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KI-Tool soll Akzeptanz für Sanierungen erhöhen

Der Bedarf an energetischen Sanierungen in Deutschland ist groß, doch deren Umsetzung kommt nur langsam voran. Vermietende zögern häufig, entsprechende Maßnahmen anzustoßen. Die Kosten dafür sind hoch und die Frage, wie diese auf Mietende sowie Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer verteilt werden, kann zu Streitigkeiten führen.

Mieterhöhungen im Zuge von Sanierungen stellen für die Betroffenen eine finanzielle Belastung dar. Und wie sie zustande kommen, ist für die Mietenden häufig intransparent und somit nicht nachvollziehbar. „Energetische Sanierungen haben daher mittlerweile den Ruf eines Geschäftsmodells“, sagt Kirsten David von der Fakultät für Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Sie werden als Instrument gesehen, mit dem Vermietende nur Geld verdienen wollen.

Ein Forschungsprojekt der Uni Bielefeld soll das ändern. Im Projekt Intelligente Modernisierungsplattform (Intelmod) entsteht eine Online-Plattform, die alle Beteiligten durch den Sanierungsprozess begleitet. Sie soll für einzelne  Sanierungsmaßnahmen Vorschläge zur Kostenverteilung unterbreiten.

Grundlage ist das so genannte funktionale Kostensplitting, das Projektleiterin David in ihrer Dissertation entwickelt hat. Damit erhalten Vermieter eine Handlungsempfehlung zur sachgerechten und nachvollziehbaren Ermittlung von Mieterhöhungen nach energetischen Maßnahmen. Das Splitting geht davon aus, dass jede energetische Maßnahme ein Bestandsbauteil modernisiert und zugleich erhält. Das Verfahren gliedert entstandenen Kosten entlang der Anteile der tatsächlichen Verbesserung und der Erhaltung des Bauteils. „Denn nur Kosten, die für Modernisierungen entstanden sind, berechtigen nach § 559 BGB zu einer Mieterhöhung. Den Aufwand für den Erhalt der Mietsache müssen Vermietende tragen“, erklärt David.

Auf dieser Basis soll Intelmod eine Art Schlichtungsstelle darstellen, mit der die finanziellen Belastungen nach einer energetischen Maßnahme gerecht aufgeteilt und Differenzen zwischen Mietende und Vermietende gelöst werden. Die Plattform richte sich vor allem an Menschen ohne bautechnisches oder mietrechtliches Vorwissen, so David.

Künstliche Intelligenz unterstützt Splitting

Dabei könnte auch künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielen. In einem zweiten Projekt mit dem Namen KIMM (KI-gestützte Modernisierung an Mietwohnungsbaubeständen) wird untersucht, inwiefern KI die Anwendung des funktionalen Kostensplittings effizienter unterstützen kann als eine menschliche Beratung. Ziel ist es, die komplexen mietrechtlichen Anforderungen für Laien verständlicher zu machen und den Vermietenden Hilfestellung zu geben, wie sich Kosten fair verteilen lassen.

„Im Gegensatz zu großen Wohnungsunternehmen mit eigener Rechtsabteilung sind private Vermietende oft überfordert mit der Situation“, berichtet David. „Sie sehen zwar, was im Gesetz steht, erkennen aber die Herausforderungen nicht, die damit verbunden sind.“ So sei etwa die Grenze zwischen Modernisierungskosten, die umgelegt werden können, und Erhaltungskosten, bei denen dies nicht der Fall ist, nicht eindeutig definiert. Das birgt Konfliktpotenzial.

Eine KI könnte dieses reduzieren, indem sie wichtige Fragen zu dem Thema beantwortet, ohne dass Vermietende sich selbst in die Rechtsprechung einlesen und Gesetzesbücher durchforsten müssen. Dafür wird im Projekt unter anderem mit einem selbst entwickelten Large-Language-Modell gearbeitet. Solche Modelle sind auch Grundlage für bekannte KI-Systeme wie etwa ChatGPT. Um Antworten auf Grundlage einer verlässlichen Datenbasis liefern zu können, wird die KI mit einer Fülle von Gesetzestexten und rechtlichen Publikationen gefüttert.

Im Projekt soll nun geprüft werden, ob die KI Antworten besser und schneller findet als ein menschlicher Berater und wie dies von den Nutzern angenommen wird. Dazu werden jetzt Testserien in einem Labor in der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg durchgeführt, für die auch noch Probanden gesucht werden, wie David berichtet.

Programm zeigt was KI darf

Während es bei KIMM also darum geht, die Funktionalität der KI zu prüfen, beschäftigt sich Intelmod auch damit, ob die Ergebnisse, die das System liefert, rechtsverbindlich sein können. Es geht um die Frage, ob ein Nutzer sich im Streifall auf die KI berufen kann oder ob ein Mensch noch in den Beratungsprozess eingebunden werden muss.

Hinzu kommt, dass die Entscheidungsfindung der KI-Software transparent gestaltet sein muss, damit sich nachvollziehen lässt, wie sie zu ihrem Ergebnis kommt. Entsprechende Vorgaben gibt es durch den AI Act der EU, der gerade in Kraft getreten ist. „Die Konkretisierung dieser Regeln etwa durch Rechtsprechung steht jedoch noch aus“, so David. „In dem Projekt ist folglich vor allem eine geeignete Dokumentationsmethode zu identifizieren, vorzunehmen und zu prüfen.“

Laut der Projektleiterin könnte die Hilfestellung durch die KI auch die Leistungen eines Energieberaters ergänzen. Denn neben der Auswahl einer energetischen Sanierungsmaßnahme aufgrund von technischen und ökologischen Kriterien könnte die KI zusätzlich die Information liefern, wie sich die entstehenden Kosten verteilen lassen.

Grundsätzliches Ziel der beiden Projekte ist es laut David, die Akzeptanz energetischer Maßnahmen zu steigern und somit dazu beizutragen, den Sanierungsstau aufzulösen. Dafür arbeiten Experten aus den Bereichen Bau, Recht und Informatik zusammen. Das Projekt KIMM läuft noch bis November 2025. Dann sollte geklärt sein, welche Rolle KI in der Online-Plattform Intelmod spielen kann. An dieser wird in dem entsprechenden Projekt noch bis Sommer 2027 gearbeitet. Quelle: Transparentpgl