„Es könnte wertvolle Zeit verschlafen werden“
Zudem seien die Kosten importierter „grüner“ Gase für Endverbraucher kaum absehbar und hinreichende Kapazitäten nicht vorhanden. Auch seien die möglichen Spielräume, etwa noch zu niedrige Sanierungsraten bei Gebäuden durch CO2-arme Energieimporte zu kompensieren, gering. Hinzu kämen neue Importabhängigkeiten und damit mögliche geopolitische Erpressbarkeiten sowie Fragen der technischen Nutzbarkeit.
Die Experten machen in dem Dossier deutlich: „Um dem trügerischen Eindruck entgegenzuwirken, eine verstärkte Nutzung größtenteils aus dem Ausland importierter ‚grüner‘ Gase könne die politischen Anstrengungen im Bereich der Energieeffizienz mindern oder gar überflüssig machen, möchten die unterzeichnenden Expertinnen und Experten explizit auf die nach wie vor zentrale Rolle einer forcierten, alle Sektoren umfassenden Effizienzstrategie hinweisen.“ Sie warnen weiter, dass durch falsche Hoffnungen in großskalige Grüne-Gase-Technologien wertvolle Zeit verschlafen würde zur Umsetzung von Effizienzmaßnahmen, die wesentlich kostengünstiger umzusetzen seien. In Folge könnten etwaige EU-Strafzahlungen weiter anwachsen.
Damit kritisieren die Experten auch bisherige politische Versäumnisse der Bundesregierung im Bereich Energieeffizienz. Sie appellieren an die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag angekündigte Energieeffizienzstrategie und weitere breitenwirksame Maßnahmen unverzüglich umzusetzen. Dazu schlagen Sie ein Dutzend konkreter Maßnahmen vor. Sie fordern unter anderem einen CO2-Preis für den Wärme- und Verkehrssektor von mindestens 50 Euro/t, Effizienzanreize für Gebäudeeigentümer und Industrieunternehmen sowie einen zukunftsfähigen Neubaustandard im Gebäudeenergiegesetz.
Die Idee für das Dossier ist im Rahmen der diesjährigen Summer-Study-Konferenz des European Council for an Energy Efficient Economy (eceee) im Juni entstanden. Viele der Unterzeichner sind Mitglieder des fachlichen Beirats der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff). Der Unterzeichnerkreis ist jedoch deutlich größer. Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine Position der Deneff.
BMU-Aktionsprogramm für strombasierte Brennstoffe
Im Juli 2019 hat das Bundesumweltministerium (BMU) ein Aktionsprogramm für strombasierte Brennstoffe vorgelegt und darin erste umweltpolitische Leitplanken für ihren Einsatz formuliert. Bundesumweltministerin Svenja Schulze bei der Vorstellung: „Power to X wird in Zukunft national und international einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Denn auf dem Weg in eine klimaneutrale Weltwirtschaft wird es nicht reichen, nur die Stromerzeugung auf erneuerbare Energien umzustellen. Auch im Verkehrsbereich und in der Industrie wird Ökostrom eine zentrale Rolle spielen. In einigen Bereichen kann man den Ökostrom direkt nutzen, etwa bei Elektroautos. In anderen Bereichen wird das auch in Zukunft schwierig bleiben, etwa bei Flugzeugen, Frachtern oder – prozessbedingt – in der Stahl-, Zement- oder Chemieindustrie. Hier werden strombasierte Brennstoffe zu einem wichtigen Ersatz für fossile Energien werden. Für den Klimaschutz ist es dabei zwingende Voraussetzung, dass diese Brennstoffe aus erneuerbarem Strom hergestellt werden.“
Aus Sicht des BMU ist es für PtX bis zur globalen Marktreife noch ein weiter Weg. PtX werde Bestandteil der Transformation ausgewählter Sektoren sein. Da mit der Umwandlung von Strom in Wasserstoff und anschließende PtX-Produkte jedoch Umwandlungsverluste einhergehen, sei dort, wo technisch möglich, die direkte Nutzung von Strom stets vorzuziehen. Die Substitution fossiler im Gebäudebereich eingesetzter Brennstoffe wird in dem Aktionsprogramm nicht als Option genannt.