Der Bundesrat hat am 7. Juni 2013 der HOAI 2013 zugestimmt. Die grundlegend überarbeitete Honorarordnung für Architekten und Ingenieure muss nur noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden und tritt dann am folgenden Tag in Kraft (2009 kam die Zustimmung am 12. Juni und die Verkündung erfolgte am 17. August). Die Tafelwerte als Grundlage für die Honorarberechnung werden durch die neue HOAI deutlich erhöht, gleichzeitig wurden aber auch die Leistungsbilder modernisiert, sodass sich die Honorare nicht 1:1 mit den Tafelwerten entwickeln.
Keine Rückführung der „Beratungsleistungen“
Anders als vom Bundesrat 2009 und in späteren Dokumenten sowie von den Ministerkonferenzen der Bundesländer gefordert, erfolgt mit der aktuellen HOAI-Novelle keine Rückführung der Teile X bis XIII der HOAI-Fassung von 1996 (Umweltverträglichkeitsstudien, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Vermessungstechnische Leistungen) in den verbindlich geregelten Teil – seit 2009 werden sie unverbindlich in der Honorarordnung in Anlage 1 als „Beratungsleistungen“ geführt.
Diese ziemlich einsame politische Entscheidung des federführenden Bundeswirtschaftsministers Dr. Philipp Rösler liest sich in der Pressemitteilung zur Zustimmung der Länder zur HOAI so: „Für Beratungsleistungen führt die HOAI 2013 die bestehende Teilliberalisierung fort und stellt aktualisierte Leistungsbilder und Honorarempfehlungen bereit. Auf dieser Grundlage können Leistungsumfang und Höhe der Vergütung je nach konkretem Sachverhalt individuell vereinbart werden.“
VBI: HOAI-Novelle diskriminiert Ingenieurleistungen
Zuvor hatte sich unmittelbar nach der Zustimmung des Bundesrats der Präsident des Verbands Beratender Ingenieure (VBI) Dr.-Ing. Volker Cornelius mit Unverständnis und Bedauern auf den Bundesratsbeschluss zur 7. HOAI-Novelle reagiert: „Die darin festgeschriebene Degradierung von Ingenieurleistungen – wie Geotechnik, Vermessung, Bauphysik und Schallschutz – zu sogenannten Beratungsleistungen, deren Honorierung der Gesetzgeber nicht mehr verbindlich regelt, diskriminiert den ganzen Berufsstand.“ Diese Leistungen seien unverzichtbare Bestandteile des Planungsprozesses nicht nur im Hochbau. Cornelius. „Sie setzen grundlegende öffentlich-rechtliche Anforderungen etwa bei der Einhaltung energetischer Standards durch und sind beispielsweise auch mitentscheidend bei der Energiewende.“
Enttäuschende Honorarerhöhung
Auch die Honorarerhöhung für die verbindlich zu vergütenden Ingenieurleistungen bezeichnete der VBI-Präsident als enttäuschend. Dies liege deutlich unter der von den Ingenieuren eingeforderten angemessenen Honorierung ihrer hochqualifizierten Leistungen. So wurde beispielsweise das hohe Risiko, das allen Ingenieuren im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung aufgebürdet wird, bei der Honorarfestsetzung nicht berücksichtigt. „Dazu kommt“, so Cornelius, „dass den Ingenieurbüros immer weniger finanzieller Spielraum für fachliche Weiterbildung und Qualifikation bleibt, die Anforderungen an die Ingenieure aber immer komplexer werden.“ Der daraus erwachsende Know-how-Verlust bei den Ingenieuren sei eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nicht zuletzt stünden auch die aktuell viel diskutierten Problemprojekte von BER bis Elbphilharmonie für die Gültigkeit des VBI-Leitspruchs „Wer billig plant, baut teuer“.
