Post vom Finanzamt birgt meistens ebenso unangenehme Überraschungen wie die Jahresabrechnung der Nebenkosten. Aufgrund der steigenden Energiekosten für Gas und Heizöl muss in der Regel stets eher Geld nachbezahlt werden, als dass man vom Energieversorger wieder etwas von den geleisteten Abschlagszahlungen zurück bekommt. Jedoch gehen nicht alle Nachforderungen für die gelieferte Energie auf die steigenden Preise zurück, wie der Vergleich der Abrechnungen mit dem Nachbar zeigt.
Der Grund liegt im Nutzerverhalten, denn jeder heizt und lüftet seine vier Wände nach eigenem Gutdünken. Da er die finanziellen Konsequenzen seines Handelns jedoch immer erst Monate später mit der Heizkosten-Jahresabrechnung vor die Nase gehalten bekommt, ist es ihm unmöglich, direkte Rückschlüsse des Energieverbrauchs auf sein Verhalten zu ziehen. Wer weiß schon noch nach Monaten, wann er wie gelüftet hat? Oder dass die Balkontür im Winter aus Versehen über die Nacht offen stand? Oder dass tagelang ungenutzte Räume auf 24 °C beheizt wurden, weil man vergessen hatte, den Thermostat abzudrehen? Wie energiebewusst man heizt und lüftet, lässt sich aus einer Jahresabrechnung nicht ablesen. Es bleibt der gute Vorsatz, in der nächsten Heizperiode stärker auf den Verbrauch von Energie zu achten. Was mangels Selbstkontrolle am Ende des Jahres dann doch wieder mit einer Nachzahlung endet, die sich nicht allein aus steigenden Energiepreisen erklären lässt. Die Lösung des Dilemmas liegt auf der Hand: zeitnahe Informationen über den aktuellen Verbrauch, um das eigene Verhalten entsprechend anzupassen und somit Energie und Kosten zu sparen.
Das Unternehmen ista macht mit seinem webbasierten Energiedatenmanagement (EDM) die Energieeffizienz sichtbar. Um herauszufinden, wie gut dies in der Praxis funktioniert, hat das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt eine Wirkungsanalyse des ista-Produkts EDMpremium im Hinblick auf die damit erreichbare Energieeinsparung durchgeführt. EDMpremium ist ein Webangebot, welches den Nutzern (Bewohnern und Hausverwaltern) monatsaktuell den Energieverbrauch für Heizung, Warmwasser und Strom rückmeldet. Es soll somit eine kontinuierliche und kurzfrequente Überwachung des Energieverbrauchs ermöglichen, um bewusster mit dem Energieverbrauch umzugehen, beziehungsweise für sich selbst feststellen zu können, wie sich durch das eigene Handeln die Energieeffizienz des Gebäudes verbessern lässt.
Für den Feldversuch wurden vier Liegenschaften in Aachen analysiert (Abb. 1 ), in denen zu Beginn der Heizperiode 2009/2010 die Nutzung von EDMpremium möglich wurde. Insgesamt wurden die Daten zum Heizwärmeverbrauch von 67 Nicht-Nutzern und 37 Nutzern von EDMpremium über zwei Heizperioden ausgewertet: 2009/2010 (mit EDMpremium) im Vergleich zu 2008/2009 (noch ohne Zugang zu EDMpremium).
Auswertung der Verbrauchsdaten
Berechnungsmethodik
Aus den von ista überlassenen Rohdaten der in den insgesamt 118 Wohnungen gemessenen Monatsverbräuche wurden in einem ersten Schritt 14 Wohnungen aus der Analyse entfernt, unter anderem, weil diese (teilweise) nicht bewohnt waren. Danach wurde der Verbrauch auf die jeweilige Wohnfläche bezogen, sodass monatliche spezifische Verbrauchswerte (kWh/m2) vorlagen. Anschließend wurden die Klimadaten mit den Werten der Station des Deutschen Wetterdienstes in Aachen abgeglichen, um spezifische Verbräuche bezogen auf die Heizgradtage des jeweiligen Monats (Kilowattstunde je Quadratmeter und Kilokelvinstunde Temperaturdifferenz = kWh/(m2 · kKh)) zu erhalten. Ein stabiles Verhalten der Bewohner mit stets gleichen Innentemperaturen und einer gleichbleibenden Luftwechselrate vorausgesetzt, sollte die Höhe dieser Werte die ganze Heizperiode über annähernd konstant bleiben.
Das Niveau des spezifischen Verbrauches wird überwiegend durch den Wärmeschutzstandard des Gebäudes bestimmt. Bei den Objekten 1 und 4 liegt der Mittelwert um 0,8 kWh kWh/(m2 · kKh), bei den Objekten 2 und 3 hingegen bei 2,5 beziehungsweise 1,75 kWh/(m2 · kKh).
Einflussfaktoren auf den Heizwärmeverbrauch
Wie sich das eigene Verhalten auf den Heizwärmeverbrauch auswirkt, bestimmen die am Thermostatventil eingestellte Raumtemperatur und die Lüftungsgewohnheiten. Rückschlüsse aus den Verbrauchsdaten auf die von den Bewohnern gewählte Temperatur sind kaum möglich, weil die Lage der Wohnung (Anzahl der Außenflächen) einen deutlich größeren Einfluss auf die Höhe des spezifischen Heizwärmebedarfes hat. Außerdem werden in den meisten Fällen die mittleren Raumtemperaturen in den Wohnungen über die Heizperiode hinweg kaum verändert, sodass sich keine in den Messwerten erkennbaren Schwankungen ergeben. Anders ist die Lage beim Lüftungsverhalten: Untersuchungen wie zum Beispiel [1] haben belegt, dass in der Übergangszeit – besonders im Frühjahr – neben dem nötigen erhöhten Luftaustausch zur Feuchteabfuhr vor allem das subjektiv empfundene Bedürfnis nach frischer Luft in der Wohnung zunimmt. Es wird dann teilweise über mehrere Stunden täglich gelüftet. Selbst wenn die Heizung während dieser Zeit abgestellt wird, kühlt die Wohnung aus, was anschließend wieder kompensiert werden muss.
