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Energieeinsparverordnung

DGNB-Positionspapier zur EnEV-Neuausrichtung

Gewinner DGNB-Preises “Nachhaltiges Bauen“ 2015: Generalsaniertes Wohnhochhaus. - Dietmar Strauß - © Dietmar Strauß
Gewinner DGNB-Preises “Nachhaltiges Bauen“ 2015: Generalsaniertes Wohnhochhaus. - Dietmar Strauß
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) entspricht nach einer Bewertung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in der heutigen Form nicht mehr dem aktuellen Wissensstand und ist weder zielführend noch zukunftsfähig. In einem Positionspapier fordert die DGNB eine grundlegende Neuausrichtung und Weiterentwicklung der EnEV.

Während die Anforderungen früherer EnEV-Versionen aufgrund der stetigen Weiterentwicklung von baulichen Konzepten und Technologien angemessen umgesetzt werden konnten, zeige sich vor allem in der EnEV-Novellierung zum 1. Januar 2016, dass eine ausschließliche Fokussierung auf die Einsparung der Betriebsenergie von Gebäuden nicht mehr zielführend sei.

Insbesondere werde das große Potenzial der gebauten Umwelt zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase bei weitem nicht ausreichend ausgeschöpft. Erforderlich ist dazu laut DGNB eine ganzheitliche Betrachtungsweise von Gebäuden – mit einer transparenten und nachvollziehbaren Methodik.

Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung

Der Fokus einer zukünftigen EnEV müsse über die Betrachtung des Primärenergiebedarfs hinaus erweitert werden. So sollte der Aufwand für die Herstellung der im Gebäude eingesetzten Bauprodukte und technischen Anlagen (graue Energie) in die Bilanzierung einbezogen werden. Mithilfe von Ökobilanzierung und Lebenszykluskostenrechnung ließen sich die weiterreichenden Umweltwirkungen und Gesamtkosten von Gebäuden erfassen und bewerten. Erst auf dieser Basis werde eine umfassende und zielgerichtete Optimierung von Einzelgebäuden möglich, die in der Summe dazu beitragen, die übergeordneten Nachhaltigkeitsziele Deutschlands zu erreichen.

Ein großer Vorteil einer so neu ausgerichteten EnEV bestehe darin, dass es Bauherren und Planern völlig offen bleibt, mit welchen Konzepten und Technologien die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Dieses Regelwerk wäre in hohem Maße innovationsfreundlich, und es schaffe die Freiheit für Bauherren, Bestandshalter und Planer mit dem geringstmöglichen Aufwand die maximale Wirkung für den Klimaschutz zu erzielen.

Begrenzung auf Einzelgebäude hinterfragen

Perspektivisch spricht sich die DGNB auch dafür aus, die Begrenzung der EnEV auf Einzelgebäude zu hinterfragen und die Schnittstellen und Vernetzung zum Stadtquartier oder zur Liegenschaft zu definieren. Wenn Zielsetzungen im Rahmen des Klimaschutzes nicht mehr für das einzelne Gebäude, sondern für ein Quartier formuliert werden, könne ein begründeter Spielraum geschaffen werden, der etwa die baukulturelle Bedeutung von denkmalgeschützten Gebäuden berücksichtigt.

Chance, aus der EnEV eine Arbeitshilfe zu machen

Die Weiterentwicklung der EnEV sollte als Chance begriffen werden, um das Blickfeld und damit die Möglichkeiten zu erweitern sowie die Zielsetzung hinsichtlich des Klimaschutzes zu schärfen. Der Prozess einer Neuformulierung biete die große Chance, die EnEV nicht nur als Verwaltungsinstrument für Regelungsnachweise weiterzuentwickeln, sondern auch als Werkzeug zur Projekt- und Planungsunterstützung im oben genannten Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung.

Eine solche Neuformulierung bedeutet einen Paradigmenwechsel, der allerdings auf bereits erprobtem Boden stehe. Vorreiter in der Bau- und Immobilienwirtschaft haben in den vergangenen Jahren viele positive Projektbeispiele realisiert und gezeigt, dass die ganzheitliche und lebenszyklusorientierte Betrachtung zu wirtschaftlichem Klimaschutz führt. Inzwischen sind rund 1000 Gebäude nach DGNB zertifiziert worden.

Anreize zur Bearbeitung des Bestands schaffen

Die Klimaschutzziele verlangen zwingend eine schnelle und durchgreifende Wirkung. In der Bau- und Immobilienbranche kann dies nicht allein über den Neubau gelingen. Über die unmittelbare Neuausrichtung der EnEV hinaus fordert die DGNB deshalb, dass auch geeignete Instrumente entwickelt werden, die den Gebäudebestand ernsthaft bearbeiten.

Nur so können die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung, insbesondere die Klimaschutzziele, erreicht werden. Dabei entwickelte Lösungen müssen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit Rechnung tragen und eine Effektivitätsbetrachtung ermöglichen, die einem Bestandshalter die Wahl zwischen Betriebsoptimierung, baulichen Maßnahmen und/oder flankierenden Maßnahmen im Quartier offen lässt. GLR