Derzeit kommt für Energieberatende – mal wieder – viel zusammen. Die geplante schnellere Umstellung der Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien, die sich verändernden Preise für Gas und Öl, die fortwährende Debatte um das Heizen mit Holz, der Fokus auf PV und Wärmepumpe, der Hickhack um das Gebäudeenergiegesetz, die sich immer wieder abrupt verändernde Förderlandschaft und nicht zuletzt die Verunsicherung durch teilweise unseriöse und irritierende Medienkampagnen zu den Strategien im Heizungsbereich sorgen für Verunsicherung bei Kundinnen und Kunden. Und auch die Energieberatenden leben ja nicht auf einem anderen Stern, sondern müssen sich selbst in einem Umfeld zurechtfinden, das heftiger von Krisen geprägt ist, als man das in den vergangenen Jahrzehnten kannte.
Wie müssen Beratungen unter solch schwierigen Rahmenbedingungen aussehen? Das war eines der Themen des Netzwerktreffens der Akteure der energetischen Gebäudesanierung, das ich im Mai besucht habe. Leila Morgenroth, frisch gewählte Geschäftsführerin der Energieagentur Göttingen und außerdem Arbeits- und Organisationspsychologin, hat es auf den Punkt gebracht: „Energieberatende brauchen neben dem technischen Knowhow Empathie und Verständnis für komplexe Problemlösungen.“ Einfühlungsvermögen macht die Beratungssituation nicht gerade easy, aber vielleicht ein bisschen handhabbarer.
Wir haben uns bei dem Treffen auch mit der sozialen Dimension der Wärmewende beschäftigt, in der Empathie und die Mitnahme aller Beteiligten im Vordergrund stehen. Sebastian Metzger von co2online stellte Zahlen aus einer aktuellen Befragung vor. Es ging darum, den Zusammenhang von Zustimmung oder Ablehnung der Wärmewende im Verhältnis zum Einkommen zu erheben. Auf die Frage „Sollten veraltete fossile Heizungen durch klima-
freundlichere Heizsysteme ersetzt werden?“ antworteten nur 12 Prozent der einkommensstärksten Gruppe mit Nein, aber 25 Prozent der Gruppe mit einem Monatseinkommen zwischen 800 und 1300 Euro. Sie wohnen meist in Häusern, die mit Gas oder Öl und nicht mit einer Wärmepumpe oder einem Pelletkessel geheizt werden. Circa 70 Prozent dieser Gruppe bereitet der Heizungswechsel Sorgen.
Was das mit Empathie und Verständnis für komplexe Problemlösungen zu tun hat? Viel, finde ich. Denn es geht darum, zuzuhören, Ängste und Vorbehalte ernst zu nehmen und Lösungen zu entwickeln, die passen. Und zwar nicht nur zum Gebäude, sondern auch zu den Menschen, die darin wohnen (müssen). Ich höre immer wieder von Beratenden, dass sie umfassende und perspektivisch sinnvolle Lösungen zur Gesamtsanierung vorschlagen und berechnen, und dann „nur“ die Fenster getauscht werden. Immerhin hat die Beratung einen Impuls in die richtige Richtung gegeben und für erste Sanierungsschritte sensibilisiert.
Empathie bedeutet, auch Schritte mitzugehen, die man selbst zu klein findet. Ich verstehe das Bestreben, viel erreichen zu wollen. Zu lange gab es keine Rahmenbedingungen, die es erlaubt haben, den Gebäudebestand fit zu machen für den Klimawandel, nun drängt die Zeit. Energieberater und Energieberaterinnen sind schließlich Überzeugungstäter, die die Wärmewende voranbringen und zukunftsfähige, lebenswerte Gebäude und Quartiere gestalten wollen. Um aber wirklich in die Breite zu kommen, braucht es neben Engagement auch Geduld. Oft mit der Politik, die die Rahmenbedingungen setzt, manchmal mit zögerlichen Kundinnen und Kunden, aber auf jeden Fall auch mit uns selbst, wenn Argumente beispielsweise nicht ausreichen, um ein Optimum herauszuholen.
Viel Freude beim Lesen, Empathie in der Beratung und mit sich selbst wünscht Ihnen
Ihre Pia Grund-Ludwig