Kennen Sie die Broken-Windows-Theorie? Sie geht auf die US-amerikanischen Sozialforscher James Wilson und George Kelling zurück, wonach eine zerbrochene Fensterscheibe möglichst rasch repariert werden müsse, um zu verhindern, dass ein Stadtteil verwahrlost und die Kriminalität um sich greift. Die Theorie basiert auf einem Versuch des Psychologen Philip Zimbardo, der in den 1960er Jahren einen älteren Pkw mit abmontierten Kennzeichen und geöffneter Motorhaube in der New Yorker Bronx abgestellt hatte. Bereits nach zehn Minuten hatten sich Passanten genähert und begonnen, das Auto auszuschlachten. Nach einem Tag waren alle verwertbaren Teile abmontiert und entfernt, und kurz darauf begann die sinnlose Verwüstung des Autowracks. Ein zweites, ähnlich präpariertes Auto stellte Zimbardo in Palo Alto ab. Dort blieb das Fahrzeug unberührt, nur ein besorgter Passant näherte sich und schloss die offen stehende Motorhaube. Für Zimbardo war dies der Beleg dafür, dass ein bereits beschädigtes Objekt Diebstahl und weiteren Vandalismus rasch nach sich ziehen, wenn das soziale Umfeld bereits anfällig dafür ist – dass also soziale Brennpunkte schnell eskalieren können, wenn man nicht rechtzeitig gegensteuert. Auf den großen städtebaulichen Maßstab übertragen bestätigte sich diese daraus abgeleitete Broken-Wings-Theorie unter anderem bei der Großsiedlung Pruitt-Igoe in Saint-Louis in Missouri. Die 1955 fertiggestellte Wohnanlage aus 33 elfstöckigen Wohnsilos umfasste auf 23 Hektar 2870 Wohnungen und war dafür angelegt, die Wohnsituation ärmerer Familien aus der Umgebung zu verbessern. Der Bezug kam jedoch wegen verschiedener Planungsfehler, Baumängel und vor allem aufgrund des unattraktiven Wohnumfeldes nie so recht in Gang. Der großflächige Leerstand wirkte als Nährboden für Vandalismus, was schließlich nur 17 Jahre später im Jahr 1972 zum kompletten Abriss des sozialen Wohnprojektes führte.
Was heißt das nun für uns Energieberater? Ganz einfach – bleiben Sie stets wachsam und behalten Sie Ihr Ohr am Kunden, auch wenn Ihr Auftrag abgeschlossen ist, damit die vereinbarte Fassadendämmung mit Fenstertausch nicht zur Pinselsanierung verkommt. Oder noch besser: Verkehren Sie diese Broken-Wings-Theorie doch einfach ins Gegenteil! Verleihen Sie Ihrem Kunden Vorbildfunktion im Quartier getreu dem Motto: Tue Gutes und rede darüber! Lassen Sie aus einer PV-Anlage zehn in der Straße werden, überlegen Sie sich einen flotten Wärmewende-Werbespruch für Ihren Firmenwagen („Heizen Sie noch oder stromen Sie schon?“) und sorgen Sie dafür, dass aus zerbrochenen Fensterscheiben keine Sanierungsruinen werden – proklamieren Sie die Energieautarkie! Geben Sie Gas, indem Sie es überflüssig machen! si