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Klimaschutz in den Kommunen unter Zeitdruck

Ein Treffen der Klimaschutzbeauftragten aus drei Bundesländern zeigt: Die Herausforderungen für die Experten sind groß. Viele Themen müssen gleichzeitig angegangen werden – wie die Umsetzung des GEG, die kommunale Wärmeplanung und die Anpassung der Kommunen an den Klimawandel.

Der Bedarf ist offensichtlich groß. Mit 200 Teilnehmenden verzeichnete das jährliche Treffen der Klimaschutzbeauftragten aus den Ländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland ein Rekordergebnis. Und ein Jubiläum kam noch oben drauf: Zum zehnten Mal veranstalteten die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) und die Energieagentur Rheinland-Pfalz das Meeting, das dieses Mal am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim stattfand.

Klimaschutzmanagerinnnen und -manager in den Kommunen seien häufig Einzelkämpfer, sagt Volker Kienzlen, Geschäftsführer der KEA-BW. In ihrer täglichen Arbeite haben sie es ebenso mit den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung wie auch mit Unternehmen, Initiativen, Vereinen und der Bürgerschaft zu tun. Jede Stelle muss mit ihren besonderen Bedürfnissen mitgenommen werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Die Klimaschutzbeauftragten bräuchten daher eine Plattform, um sich fachlich und persönlich auszutauschen, so Kienzlen.

Noch Unsicherheit bei Wärmeplanung

Zur Zeit ist der Job besonders fordernd. „Vor allem die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die sich ständig ändern, stellen eine große Herausforderung dar“, so Kienzlen. So gehe es jetzt etwa darum, das GEG umzusetzen. Und dabei sollte es seiner Meinung nach nicht nur um die jetzt verabschiedete Variante gehen, sondern die ursprüngliche Intention des Gesetzes sollte erfüllt werden. Und die laute: „Wir müssen klimaneutral werden.“

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld, in das die Klimaschutzbeauftragten involviert sind, ist die kommunale Wärmeplanung. Bis zum 30. Juni 2026 müssen Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern einen Plan vorlegen, wie sie eine klimaneutrale Wärmeversorgung umsetzen wollen. Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern haben dafür noch bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Doch bei diesem Thema gibt es laut Kienzlen noch große Unsicherheiten – und den verstärkten Bedarf an Austausch. „Wie geht Wärmeplanung? Wie lassen sich GEG und Wärmeplanungsgesetz miteinander verknüpfen? Um diese Fragen zu beantworten, brauchen die Klimaschutzmanager Informationen“, sagt Kienzlen.

Bis in einem Jahr werden 200 kommunale Wärmepläne vorliegen

Dabei könnten viele davon profitieren, dass in Baden-Württemberg die großen Kreisstädte bereits bis zum 31. Dezember 2023 einen Wärmeplan erstellen müssen. Das betrifft laut Kienzlen 104 Kommunen. Daneben habe es eine Förderung für die kommunale Wärmeplanung gegeben, die mehr als 100 weitere Kommunen in Anspruch genommen hätten. „Wir gehen davon aus, dass wir bis in einem Jahr zumindest von 200 Kommunen die Planungen vorliegen haben“, sagt Kienzlen. Die Erfahrungen, die man daraus sammelt, könnten sich dann für die anderen Bundesländer nutzen lassen.

Eine Erkenntnis hat Kienzlen schon jetzt gewonnen. Er geht davon aus, dass das Wärmeplanungsgesetz dazu führen wird, dass viele bestehende Wärmenetze ausgebaut sowie dekarbonisiert werden und neue entstehen werden. Das helfe bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung insgesamt.
Er rät außerdem dazu, sich bei der Wärmeplanung nicht nur auf das Sammeln von Daten zu konzentrieren. Stattdessen sollten sich die Kommunen um die Konzepte zu kümmern, die auf dieser Basis entstehen. „Wenn es dann um die Umsetzung dieser Konzepte geht, wird es spannend“, meint Kienzlen. „Dann werden wir sehen, wo die größten Hürden sind.“

Im Gegensatz zu den Kommunen in Baden-Württemberg hat die rheinland-pfälzische Stadt Speyer zwar noch etwas mehr Zeit für ihren Wärmeplan. Aber auch Speyer beschäftigt sich schon mit dem Thema. Der Antrag auf Förderung ist gestellt und es werden bereits einige Gebiete unter diesem Aspekt genauer betrachtet. Laut der Speyerer Klimaschutzmanagerin Katrin Berlinghoff gebe es für sie sowie ihre Kolleginnen und Kollegen aber momentan die große Herausforderung, sich gleichzeitig mit allen Handlungsfeldern beschäftigen zu müssen. „Es reicht nicht, sich auf ein einzelnes Thema zu konzentrieren“, so Berlinghoff. „Dafür haben wir einfach nicht die Zeit.“ So müsse man sich neben dem Reduzieren von Emissionen auch um das Anpassen der Städte an den Klimawandel kümmern. „Es geht um die Fragen: Wie sind die Verhältnisse in zehn oder 15 Jahren und wie müssen Räume und Orte entsprechend gestaltet werden?“

Speyer setzt auf den digitalen Zwilling

Speyer geht dabei einen innovativen Weg. Die Stadt erstellt einen so genannten digitalen Zwilling. Auf Basis realer Daten entsteht ein virtuelles Abbild der Stadt. Mit diesem lassen sich dann bestimmte Maßnahmen simulieren und Rückschlüsse ziehen, wie diese wirken. Derzeit werden die dafür relevanten Informationen gesammelt – etwa zu Trafostationen oder Leitungen, die im Untergrund verlaufen. Zudem wurden bereits hochaufgelöste Oberflächendaten per Luftaufnahme gesammelt, die ebenfalls in das Modell einfließen. Mit dem digitalen Zwilling sollen sich dann Fragen beantworten lassen wie etwa: Wie viele Bäume werden an welcher Stelle benötigt und welchen konkreten Kühlungseffekt haben diese? „Das Ziel ist, eine faktenbasierte Analyse zu ermöglichen“, so Berlinghoff.

KEA-BW-Geschäftsführer Kienzlen bestätigt, dass das Thema Klimaanpassung von hoher Bedeutung ist. Bei immer heißeren Sommertagen brauche man mehr Grün und mehr Wasser in der Stadt – und besser gedämmte Gebäude. Die Sanierung der Gebäudehülle ist ihm ohnehin ein wichtiges Anliegen. „Wir werden ohne eine Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes unsere Ziele nicht erreichen“, sagt Kienzlen. „Und auch dabei spielen die Klimaschutzmanager eine wichtige Rolle, um dieses Thema zu transportieren.“ Um Lösungen für dieses und die anderen drängenden Themen zu finden, seien Treffen wie das in Mannheim sehr wichtig, so Klimamanagerin Berlinghoff. Man müsse Augen und Ohren offen halten, um zu erfahren, was in anderen Kommunen passiert. „Denn es gibt eine Regel beim Klimaschutz: Abgucken ist erlaubt.“ Markus Strehlitz