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Flexible Energiesysteme brauchen anderen Rechtsrahmen

Gebäude und Quartiere müssen zukünftig auf die fluktuierende Stromerzeugung reagieren können und werden als regelbare Last oder dezentrale Erzeuger selbst zum Teil des Energiesystems. Im Projekt „FlexGeber - Demonstration von Flexibilitätsoptionen im Gebäudesektor und deren Interaktion mit dem Energiesystem Deutschlands“ hat das Fraunhofer- ISE sich angeschaut, wie das in der Praxis funktionieren kann.

Ziel des im Energieforschungsprogramm der Bundesregierung geförderten Projekts war es, neuartige Wärme- und Kälteerzeugungstechnologien sowie Lösungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen und zur Integration erneuerbarer Energien zu demonstrieren. Neben der effizienten Nutzung und Verknüpfung von Strom, Wärme und Kälte wurde erprobt, wie Industrie und GHD-Sektor (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) in die Energiewirtschaft eingebunden werden können. Dafür wurden drei Fallstudien analysiert, die Flexibilitätspotenziale des Nichtwohngebäudebestandes erhoben und Hemmnisse für Markt- und Betreibermodelle identifiziert.

„Bislang sind Liegenschaften mittelständischer Industrieunternehmen oder des GHD-Sektors nur primärenergetisch betrachtet worden, nicht als Akteure im Energiesystem. Die in ihnen schlummernden Potenziale zur Bereitstellung von Flexibilität sind bisher nur unzureichend erforscht worden, eine Lücke, die unser Projekt geschlossen hat“, erklärt Jessica Thomsen, Teamleiterin Dezentrale Energieversorgung und Märkte am Fraunhofer ISE.

Das Projekt hat gezeigt, wie durch eine ganzheitliche Energiesystembetrachtung auch in mittelständischen Organisationen ein Transformationspfad in eine treibhausgasneutrale Zukunft gefunden werden kann. Dabei könne der Grad der Eigenversorgung vor allem durch Photovoltaik in Kombination mit Wärmepumpen oder thermischen bzw. elektrischen Speichern gesteigert werden. Dies reduziert die Energiekosten sowie CO2-Emissionen.

Allerdings sei ein flexibler, netzdienlicher Betrieb mit dem aktuellen rechtlichen Rahmen und den installierten Messtechniken kaum zu realisieren, so das Ergebnis des Projekts. Zur Hebung relevanter Flexibilitätspotenziale müssen unter anderem die Tarifstruktur des Elektrizitätsbezugs reformiert und die technologischen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Bereitstellung von Flexibilität wirtschaftlich interessant zu gestalten. So könnten die Netzentgelte dynamisiert und an die Netz- oder Systemerfordernisse angepasst werden.  

Fraunhofer ISE

Zunächst wurde bei den Unternehmen Hermann Peter KG Baustoffwerke und Taifun-Tofu GmbH sowie am Campus Heidenhofstraße des Fraunhofer ISE eine Energiesystemanalyse durchgeführt. Das Projektkonsortium entwickelte und installierte dafür detaillierte Messkonzepte zur Erfassung von Energiedaten. Auf Basis dieser Daten bildeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ISE die Energiesysteme der Case Studies im Energiesystemmodell DISTRICT ab und erhoben das technische Potenzial der Flexibilisierung von Strom-, Wärme- und Kältenutzung.  

So wurden am Fraunhofer ISE ein Kältenetz und ein Kaltwasserspeicher mit 200 Kubikmetern Volumen installiert. Durch den Austausch mehrerer kleiner, dezentraler Kälteanlagen konnte die Systemeffizienz gesteigert werden. Der Kältespeicher ermöglicht es zudem, einen größeren Teil der Last durch freie Kühlung zu decken und die Kälteanlagen flexibler zu betreiben, z.B. entlang eines sich ändernden Strompreises. Auch die wichtige Rolle von Wärmepumpen wurde durch das Projekt unterstrichen.

„Die Vorortanalysen haben uns gezeigt, welche Möglichkeiten es für uns gibt, den Prozesswärmebedarf CO2-neutral zu gestalten“, erklärt Alfons Graf, Verantwortlicher “Technischer Ausbau“ beim Projektpartner Taifun Tofu GmbH. Diese Erkenntnisse sollen bei zukünftigen Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden.

Flexibilitätspotenziale ohne Anreize nicht nutzbar

Die vom Projektteam für den Nichtwohngebäudesektor erhobenen Flexibilitätsoptionen wurden in ein regionales und deutschlandweites Energiesystem- und Energiemarktmodell eingebunden, um deren Interaktion mit dem Energiesystem und die damit verbundenen Auswirkungen zu bewerten. Um das negative und positive Flexibilitätspotenzial für Deutschland abzuschätzen, erhob das Team den Nichtwohngebäudebestand und berechnete das Flexibilitätspotenzial für verschiedene Technologien.

Um die berechneten Flexibilitätspotenziale einordnen zu können, wurden sie mit der prognostizierten Residuallast (Bedarf an Strom, der nicht durch erneuerbare Energien abgedeckt werden kann) für Deutschland im Jahr 2045 verglichen. Dabei zeigte sich, dass allein die Nichtwohngebäude ein relevantes Flexibilitätspotenzial besitzen, das bis zu 3,2 Prozent der Residualenergie im Jahr 2045 entspricht.

Roadmap zeigt notwendigen Rahmen auf

Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts lag in der rechtlichen Analyse der Hemmnisse, die derzeit eine Nutzung der Flexibilitätspotenziale verhindern. Diese Analyse wurde vom Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) als weiterer Projektpartner durchgeführt. Sie ergab, dass ohne ökonomische Anreize für die Bereitstellung von Flexibilität Unternehmen aktuell die finanziellen und nicht-finanziellen Aufwendungen zur Erschließung der Potenziale nicht kompensieren können.

Das Projektteam entwickelte daher eine Roadmap und eine Handreichung, die notwendige Rahmenbedingungen für die Flexibilisierung aufzeigen. Ein zentrales Hemmnis sind die Netzentgelte: Eine Reformierung, die einen Strombedarf in Anlehnung an das Stromangebot fördert (z.B. Anreiz zu Spitzenlasten bei Solarstrom-Spitzen), würde die Flexibilisierung wirtschaftlich interessanter machen. Quelle: Fraunhofer ISE / pgl

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