Manchmal kann es ganz sinnvoll sein, das Pferd von hinten aufzuzäumen, was übertragen auf die Tätigkeit eines Energieberaters bedeutet: Nicht fragen, was der Kunde sich so vorstellt und was er finanzieren kann, sondern ihm erzählen, was der Sinn und Zweck des ach so gefürchteten „Heizungsgesetzes“ ist und mit welchen Geldgeschenken der Staat ihn gerade zu überschütten gedenkt. Man muss sich das einmal vorstellen: Die Hälfte aller Immobilienbesitzer weiß nicht, welche Heiztechnologien sie gemäß GEG künftig in ihre Gebäude einbauen dürfen.
Dass Wärmepumpen dazu gehören, ist inzwischen natürlich jedem klar. Aber dass der Bund die Installation von Wärmepumpen auch fördert, wissen nur etwas mehr als ein Drittel. Schlimmer noch: 86 Prozent ist nicht bewusst, dass der Staat bis zu 70 Prozent
der förderfähigen Investitionskosten beim klima-
freundlichen Heizungstausch erstattet. Fast ebenso vielen ist nicht klar, dass sich mehr als zwei Drittel aller Bestandsbauten in Deutschland ohne größere Umbaumaßnahmen dafür eignen, mit einer Wärmepumpe beheizt zu werden. Trotzdem riskieren mehr als
60 Prozent, mit dem Heizungstausch zu warten, bis die Kommunen ihre Wärmeplanung abgeschlossen haben und blicken somit alsbald dem abfahrenden Klima-
geschwindigkeitsbonus-Zug hinterher, der ab 2029 aus dem Blickfeld gerät. So das Ergebnis einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Civey, beauftragt von Vaillant und durchgeführt zwischen dem 30. Januar und 22. Februar 2024.
Die für die Zielgruppe durchaus als repräsentativ einschätzbaren Ergebnisse – immerhin wurden rund 5.000 Immobilienbesitzer:innen online befragt – können einen wirklich nachdenklich machen. Haben all die vorausgegangenen Streitereien rund ums GEG die Deutschen so mürbe gemacht, dass ihnen die eingeredete Angst und die Verwirrung infolge des Hin und Her das Heft des Handelns zerschreddert haben? Wie kann es sein, dass die wohl besessensten Schnäppchenjäger dieser Welt sich solche Förderschnäppchen entgehen lassen? Das kann nur an fehlender Aufklärung liegen, meint man da konstituieren zu müssen. Da zwickt es mich doch schon sehr, unsere Leser nach ihren Erfahrungen zu fragen. Decken sich Ihre Eindrücke bei Ihren Beratungsgesprächen mit den Ergebnissen der Civey-Befragung? Und wie reagieren Ihre Kunden, wenn sie von Ihnen über das aufgeklärt werden, was sie offenbar nicht wissen?
Meine Erfahrungen als Architektin bezüglich der Informiertheit von Bauherren und -damen besagen, dass sie im digitalen Informationszeitalter infolge eines wohl nicht mehr heilbaren Klickwahns dazu neigen, sich derart mit Halbwissen zu dopen, dass sie sich am Ende gerne auch mal als die besseren Planer sehen. Will heißen, man hat im Planungsgespräch eine gewisse Mühe, all die mitgebrachten Wissensbausteinchen zu sortieren und richtig einzuordnen. Immerhin aber sitzen einem Bauwillige gegenüber, die eine gesunde Vorstellung davon haben, was sie wollen und wie sie das finanzieren können.
Offenbar jedoch geht den Immobilienbesitzern bei der energetischen Sanierung diese Begeisterung und Vorfreude ab – man sieht sich durch das GEG und die Klimaschutzbestrebungen eher gegängelt und getrieben, anstatt die Risiken eines „Weiter so“ zu erkennen und die Möglichkeiten der Förderung als Positivum zu begreifen. Mir scheint, diesbezüglich stehen die vom Bafa und von der KfW genervten Energieberater vor einer großen Herausforderung, ihren eigenen Frust hintanzustellen und ihren Kunden stattdessen die Konsequenzen des Nichthandelns und das Verpassen von Fördergeschenken vor Augen zu führen.
In dieser GEB-Ausgabe versuchen wir erneut, Ihnen dafür Argumente zu liefern und Ihnen vielleicht auch die eine oder andere Info anzudienen, die sie bis jetzt noch nicht hatten. Blättern Sie also um – wann, wenn nicht jetzt?
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Ihr GEB Redaktionsteam