Springe zum Hauptinhalt Springe zum Hauptmenü Springe zur SiteSearch

Heizungsmarkt: Die Stimmung ist schlechter als die Lage

 

So düster wie zurzeit war die Branchenstimmung schon lange nicht mehr. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie hat in seiner aktuellen Absatzstatistik für das dritte Quartal 2024 erschreckende Zahlen vorgelegt. Die Hersteller setzten demnach 48 Prozent weniger Wärmeerzeuger ab als im gleichen Zeitraum des Rekordjahres 2023. Die Wärmewende tritt damit gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes und der Ausweitung der Förderung auf alle Wohnungseigentümer und Hausbesitzer Ende August auf der Stelle.

Dazu passend hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognose für Deutschland für das laufende Jahr um weitere 0,2 Prozentpunkte abgesenkt. In seinem am 22. Oktober in Washington vorgestellten Jahresbericht geht er nun von einem Nullwachstum der deutschen Volkswirtschaft aus. Das ist das schwächste Wachstum aller führenden westlichen G7-Industriestaaten. Für das kommende Jahr reduzierte er seine Prognose zudem deutlich um 0,5 Punkte auf 0,8 Prozent Wachstum.

Die Verunsicherung der Bundesbürger ist demzufolge recht hoch, und die Neigung zum „Angstsparen“ wächst. Neben der überbordenden Bürokratie sowie dem Fachkräftemangel bereiten die aktuellen Transformationsprozesse in Industrie und Handel vielerorts begründete Sorgen. Die Heizungsbranche kann derzeit ein Lied davon singen, das mehrere Strophen hat. Nach den zwei Rekordjahren 2022 und 2023 kam nun also die Vollbremsung im laufenden Jahr. Die Ursachen sind vielfältig und die Auftragslage dürfte auch im SHK- Handwerk zunehmend sensibler werden.

Wir Deutschen neigen zum Pessimismus, den wir mit sorgenvoller Schwarzmalerei garnieren. Dieser Gemütszustand sorgt für eine gewisse Mutlosigkeit und führt im schlimmsten Fall zu ernsthaften Depressionen. Daraus resultiert eine starke Neigung zum Aufgeben. Alles in Allem führt das nicht zu der optimistischen Grundstimmung, die unsere Branche benötigt, um die Herausforderungen des Marktes sowie die Wärme- und Klimawende in positivem Sinne zu gestalten. Wir sollten deshalb die realen Chancen betrachten und uns die Stärken unserer Wirtschaftsnation bewusst machen, statt alles ins Negative zu rücken.

Zukunft kommt von Zuversicht

Deshalb an dieser Stelle einige Fakten, die optimistisch stimmen können: Der Europäische Zentralbank hat den Leitzins Mitte Oktober um 0,25 auf aktuell 3,25 Prozent abgesenkt. Das dürfte sich zunehmend positiv auf die Investitionsbereitschaft in unserem Lande auswirken.

Zuversichtlich zeigt sich auch die Stimmung bei den Unternehmen in Deutschland. Der ifo Geschäftsklimaindex stieg im Oktober auf 86,5 Punkte, nach 85,4 Punkten im September. Das ist der erste Anstieg nach vier Rückgängen in Folge. Die Unternehmen zeigten sich zufriedener mit ihrer aktuellen Lage. Auch die Erwartungen hellten sich auf, bleiben aber von Skepsis geprägt. Die deutsche Wirtschaft konnte den Sinkflug vorerst stoppen.

Laut Berechnungen der DZ Bank stieg das Geldvermögen der Deutschen um etwa 6,8 Prozent auf 7,953 Billionen Euro an. 2022 war dieser Wert bei den privaten Haushalten noch um fast fünf Prozent zurückgegangen. Den starken Zuwachs begründet DZ Bank Research vor allem mit gestiegenen Aktienkursen, die für einen gewissen Inflationsausgleich sorgten. Darüber hinaus hat die Hans-Böckler-Stiftung in einer aktuellen Studie ermittelt, dass jeder Deutsche über 17 Jahren ein Nettogesamtvermögen von etwa 88.000 Euro aufweist. Im vergangenen Jahr hat das Geldvermögen der Deutschen also wieder kräftiger zugelegt.

Tatsächlich ist die Lage im Bausektor prekär, besonders im Wohnungsbau. Im Juni 2024 wurde in Deutschland der Bau von lediglich 17.600 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 19 Prozent weniger als im Juni 2023. Im Vergleich zum Juni 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen um 42,1 Prozent. Angesichts des extremen Wohnraummangels muss und wird die Baukonjunktur deshalb wieder anspringen.

Hinzu kommt der Sanierungsstau in der häuslichen Wärmeversorgung: Über 81 Prozent der wiederkehrend messpflichtigen Ölfeuerungsanlagen (3,2 Millionen) und etwa 65 Prozent der Gasfeuerungsanlagen (3,7 Millionen) sind älter als 20 Jahre. 3,3 Millionen Öl- und Gasgeräte davon sind sogar 30 Jahre alt und älter. Im Gebäudebestand liegt demnach ein „schlafender Riese“, der geweckt werden will.

Schwarzmalerei hilft uns gewiss nicht aus der Krise

Eine typisch deutsche Mentalität ist es, mit dem Finger auf Behörden und Politiker beziehungsweise den Staat zu zeigen, wenn gesellschaftliche und wirtschaftliche Defizite erkennbar werden. Doch Schwarzmalerei hilft uns gewiss nicht aus der Krise – Handeln ist gefragter denn je. Die Ampelregierung hat mit andauernden Streitereien und ihrer verunsichernden Öffentlichkeitsarbeit sicherlich große Fehler gemacht. Nun ist es an uns, ist es an der Fachbranche, dieses Szenario ins Positive zu drehen.

Grundsätzlich sind die Bundesbürger für eine Energie- und Wärmewende zu gewinnen, aber sie erwarten bessere Argumente beziehungsweise mehr Motivation zum zeitnahen Einsatz neuer Technologien. Geld allein spielt dabei sicher nicht die entscheidende Rolle – das überzogene und ängstliche Sparverhalten sowie die hohen Freizeit- und Urlaubsausgaben zeigen uns das deutlich. Die etablierten Branchenverbände BDH, BSW, BWP, VDS, ZIV und ZVSHK sollten sich umgehend auf eine breit angelegte Aktionskampagne verständigen, um den Sanierungsstau in der Wärmeversorgung aufzulösen.

Schlechte Stimmung hilft niemandem im Markt, sondern verunsichert nur die Kundschaft, die dann erst einmal abwartet und nichts investiert. Wer das nicht versteht, schadet sich selbst und damit einer Branche, die optimistisch nach vorn blicken kann. Zukunft kommt von Zuversicht.

privat

Dieter Last (62), ist Handwerksmeister, Fachjournalist in der TGA-Branche und Mitglied im Arbeitskreis Baufachpresse.

last@waldecker-pr.de