Imposante Rekonstruktionen wie das Ischtar-Tor aus Babylon oder der Pergamonaltar sowie die Ausstellungen der Antikensammlung, des Vorderasiatischen Museums und des Museums für Islamische Kunst ziehen jährlich tausende Besucherinnen und Besucher ins Pergamonmuseum. Das 1930 eröffnete Museum besteht heute aus einer Dreiflügelanlage. Sie wird im Zuge der Sanierung unter anderem um den ursprünglich geplanten, jedoch nie realisierten vierten Flügel am Kupfergraben erweitert. Zunächst werden im ersten Bauabschnitt der Nordflügel und der Mittelteil saniert.
Sanierungen bedeutender Kulturgüter gelten als besondere Herausforderung, auch wenn sie wie im Falle der Ausstellungsobjekte im Pergamonmuseum unempfindlicher als Bilder in einer Gemäldeausstellung reagieren und geringere konservatorische Anforderungen an die Einhaltung von Raumtemperatur und Raumluftfeuchte gelegt werden können. Die langjährige Planungs- und Ausführungszeit zeigt jedoch den hohen technischen und architektonischen Anspruch, eine vorhandene denkmalgeschützte Bausubstanz mit vertretbaren Eingriffen behutsam, aber zugleich tiefgreifend auf den heutigen Stand der Technik zu heben.
Schlitzdurchlässe bringen frische Luft in die Ausstellung
Die TGA-Detailplanung beruht auf einer intensiven Kooperation dreier Planungsbüros. Die Stuttgarter Lüftungsexperten von Kiefer Klimatechnik haben bereits langjährige Erfahrung mit der Belüftung von Kulturausstellungen. „Museen sind äußerst spannende Aufgabenstellungen. Jedes Bauvorhaben ist anders – ob es um das Museum Louvre in Abu Dhabi oder den Wiederaufbau des Neuen Museums auf der Museumsinsel in Berlin geht. Zum Glück gelten überall die gleichen physikalischen Gesetze“, beschreibt Vertriebsingenieur Norbert Hinderer
die besondere Herausforderung.
So gilt es, in den klassischen Ausstellungsräumen des Pergamonsmuseums unterschiedliche Raumhöhen, die Vorgaben des Denkmalschutzes und die sich im Planungsprozess geänderten Kühllasten und Luftmengen zu berücksichtigen. Die Lüftungsexpert:innen entschieden sich für eine Luftführung mit dem Schlitzdurchlass INDUL. Seine Vorzüge: Neben einem unauffälligen Einbau verhindert die spezielle Freistrahlcharakteristik, dass sich Schmutz entlang des Luftauslasses ablagern kann. Dadurch bleiben die Decken länger staubfrei. „Die äußerst hohe Induktion ermöglicht selbst bei sehr tiefen Einblastemperaturen eine Zugfreiheit“, erklärt Hinderer einen weiteren Vorteil. In millimeterfeine Einzelstrahlen aufgeteilt führt der Durchlass die Zuluft abwechselnd links und rechts im 45-Grad-Winkel zu. Auf diese Weise schafft er in den klimatisierten Ausstellungsräumen eine angenehme Atmosphäre – ohne spürbaren Luftzug.
Lichtdecke unauffällig montiert
Für eine ästhetische Deckengestaltung lassen sich die Schlitzdurchlässe in Fugen integrieren. Im Pergamonmuseum sind sie unauffällig für Besucherinnen und Besucher zwischen Lichtdecke und umlaufendem Randfries platziert und erfüllen die architektonischen Anforderungen. Die Trennung der Installationsebene für die Raumlufttechnik von der Lichtdecke erforderte geometrische Sonderausführungen der Luftverteilkästen, um die speziellen Anschlüsse platzsparend unterbringen zu können.
In einigen Räumen sind Wandteppiche als Ausstellungsobjekte vorgesehen. Um zu verhindern, dass sie sich bewegen, war ein Kompromiss aus gewünscht hohem Austrittsimpuls der Zuluft über die Schlitzdurchlässe, dem Richtungsimpuls der Zuluft und dem schnellen Geschwindigkeitsabbau erforderlich. Auch die teilweise schallharten Ausführungen der Ausstellungsräume erschwerten den Planungsprozess. Der Anhaltswert der mittleren Nachhallzeit liegt für Museumsneubauten bei etwa 1,5 s. Während der Planung haben bauakustische Messungen und Simulationen eine zu erwartende Nachhallzeit von 3-8 s ergeben. Daher mussten die bisherigen RLT-Lösungen überarbeitet werden. Dass die umfangreiche Planung tatsächlich auch funktioniert, bestätigten die ersten Arbeiten Anfang des Jahres 2020 beim Ausbau des Telephossaales. Der weitere Ausbau erfolgt nun Raum für Raum.
Neues Eingangsgebäude bekommt Sonderlösung
Als Haupteingang und zur Erschließung der zukünftigen Archäologischen Promenade erhält das Pergamonmuseum im Ehrenhof einen dem Mittelbau vorgelagerten Neubau: den Tempietto, den „kleine Tempel“. Eine Stahl-Glas-Konstruktion bildet die zeitgenössische Interpretation des Eingangsportals. Die nahezu vollständig transparente Konstruktion ermöglicht lediglich eine Luftführung im Sockelbereich. Hierfür kommen Sonderausführungen des Quelldurchlasses INDUQUELL zum Einsatz. Die Flächenauslässe sind umlaufend angeordnet und hinter einem etwa 40 cm hohen Guss-Gitter für die Besucherinnen und Besucher unsichtbar installiert. Ihre Geometrie und ihr Ausblasverhalten der Zuluft wurden an die Gussgitter angepasst und im Zuge der Planung abgestimmt.
Bei Quellluft-Systemen erfolgt die Zufuhr der Zuluft in den Raum turbulenzarm mit geringem Impuls. Vorteile sind die geringen Luftgeschwindigkeiten sowie ein nahezu geräuschloser Betrieb. Quellströmungen erzeugen ein über die Raumhöhe ansteigendes Temperaturprofil. So gelangt die zugeführte Frischluft direkt zu den Besucherinnen und Besuchern. Es entsteht eine hohe Luftqualität im Aufenthaltsbereich. Quell-Luftdurchlässe lassen sich an Decken und Wänden anbringen, ebenso an Brüstungen oder Sockeln. Durch eine hohe Temperaturdifferenz bis -8 K funktionieren sie zugleich leistungsstark und energieeffizient.
Für den zweiten Bauabschnitt steht Norbert Hinderer als Vertriebsingenieur erneut bereit: „Der erste Ausstellungsraum ist bereits fertiggestellt, nach und nach folgen jetzt die weiteren Räume.“ Der erste Bauabschnitt soll bis 2025 abgeschlossen sein. Der zweite Bauabschnitt folgt anschließend, die Planungen haben bereits begonnen. Nach der Fertigstellung ist für die Besucherinnen und Besucher ein kompletter Rundgang durch das Pergamonmuseum möglich.
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