Erst kürzlich hat die Bundesregierung die infolge einer Haushaltssperre ausgesetzte Bundesförderung Energieberatung für Wohngebäude (EBW) neu gestartet. Rund zwei Monate später steht nun der nächste Ärger ins Haus: Da aus dem Bundeswirtschaftsministerium die Mittel nur verzögert an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fließen, hat die für die Abwicklung zuständige Behörde eine Bewilligungspause ausgerufen.
„Laut einem Schreiben des BAFA stellt das Bundesfinanzministerium die Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) aufgrund der angespannten Haushaltslage nur zeitlich gestaffelt zur Verfügung. Für den aktuellen Zuteilungszeitraum, der nicht näher beziffert wird, ist das Geld wohl bereits aufgebraucht – weshalb Energieberatende und Hausbesitzende wieder einmal in die Warteschlange verwiesen werden“, erläutert Stefan Bolln, Bundesvorsitzender des Energieberatendenverbands GIH.
Dass in der EBW derzeit keine Anträge mehr bewilligt werden, hat weitreichende Folgen: Da die Bundesregierung in anderen Programmen die Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) zur Voraussetzung gemacht hat, wird Sanierungswilligen der Zugang zur maximalen Förderung verbaut. Beispielsweise sorgt ein Sanierungsfahrplan bei Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle für 5 % mehr Förderung und verdoppelt die förderfähigen Kosten auf maximal 60 000 Euro. Liegt der iSFP nicht vor, sinkt die staatliche Unterstützung im Extremfall von 12 000 auf 4500 Euro.
Anmerkung der Redaktion: Modernisierer können den iSFP auch nicht vollständig auf eigene Rechnung erstellen lassen, für die höher Förderung muss er gefördert worden sein (bzw. über eine Fördernummer verfügen).
Nachtrag aufgrund der nachstehenden Mitteilung des BAFA vom 28. März 2024
„Kein Förderstopp bei Beratungsprogrammen“
„Aktuell kommt es bei den Förderprogrammen EBN und EBW zu Verzögerungen bei der Bewilligung und Auszahlung von Fördermitteln. Der beschlossene Wirtschaftsplan 2024 des KTF gilt. Alle gesetzlichen und alle bisher eingegangenen Verpflichtungen werden erfüllt. Es gibt weder einen Förderstopp, noch werden Programme ausgesetzt. Im Hinblick auf die derzeitige haushaltswirtschaftliche Gesamtlage und die kommenden Haushaltsjahre ist innerhalb des KTF ein wirtschaftlicher und sparsamer Umgang mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln von besonders hoher Bedeutung. Die Zuweisung der Mittel im KTF erfolgt daher zunächst für das erste Halbjahr. Aufgrund dieser zeitlichen Staffelung bei der Mittelzuweisung kann in Ausnahmefällen die Bewilligung und Auszahlung länger dauern als üblich.
Das BAFA nimmt weiterhin Anträge für die Beratungsförderung entgegen und zahlt Anträge aus, sobald neue Mittel zugewiesen werden. Grundsätzlich gilt: Alle bewilligten Anträge werden auch ausgezahlt.“
Anmerkung der Redaktion: „Bewilligungspause“, „Förderstopp“ oder „Verzögerungen bei der Bewilligung und Auszahlung von Fördermitteln“: Für Antragstellende bietet ohne zeitlich Angabe auch die mildere Umschreibung des BAFA keine Planungssicherheit. Wenn für das erste Halbjahr zugewiesene Mittel schon Ende März eine „Verzögerung bei der Bewilligung und Auszahlung von Fördermitteln“ provozieren, ist das Vertrauen trotzdem lädiert. Solchen Anträgen liegen zumeist auch ein zeitlicher Projektplan und Ziele zugrunde. Die gehen dann entweder in die Warteschleife oder können gar nicht mehr realisiert werden. Und, dass die Nachfrage nach den Förderprogrammen EBN und EBW das Potenzial hat, den Wirtschaftsplan 2024 des KTF insgesamt zu sprengen, ist wenig plausibel. Die wesentlich größeren Abflüsse würden erst danach erfolgen, sodass EBN und EBW an anderer Stelle drosseln.
Enorme Unsicherheit
„Der abermalige Förderstopp sorgt für enorme Unsicherheit und verzögert Sanierungsprojekte unnötig“, kritisiert Bolln, der sich auch an der unklaren Kommunikation aus Politik und Verwaltung stört: Bau- und Sanierungsprojekte seien mittel- bis langfristige Vorhaben, die in puncto Förderung auf Transparenz und Verlässlichkeit angewiesen seien. Informationen zu Förderbudgets, Zeiträumen oder drohenden Engpässen fehlten aber völlig.
Verwundert ist Bolln auch hinsichtlich der von Verwaltungsseite geäußerten Überraschung über die hohe Nachfrage nach geförderten Energieberatungen: „Mal ehrlich: Wenn ich Ende 2023 einen zweimonatigen Förderstopp hatte, dann darf ich mich doch nicht wundern, wenn die Anträge Anfang 2024 nachgeholt werden. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber dem Sanierungsfahrplan zum Jahreswechsel eine höhere Bedeutung verliehen hat und deutlich mehr Sanierungswillige fachmännische Beratung wünschen.
Führt man sich das alles vor Augen, fragt man sich schon, ob das politische Handeln eigentlich noch einen Bezug zur Lebenswirklichkeit von Bürgerinnen und Bürgern hat oder ob es gar ein Interesse gibt, die Energiewende im Gebäudebereich zu verzögern. Einige Energieberatende hegen bereits den Verdacht, dass unabhängige Beratung gar nicht gewünscht ist. Denn große und kapitalstarke Beratungsunternehmen stören sich an verzögerten Mittelfreigaben nur bedingt und nicht wenige Anleger wollen über Investitionen in solche Unternehmen ihre Rendite erhöhen – was freilich fatal wäre.“
Positiv ist aus Sicht des GIH-Bundesvorsitzenden jedoch die Tatsache, dass die Fördertöpfe für Beratungen und Investitionen nicht leer sind, sondern es nur an der Freigabe der Gelder hapert. Dies müsse sich schnell ändern, damit gerade wieder wachsendes Vertrauen nicht abgewürgt werde. ■
Quelle: GIH / jv