Auch der Bundesrat übt deutlich Kritik
Der Bundesrat hat der HOAI 2013 zwar ohne Änderungswünsche zugestimmt (um das Inkrafttreten nicht in Gänze zu verhindern), jedoch in einer Entschließung mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung wesentliche Teile seines Beschlusses vom 12. Juni 2009 nicht gefolgt ist. Explizit wird dabei auf die ausdrückliche Bitte, den Verzicht auf verbindliche Honorarsätze für Beratungsleistungen in seinen Auswirkungen kritisch zu begleiten und gegebenenfalls zur Verbindlichkeit der Honorare für Beratungsleistungen nach Anlage 1 der Verordnung zurückzukehren und dem Bundesrat innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der novellierten HOAI [2009] über die Entwicklung sowie über möglicherweise notwendige Anpassungsmaßnahmen, insbesondere im Hinblick unter anderem auf die Auskömmlichkeit der Honorarstruktur, zu berichten.
Die Bundesrats-Entschließung enthält sechs weitere Punkte:
- Der Bundesrat stellt mit Befremden fest, dass die Unterrichtung der Länder über den Inhalt der siebten Novelle der Verordnung und den Verbleib der Beratungsleistungen im unverbindlichen Teil der HOAI so spät erfolgt ist, dass aufgrund des dadurch verursachten engen Zeitrahmens eine angemessene Diskussion auf Ebene des Bundesrates und eine Umsetzung von dessen Beschlüssen in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich ist, ohne das Inkrafttreten der siebten Novelle der Verordnung in Gänze zu gefährden.
Die Länder haben sich stets mit großem Nachdruck für eine weitere Modernisierung der HOAI eingesetzt und die Bundesregierung in diesem Vorhaben bestärkt. Der jetzt gegebene, unangemessen hohe Zeitdruck entspricht diesem kooperativen Geist nicht. - Die beabsichtigte Honorarerhöhung soll den modernisierten Leistungsbildern und dem nicht unwesentlich erhöhten Leistungsumfang Rechnung tragen. Der Bundesrat stellt dazu fest: Zweistellige Steigerungssätze bedeuten auch eine besondere Belastung für die Bauhaushalte von Ländern und Kommunen, zumal unter angespannten finanzpolitischen Rahmenbedingungen.
- Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ihre mangelnde Einbeziehung in den Prozess der Novellierung kritisiert und sich mit Blick auf steigende Baukosten gegen die Novelle ausspricht.
- Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in der nächsten Legislaturperiode die Auswirkungen der Honorarerhöhung zu evaluieren.
- Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Frage der Rückführung der Beratungsleistungen in den verbindlichen Teil der HOAI in der neuen Legislaturperiode intensiv geprüft werden muss. Er bittet die Bundesregierung, darüber innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung zu berichten.
- Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus um Umsetzung der baufachlichen Forderung, nach der Regelungen für die örtliche Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen als verbindlich in die HOAI aufzunehmen sind. Stattdessen wurde in der aktuellen HOAI-Novelle die Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen als „Besondere Leistung“ definiert (vergleiche Anlage 12.1, Abschnitt LPH 8 sowie Anlage 13.1, Abschnitt LPH 8).
Es könnte also gut sein, dass schon in der kommenden Legislaturperiode die 7. HOAI-Novelle erfolgt. Erfahrungsgemäß wird es ohnehin den Bedarf redaktioneller Korrekturen geben, sobald sich die HOAI ihrer praktischen Bewährungsprobe stellen muss.
Dokumente zum Einlesen
Da keine Änderungswünsche am Verordnungstext vorgetragen worden sind, gibt der dem Bundesrat zugesandte Entwurf der HOAI 2013 schon den endgültigen Stand wieder (Bundesratsdrucksache 334/13 ), lediglich eine von der Bundesregierung nachgeschobene Berichtigung ist zu beachten (Bundesratsdrucksache zu334/13 ). Gültigkeit erlangt allerdings nur die im Bundesgesetzblatt verkündete Version (inklusive aller eventuellen Fehler). GLR