Dieser Effekt zeigt sich auch deutlich in den Verbrauchsaufzeichnungen aus den Pilotprojekten. Eine Analyse der gemessenen Verbräuche ergibt, dass gerade dieses Verhalten bei den Nutzern von EDMpremium besonders ausgeprägt war. Nachdem die Informationen über den Vormonatsverbrauch zugänglich waren, hat sich der Drang zum mehrstündigen Lüften jedoch deutlich verringert (Abb. 3 ).
Die Interpretation der Daten wird umso schwieriger, je niedriger der spezifische Verbrauch wird. Veränderungen der solaren Einstrahlung durch die Fenster (die in dem einfachen Korrekturfaktor der Heizgradtage nicht erfasst werden) und innere Wärmequellen (Personen und Geräte) verursachen Schwankungen, die gerade bei älteren Gebäuden vom sehr hohen Heizwärmebedarf überlagert werden.
Entwicklung des Energieverbrauchs nach EDMpremium-Nutzung
In Abb. 1 lässt sich das veränderte Nutzerverhalten in den Wintern 2008/2009 gegenüber den Jahren 2009/2010 ablesen. Es gibt in den Liegenschaften einige Extremverbraucher, die ganz offensichtlich in der Übergangszeit die Fenster längere Zeit geöffnet halten, ohne dabei die Heizung abzustellen. Diese Gewohnheit haben mehrere Nutzer des Portals deutlich vermindert. Ein erhöhter Verbrauch ist zwar immer noch festzustellen, aber die spezifischen Verbräuche haben sich reduziert.
Die Monate April und Mai im Frühjahr 2009 waren relativ mild, was einige Mieter zu starkem Lüften verführt hat, was wiederum den spezifischen Verbrauch stark ansteigen ließ. Die gleichen Monate des Jahres 2010 waren hingegen so kalt, dass kaum jemand auf die Idee kam, die Fenster übermäßig lange zu öffnen. Dieser Effekt stellt sich in der grafischen Darstellung in Abb. 1 drastischer dar, als er in der Bedeutung für das Jahresergebnis ist, denn die Monate April und Mai 2009 hatten nur noch wenige Heizgradtage.
Bei der Berechnung der prozentualen Veränderungen im Vergleich der beiden Winter sind die spezifischen Monatsverbräuche entsprechend der Zahl der Heizgradtage des jeweiligen Monats gewichtet, sodass die Werte der kältesten Monate das Ergebnis entscheidend bestimmen (Abb. 2 ). Werden die klimabereinigten Verbräuche mit denen aus dem Vorjahr verglichen, ergibt die Berechnung eine Einsparung von 14 % bei den Nutzern von EDMpremium, während der Verbrauch der Nicht-Nutzer fast konstant bleibt (Mehrverbrauch 2 %).
Bei beiden Gruppen ist festzustellen, dass sich im zweiten Winter die spezifischen Verbräuche gleichmäßiger darstellen. Das Verhalten von Nutzern, die vorher einen höheren Energieverbrauch hatten und Nichtnutzern des Portals, deren vergleichsweise niedrigerer Energieverbrauch in etwa gleich geblieben ist, hat sich angenähert.
Um den Umfang der vermutlich durch die Nutzung des Portals initiierten Verhaltensänderungen abzuschätzen, wurde in den Daten der beiden Gruppen (Nutzer und Nicht-Nutzer) nach Veränderungen von über 25 % des klimabereinigten Verbrauches gesucht [2]. Die Ergebnisse dieser Analyse waren deutlich positiv: Unter den Nutzern von EDMpremium gab es 16 Mieter (43 % aller Nutzer), deren Verbrauch um mehr als ein Viertel zurückgegangen ist. Denen standen lediglich drei Mieter (8 % aller Nutzer) gegenüber, bei denen sich der Verbrauch im Jahresvergleich um mehr als 25 % erhöht hat.
Bei den Nichtnutzern von EDMpremium sind die Verhältnisse dagegen in etwa gleich geblieben: 15 Mietern mit relevanten Verbrauchsminderungen standen 14 Mieter mit entsprechendem Mehrverbrauch gegenüber.
In der Summe über alle Objekte gesehen, ließ sich nach einer Heizperiode eine klimabereinigte Reduktion des Verbrauchs um 5,4 % bilanzieren, obwohl nur 37 von 104 ausgewerteten Haushalten (35,5 %) an dem Feldversuch teilnahmen und EDMpremium mit der Zugriffsmöglichkeit auf die aktuellen monatlichen Verbrauchswerte genutzt haben.
Literatur und Anmerkungen
[1] Ebel, Witta, et al. (2003). Wohnen in Niedrigenergie- und Passivhäusern, Darmstadt, IWU
[2] Zusätzlich wurde noch die Bedingung „größer 0,2 kWh/(m2 · kKh)“ verwendet, weil bei einigen Wohnungen, die nur einen minimalen Verbrauch aufweisen, durch – absolut gesehen – minimale Veränderungen im Verbrauch große prozentuale Abweichungen entstehen, die aber für das Ergebnis in der Summe keine Bedeutung haben.