-Wärmepumpe, die besonders von der jüngsten Absenkung des Primärenergiefaktors für Strom profitiert. So wird in der Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Studie reklamiert, dass das EnEV-Berechnungsschema nicht berücksichtigt, dass mit steigendem Anteil erneuerbaren Stroms für die Gebäudeheizung ein zusätzlicher Ausbau der Netze erforderlich ist. In der Studie werden dafür Umweltwirkungen benannt.
Die richtigen Anreize zu setzen, ist wichtig und richtig. Allerdings sollte man auch die Baupraxis realisieren. Hier ließe sich sicherlich kritisieren, dass bei Fernwärme häufiger im Grenzbereich gerechnet wird und die Gebäudehülle ganz oder teilweise nur die EnEV-Nebenanforderungen erfüllt, und dass das Verschlechterungsverbot kaum sichergestellt wird. Dass allerdings mit Holz und Wärmepumpen beheizte Gebäude im Mittel schlechtere Gebäudehüllen als mit Erdgas/Solar beheizte Gebäude aufweisen oder sich negativer auf das Klima auswirken, wäre zunächst zu belegen. Fehlanreize werden nicht automatisch wirksam, weil auch andere Anreize existieren, beispielsweise durch Förderprogramme. Und im Durchschnitt eilt die Baupraxis der EnEV durch die Ausrichtung der KfW-Förderprogramme stets voraus.
An einer Neuausrichtung der EnEV wird die Politik aber nicht vorbeikommen, wenn sie den künftigen Niedrigstenergiegebäude-Standard ernst nimmt. Dann hat die Nutzungsphase des Gebäudes nur noch eine geringe Auswirkung auf das Klima und die Erstellungsphase bekommt eine größere Bedeutung. GLR